PremiumDer neue CEO des Konsumgüterherstellers kommt von der Großmolkerei Friesland Campina. Sein neuer Arbeitgeber ist fünfmal so groß – und sucht seit Jahren einen neuen Wachstumskurs.
London, Düsseldorf Der Hersteller von Knorr, Dove und Domestos hat einen neuen Vorstandschef gefunden. Beim britischen Konsumgüterkonzern Unilever übernimmt Hein Schumacher zum 1. Juli die Leitung, teilte der Konzern am Montag mit.
Der 51-Jährige ersetzt den derzeitigen CEO Alan Jope, der im September angekündigt hatte, nach 37 Jahren im Konzern und fünf Jahren an der Spitze in den Ruhestand gehen zu wollen. Unilever ist nach Procter & Gamble, Nestlé und Pepsico der viertgrößte Konsumgüterkonzern der Welt.
Jopes Nachfolger Schumacher leitet derzeit die niederländische Großmolkerei Friesland Campina. Seit Oktober 2022 ist er zudem nicht-geschäftsführender Direktor bei Unilever. Der Niederländer kennt den seit zwei Jahren ausschließlich in London beheimateten Konzern: Schumacher begann seine Karriere im Finanzwesen von Unilever.
Der neue Chef übernimmt den Konkurrenten des Düsseldorfer Persil- und Pril-Herstellers Henkel in schwierigen Zeiten. Wie alle Konsumgüterhersteller kämpft Unilever mit steigenden Kosten durch Fracht, Energie und Rohstoffe. Gleichzeitig geben viele Konsumenten weniger Geld für Markenprodukte aus und kaufen stattdessen günstigere Eigenmarken des Handels.
Zu diesen Problemen der Branche kommt bei Unilever interne Unruhe: Der Einstieg des aktivistischen Finanzinvestors Nelson Peltz hat den Führungswechsel bei Unilever beschleunigt. Der Amerikaner hält über seinen Hedgefonds Trian 1,5 Prozent der Anteile und ist auch Mitglied im Verwaltungsrat.
Alan Jope
Der Manager geht bald in den Ruhestand.
Bild: Bloomberg
Peltz stieg vergangenes Jahr bei Unilever ein. Zuvor hatte Jope im Januar 2022 erfolglos versucht, die Konsumgütersparte des Pharmariesen Glaxo-Smithkline (GSK) zu übernehmen, die für Marken wie die Zahnpasta Sensodyne und die Schmerzsalbe Voltaren bekannt ist. Das Unternehmen wies das Angebot für die Sparte als zu niedrig zurück, die Kritik von Unilever-Investoren und Analysten an Jope war ungewöhnlich harsch.
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Hinzu kommt ein Dauerstreit mit der amerikanischen Tochter Ben & Jerry’s. Die Eiscrememacher beharrten auf ihrer Unabhängigkeit in sozialen Fragen und weigerten sich, ihre Produkte in die von Israel besetzten Gebiete Palästinas zu liefern. Nach mehreren Gerichtsprozessen hieß es im Dezember 2022, man habe das Problem gelöst.
In Jopes fünfjähriger Amtszeit ist weder der Umsatz noch der Aktienkurs von Unilever merklich gestiegen. Peltz glaubt daran, dass Schumacher das ändern kann: Er freue sich darauf, eng mit Schumacher zusammenzuarbeiten, „um einen bedeutenden und nachhaltigen Wert für unsere Stakeholder zu schaffen“, teilte der 80-Jährige mit.
Zum ersten Mal trafen Schumacher und Peltz vor über zehn Jahren beim Saucen- und Gewürzhersteller Kraft Heinz (damals H.J. Heinz) aufeinander. „Ich war beeindruckt von der Führungsstärke und dem Geschäftssinn von Schumacher“, erinnert sich Peltz. Vor seiner gut zehnjährigen Anstellung bei Kraft Heinz hatte Schumacher für den niederländischen Handelskonzern Royal Ahold gearbeitet.
Unilever wieder auf Wachstumskurs zu bringen wird keine leichte Aufgabe für Schumacher. Mit elf Milliarden Euro macht Friesland Campina nur etwa ein Fünftel des Umsatzes von Unilever. Zudem ist das Unternehmen, das Schumacher noch bis Ende April weiter führt, nicht an der Börse gelistet.
Die Großmolkerei ist also deutlich kleiner als sein neuer Arbeitgeber. Schumacher war jedoch sehr erfolgreich bei der Restrukturierung des Unternehmens. In der ersten Jahreshälfte 2022 konnte er den operativen Gewinn zum Vorjahreszeitraum mehr als verdoppeln. Das Unternehmen profitierte vom Wiedererstarken des Babynahrungsgeschäfts.
Bei Unilever muss Schumacher nun den unter Jope angestoßenen Konzernumbau fortsetzen. Um schneller auf neue Trends reagieren zu können, ist die Firma heute in fünf Sparten aufgeteilt, vor Jopes Zeit waren es drei. Unilever will stärker auf die Bereiche Gesundheit, Schönheit und Hygiene setzen, von denen das Unternehmen sich ein margenstärkeres und nachhaltigeres Wachstum verspricht.
Analysten begrüßten den Führungswechsel. „Wir sind der Meinung, dass Unilever eine kulturelle und organisatorische Umstrukturierung braucht“, sagte James Edwardes Jones von der kanadischen RBC Bank in London. Es könne aber noch bis zu 18 Monate dauern, bis man erste Ergebnisse der neuen Führung sehen werde. So reagierte die Börse auch kaum auf die Personalie.
Schumachers langjährige Erfahrung im Nahrungsmittelgeschäft heizte unter Beobachtern die Spekulationen über die entsprechenden Sparten von Unilever an. Analysten spekulieren schon länger, dass Unilever seine Eiscrememarken verkaufen oder gar komplett aus dem Nahrungsmittelgeschäft aussteigen könnte.
Unilever legt kommende Woche Donnerstag seine Jahreszahlen für 2022 vor. Analysten rechnen mit einem deutlichen Umsatzplus auf knapp 60 Milliarden Euro. Das Wachstum erklärt sich aber hauptsächlich durch weitergegebene Preiserhöhungen, insgesamt dürfte der Konzern weniger Produkte abgesetzt haben. Wegen gestiegener Kosten gehen Beobachter von einem geringeren Gewinn aus.
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