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24.02.2023

15:57

Tarifverhandlungen

Bahnkunden müssen bald mit neuen Warnstreiks rechnen

Von: Christoph Schlautmann

Eine Milliardenforderung der Eisenbahner-Gewerkschaft EVG sorgt bei der Deutschen Bahn für Kopfschütteln. Der Tarifstreit könnte in den kommenden Tagen eskalieren.

Im März drohen die ersten Streiks. dpa

Verkehrszüge der Deutschen Bahn im Hamburger Hauptbahnhof

Im März drohen die ersten Streiks.

Düsseldorf Im Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Bahn und der Eisenbahnergewerkschaft EVG drohen Anfang März erste Warnstreiks im Schienenverkehr. Darauf lässt die vehemente Ablehnung der Gewerkschaftsforderungen schließen, die an diesem Freitag aus der Berliner DB-Zentrale kam.

Dort nennt man die von der EVG verlangten zwölf Prozent, um die Löhne und Gehälter innerhalb eines Jahres steigen sollen, weitgehend irreführend. „Weil gleichzeitig verlangt wird, den Mitarbeitern monatlich mindestens 650 Euro zusätzlich zu gewähren, läge die faktische Erhöhung im Durchschnitt bei 18 Prozent“, kritisiert die Bahn. In Einzelfällen entspräche die Lohnerhöhung sogar 30 Prozent. Dies aber sei nicht bezahlbar.

Am kommenden Dienstag treffen DB und EVG zu ihrer ersten Tarifrunde in Fulda aufeinander. Während die Gewerkschaft ihre insgesamt 57 Forderungspunkte schon vor Tagen unterbreitete, wird es von Arbeitgeberseite zunächst wohl kein Gegenangebot geben. Damit aber wächst die Streikgefahr. „Wenn nach der ersten Verhandlungsrunde kein Angebot auf dem Tisch liegt“, erklärte EVG-Tarifführer Kristian Loroch vor wenigen Tagen, „wäre ein Warnstreik denkbar.“

Man habe in den zwei Coronajahren Zurückhaltung geübt, begründet Loroch die nun geforderten Aufschläge. Gelten sollen sie für rund 180.000 der insgesamt 220.000 Bahn-Beschäftigten. Eine Ausnahme bilden 18 der insgesamt 300 DB-Betriebe, in denen die Konkurrenzgewerkschaft GDL die Mehrheit bei den Beschäftigten hält. Dort wird der angestrebte Abschluss daher nicht gelten und gesondert in diesem Herbst verhandelt.

Andererseits setzt sich die EVG erstmals auch für gleichlautende Tarifverträge bei 50 DB-Konkurrenten ein. Die Gewerkschaft macht dies zwar streikmächtiger, den Tarifstreit jedoch auch komplizierter und zeitaufwendiger.

DB warnt vor 2,5 Milliarden Euro Zusatzkosten

Nach Darstellung des Berliner Staatsunternehmens begnügt sich die EVG nicht mit ihren geforderten Lohnzuschlägen. Rund 80.000 Mitarbeiter sollen zudem umgruppiert werden, wodurch sich am Ende ein Gehaltsplus von durchschnittlich 25 Prozent ergebe. Die Bahn würde dies im Geschäftsjahr mit zusätzlich 2,5 Milliarden Euro belasten, was den dringend benötigten Umbau der maroden Infrastruktur ausbremsen würde, wie man im Management befürchtet. Für den Eisenbahnbetrieb des Konzerns erwarte man schließlich auch 2023 rote Zahlen, heißt es.

Einen Dissens gibt es zudem beim Thema Inflationsausgleichsprämie. Während die DB die steuerfreie Einmalzahlung von bis zu 3000 Euro gern in die Verhandlungen mit aufnehmen würde, lehnt dies die Gewerkschaft wegen der fehlenden Nachhaltigkeit ab. „In der Metall- und Chemiebranche wurde dieses Instrument in den Tarifverhandlungen voll ausgenutzt“, hält man bei der Bahn dagegen. Zudem fordert sie eine längere Tariflaufzeit als zwölf Monate – und stößt damit bei der EVG auf Widerstand. „Wir wollen uns schneller auf neue Lagen einstellen können“, sagt Loroch.

Auch beim Thema Mindestlohn herrscht Uneinigkeit. Während die EVG von „Gruppen unterhalb des Mindestlohns“ spricht, nennt man bei der DB eine aktuelle Lohnuntergrenze von 12,65 Euro. „Wir sind damit fünf Prozent über den gesetzlichen Bestimmungen“, sagt ein Manager. Hier zeichnet sich möglicherweise ein Konflikt mit privaten DB-Wettbewerbern ab, die im Einstieg weniger zahlen.

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