Das starke Schlussquartal hat dem Reisekonzern die Bilanz gerettet. Jetzt will Tui die Staatshilfe endgültig ablösen. Das verändert auch die Aktionärsstruktur.
Tui-Großaktionär Alexej Mordaschow
Dem russischen Oligarchen droht eine massive Verwässerung seiner Anteile.
Bild: IMAGO/ITAR-TASS
Frankfurt Der Tourismuskonzern Tui profitiert von der anhaltend großen Reiselust und hat zum ersten Mal seit Beginn der Coronakrise wieder einen operativen Gewinn erzielt. Das Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) verbesserte sich von minus zwei Milliarden auf plus 320 Millionen Euro, wie das Unternehmen am Mittwoch bekanntgab.
Unter dem Strich beendete das Unternehmen das Geschäftsjahr 2022, das bis Ende September ging, noch mit einem leichten Verlust in Höhe von 212 Millionen Euro. Ein Jahr zuvor betrug der aber noch fast 2,5 Milliarden Euro. Der Umsatz lag mit 16,55 Milliarden Euro fast vier Mal so hoch wie im Vorjahr, als Reisebeschränkungen während der Pandemie das Geschäft mit Pauschalreisen und Kreuzfahrten erschwerten.
Die gute Geschäftsentwicklung spiegelt sich in der Bilanz des Unternehmens wider, die unter den Folgen der Pandemie stark gelitten hatte. So konnte Tui die Nettoschulden von fast fünf Milliarden auf 3,4 Milliarden Euro drücken.
Fortschritte gibt es zudem auf der Seite des Eigenkapitals. Es ist im Konzern mit rund 646 Millionen Euro wieder positiv. Die Eigenkapitalquote ist mit 4,2 Prozent zwar nach wie zu niedrig. Aber ein Jahr zuvor hatte Tui auf Konzernebene noch ein negatives Eigenkapital von 418 Millionen Euro ausgewiesen. In der Tui AG liegt die Eigenkapitalquote dagegen bei gut 40 Prozent – ein solider Wert.
In der Erwartung weiterhin guter Buchungszahlen will die Tui-Spitze um Konzernchef Sebastian Ebel nun die Staatshilfen endgültig ablösen. Darauf hat sich das Management mit dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) geeinigt. Tui will im Laufe des Jahres 2023 die restliche stille Einlage des Bundes und eine Optionsanleihe ablösen und dem staatlichen Corona-Rettungsfonds zudem das Recht auf Wandlung in Tui-Aktien abkaufen. Auch sollen die Kredite der Staatsbank KfW von zuletzt noch 2,1 Milliarden Euro deutlich reduziert werden.
>>Lesen Sie dazu: Neuer Tui-Chef setzt auf individuelle Paketreisen – mit pauschaler Kundenabsicherung
Dafür kalkuliert das Unternehmen mit Kosten von mindestens 730 Millionen Euro. Das Geld soll über eine Kapitalerhöhung eingenommen werden. Tui hat bereits Staatshilfen getilgt und sich dazu dreimal frisches Kapital besorgt. Das hat allerdings den Aktienkurs so stark verwässert, dass eine erneute Kapitalerhöhung nicht mehr so einfach ist. Denn neue Aktien des Unternehmens müssen mindestens den rechnerischen Nennwert von einem Euro haben.
Deshalb muss zuvor das Grundkapital auf ein Zehntel herabgesetzt werden. Aus zehn Tui-Aktien wird so nur noch eine. Die Hauptversammlung soll diesen Schritt im kommenden Februar beschließen.
Für den russischen Großaktionär Alexej Mordaschow hätte das massive Folgen. Sein Aktienanteil von 30,91 Prozent würde durch die nachfolgende Kapitalerhöhung deutlich verwässert. Der russische Oligarch hat wegen der Sanktionen keinen Zugriff auf seine Tui-Papiere, er könnte also bei der Kapitalmaßnahme nicht mitmachen.
Tui-Ferienflieger
ür das seit Oktober laufende Geschäftsjahr 2023 rechnet der Konzern mit einem starken Umsatzanstieg und deutlich höherem Betriebsgewinn.
Bild: IMAGO/NurPhoto
Mordaschow hatte seine Anteile zwar im Frühjahr größtenteils in eine Gesellschaft mit dem Namen Ondero Limited verschoben, um so den Sanktionen gegen Russland zu entgehen. Doch hinter Ondero steht Marina Mordaschowa, seine Ehefrau, die ebenfalls sanktioniert ist.
Weil das Bundeswirtschaftsministerium den Vorgang seit März überprüft, ist die Transaktion bisher nicht wirksam geworden. Mordaschow hält über die Servergroup LLC weitere 3,75 Prozent an Tui.
Auch den übrigen Investoren gefällt der Plan nicht sonderlich gut, denn ihr Aktienbesitz wird ebenfalls verwässert. Die Tui-Papiere verloren am Mittwochvormittag trotz der guten Geschäftszahlen mehr als sieben Prozent an Wert.
Operativ hat dem Konzern vor allem das saisonal stärkste Schlussquartal von Juli bis September mit rund einer Milliarde Euro Vorsteuergewinn die Bilanz gerettet. Die Gästezahl habe mit 7,6 Millionen 93 Prozent des Vorkrisenniveaus von 2019 erreicht.
„Der Tourismus bleibt ein langfristiger und attraktiver Wachstumssektor“, erklärte Tui-Chef Ebel. Die Formel für profitables Wachstum des weltweit größten Reisekonzerns laute: „Neue Produkte, zusätzliche Kunden, mehr Marktanteile“.
„Wir erwarten auch ein solides und gutes Jahr 2023, sind uns der externen Marktfaktoren aber sehr bewusst“, ergänzte Ebel. Tui berücksichtige beim Ausblick die Auswirkungen von Ukrainekrieg und Coronapandemie, Inflation und hohen Energiepreisen sowie Wechselkursausschlägen.
Im Winter 2022/23 werde ein Programm in etwa auf Vorkrisenniveau geplant. Mit 2,7 Millionen Buchungen sei schon gut die Hälfte verkauft. Nach wie vor buchten die Urlauber kurzfristig. Für das seit Oktober laufende Geschäftsjahr 2023 rechnet der Konzern mit einem starken Umsatzanstieg und deutlich höherem Betriebsgewinn.
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