PremiumSchloss Wachenheim produziert nicht nur Sekt für Aldi und Lidl, sondern auch wichtige Marken wie etwa Faber. Da die Kosten steigen, stehen weitere Preiserhöhungen an.
Anstoßen zu Weihnachten
Die Festtage im Dezember sind auch für die Sektkellerei Schloss Wachenheim die absatzstärkste Zeit. Die Preise dürften weiter steigen.
Bild: Imago/Westend61
Düsseldorf Sekt wird teurer. Auch für günstige Marken und Handelsmarken müssen die Deutschen tiefer in die Tasche greifen. „Zum dritten Mal innerhalb eines Jahres sehen wir uns gezwungen, die Preise anzuheben“, sagt Oliver Gloden, Vorstand der Schloss Wachenheim AG. Die Regalpreise der Kernmarken Faber und Light Live sind bereits von 2,99 auf 3,49 Euro gestiegen. Die Sektkellerei, mehrheitlich in Familienbesitz, gehört zu den größten Schaumweinherstellern in Europa.
Zunächst verknappte die schlechte Weinlese 2021 vor allem in Frankreich Grundweine in ganz Europa und machte eine Preiserhöhung für das Frühjahr nötig. „Bald nach Beginn des Ukrainekriegs mussten wir die zweite Erhöhung nachschieben. Steigende Energiepreise haben alles in und um die Sektflasche verteuert“, begründet der 46-Jährige den Schritt.
Vor allem Glas sei knapp und teuer. „Entweder man zahlt deutlich mehr oder bekommt keine Flaschen.“ Derzeit verhandelt die Kellerei erneut mit dem Handel über Preise. „Die hohen Mehrkosten können wir nicht schlucken, dafür sind unsere Margen einfach zu gering.“
Denn Schloss Wachenheim produziert viel Sekt im knapp kalkulierten Preiseinstiegsbereich. 40 Prozent aller abgefüllten Flaschen werden als Eigenmarken des Handels verkauft wie etwa „Stolzenfels“ bei Aldi oder „Burg Schöneck“ bei Lidl. Schloss Wachenheim und Wettbewerber Herres, beide mit Stammsitz Trier, sind die größten deutschen Handelsmarkenabfüller von Sekt.
Anders als in der Pandemie, als sich die Deutschen mehr Premiumsekt gönnten, greifen viele in Zeiten der Inflation verstärkt zu günstigen Eigenmarken. „Trotzdem sind wir kein Krisengewinner, nur etwas krisenfester“, betont Gloden. Denn wenn psychologische Preisschwellen überschritten würden, kauften preissensible Verbraucher gar nicht mehr. Der Manager sorgt sich perspektivisch um Absatzrückgänge von bis zu 20 Prozent.
Das Dezembergeschäft ist bei Sekt entscheidend. Der Umsatz von Schloss Wachenheim ist im abgelaufenen Geschäftsjahr (bis Ende Juni) um 8,3 Prozent auf 384 Millionen Euro gestiegen. Das Ergebnis der AG lag bei etwa drei Cent pro Flasche. Das reiche bei Weitem nicht aus, um die steigenden Kosten zu kompensieren, heißt es aus dem Unternehmen. Ohne Preiserhöhungen gehe es nicht. Denn für das laufende Geschäftsjahr rechnet Gloden mit einem leichten Rückgang von Absatz und Ergebnis.
>> Lesen Sie hier: Rotkäppchen-Mumm klagt über höhere Kosten
Gerade mal ein Drittel des Geschäfts macht die Kellerei noch im Heimatmarkt. Samt Eigenmarken hat Schloss Wachenheim hierzulande einen Marktanteil von zwölf Prozent, ermittelte der Verband Deutscher Sektkellereien. Damit liegen die Trierer hinter Rotkäppchen-Mumm mit über 50 Prozent Marktanteil und Henkell Freixenet, dem größten Schaumweinhersteller der Welt. Auch Rotkäppchen-Chef Christof Queisser rechnet mit Preiserhöhungen von 50 Cent bis einem Euro pro Sektflasche.
In den 80er- und 90er-Jahren waren die Trierer sogar deutscher Marktführer für Sekt. 2001 wurde Schloss Wachenheim verdrängt, als die ostdeutsche Kultmarke Rotkäppchen den westdeutschen Konkurrenten Mumm schluckte.
Der Aufstieg an die Spitze gelang dem kleinen Weinhändler Günther Reh aus dem Moseldorf Leiwen binnen 25 Jahren. Dann kaufte Reh die marode Kellerei Faber aus Trier. 1973 brachte er den Sekt „Faber Krönung“, ein Cuvée aus europäischen Weinen und etwas Muskatwein, auf den Markt. Sieben Jahre später war die Kellerei ohne Werbung, aber mit extrem günstigem Preis Branchenführer. Faber stehe für die „Demokratisierung des Sekt-Genusses“, erklärte Reh einmal das Erfolgsgeheimnis.
Kernmarken von Schloss Wachenheim
Sektkellerei Schloss Wachenheim AG
Bild: Schloss Wachenheim AG
1996 wurde Faber mit der traditionsreichen, aber angeschlagenen Sektkellerei Schloss Wachenheim AG aus der Pfalz verschmolzen, eine der ältesten Aktiengesellschaften Deutschlands. Gründersohn Nick Reh sanierte Schloss und Sektmarke, die auf traditionelle Flaschengärung setzt.
Heute hält Familie Reh über die Günther Reh AG gut 70 Prozent des Konzerns. 30 Prozent der Aktien sind im Streubesitz. Zur Gruppe gehören diverse Marken wie Nymphenburg Sekt, Light live, Feist und das Kinderpartygetränk Robby Bubble. Die Aktie notierte vor einem Jahr bei 20 Euro, inzwischen ist der Kurs auf gut 15 Euro gefallen. Zuletzt wurde die Dividende von 50 auf 60 Cent erhöht. Etwa ein Viertel des Konzernergebnisses wird an Aktionäre ausgeschüttet.
Schloss Wachenheim hat eine lange Konsolidierungsphase hinter sich. „Die Fusion von Faber mit Wachenheim und anderen Marken hat viel Kraft gekostet. Zudem hat sich das Marktumfeld stark verändert“, erklärt Gloden. Denn die Deutschen trinken immer weniger Sekt. Der Konsum ist laut Verband in den vergangenen zehn Jahren von 4,2 auf 3,2 Liter pro Kopf gesunken.
Oliver Gloden
„Anders als in Deutschland ist der Konsum von Wein und Sekt in Osteuropa gestiegen“, sagt der Vorstand der Schloss Wachenheim AG.
Bild: Schloss Wachenheim AG
Auch in Frankreich schwächelte in den letzten Jahren der Absatz der Trierer, weil dort wichtige Handelsmarken auf Dauer verloren gingen. Im Oktober wurde entschieden, die Produktion am Standort Wissembourg bis Ende 2023 ganz nach Tournan-en-Brie zu verlagern. „Das Werk war schlecht ausgelastet“, so Gloden. 51 Arbeitsplätze wurden gestrichen.
Wachstumsmotor und größter Markt für Schloss Wachenheim ist längst Osteuropa. „Wir sind dort so groß, weil Familie Reh sehr früh eingestiegen ist. Damals eine mutige Entscheidung.“ In Polen sind die Trierer Marktführer unter anderem für Stillwein. In Tschechien wurde mit Mucha eine starke Sektmarke aufgebaut. Auch in Rumänien sind die Deutschen in vielen Segmenten führend. „Anders als in Deutschland ist der Konsum von Wein und Sekt in Osteuropa gestiegen“, sagt Gloden.
Hierzulande liefen wiederum Alternativen mit 0,0 Prozent Alkohol der Marke Light Live recht gut. „Auch Hûgo und Spriz bieten wir ohne Alkohol an“, so Gloden. Weniger gut funktionierte ein Hard Seltzer, Sprudelwasser mit Fruchtaroma und Alkohol, der 2020 auf den Markt kam. Die Marke Ypso wurde eingestellt. „Die von Experten prophezeite Hard-Seltzer-Welle aus den USA ist nicht in Kontinentaleuropa angekommen“, so Gloden. Auch Coca-Cola nahm seinen Hard Seltzer der Marke Tipo Chico in Deutschland kürzlich wieder vom Markt.
Seit 2017 ist Schloss Wachenheim nicht nur Produzent, sondern auch Weinhändler. Damals übernahm das Unternehmen Rindchen’s Weinkontor und Vino Weinhandel (vormals Pieroth). Nach Hawesko mit Jacques‘ Wein-Depot sind die Trierer nun der zweitgrößte deutsche Weinfachhändler, mit 34 eigenen Läden und Onlineshops. Die Kellerei will so unabhängiger vom Lebensmittelhandel werden. Weitere Zukäufe von Weinläden sind geplant.
All diese strategischen Fragen werden mit Unternehmer Nick Reh eng abgestimmt, heute Chef des Aufsichtsrats und Vorstand der Günther Reh AG. „Familie Reh ist tief im Geschäft verwurzelt“, sagt Manager Gloden, der selbst in zweiter Generation in der Sektkellerei aktiv ist. Sein Vater war technischer Direktor. Nach dem BWL-Studium kam der Sohn im Jahr 2000 zu Schloss Wachenheim. Seit 2015 ist Gloden im Vorstand zuständig „für alles, was mit dem Produkt zu tun hat“. Glodens Bruder arbeitet als technischer Direktor wie einst der Vater. „Unsere Familie ist eben sehr weinaffin und eng mit dem Unternehmen verbunden.“
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