Wenn Walmart, Home Depot und Best Buy ihre Bücher öffnen, schauen Volkswirte genau hin. Neue Zahlen lassen eine leichte Rezession zum Jahresende wahrscheinlicher erscheinen.
Kassen bei Walmart
Kauft beim Discounter auch die Mittelschicht verstärkt ein, ist das ein klarer Konjunkturindikator.
Bild: AP
New York Die Quartalssaison der US-Einzelhändler ist im vollen Gange. Legen etwa Discounter wie Walmart und Target Zahlen vor, ist das nicht nur für Aktionäre interessant. Auch Ökonomen schauen genau hin. Die Daten gelten als wichtige Konjunkturindikatoren: Denn wenn auch die Mittelschicht ihre Einkäufe bei Discountern erledigt oder die Baumarktketten auf Terrassenmöbeln sitzen bleiben, ist die Konsumlaune gehemmt – die Leute müssen sparen.
Die jüngst vorgelegten Zahlen lassen eine leichte Rezession zum Ende des Jahres wahrscheinlicher erscheinen. Am Donnerstag hat die Elektronikkette Best Buy zwar höher als erwartet ausgefallene Gewinne, aber niedrigere Umsätze und einen vorsichtigeren Ausblick vorgelegt. Zuvor hatten Walmart, Target sowie der Outdoor-Ausstatter Dick’s Sporting Goods teils gute, aber mindestens ordentliche Ergebnisse präsentiert. Die Baumärkte Home Depot und Lowe’s hingegen senkten nach schwachen Umsätzen ihre Prognosen für den Rest des Jahres.
Während Länder wie Deutschland viel stärker vom Export abhängen, steht und fällt die US-Konjunktur mit den Konsumenten. „Deren Lage ist so wichtig, weil die US-Wirtschaft die größte der Welt ist und die US-Haushalte für zwei Drittel der US-Wirtschaft verantwortlich sind“, erklärt der Sal Guatieri von BMO Capital Markets. Deshalb schaut sich auch der Ökonom nicht nur die monatlichen Einzelhandelsdaten des US-Zensusbüros an, sondern auch die Quartalszahlen der Unternehmen.
Was Volkswirte aus den aktuellen Bilanzen von Walmart, Target oder Lowe’s lesen, ist eindeutig: „Wir sehen klare Signale, dass die Haushalte belastet sind“, erklärt Guatieri – und das nicht nur durch die hohe Inflation. Es gehe auch um eine möglicherweise schwierigere Vergabe von Privatkrediten aufgrund der jüngsten Probleme der US-Regionalbanken.
Walmart-Chef Doug McMillon schaut vor allem auf die Inflation. Sie sei „eine der Hauptfaktoren, die bei uns in der zweiten Jahreshälfte für Unsicherheit sorgen“, sagte er im Gespräch mit Analysten bei Vorlage der Quartalszahlen. „Diese Preise müssen runterkommen“, mahnte McMillon – weil sie „Familien treffen, die wir bedienen“.
Vor allem bei Walmart kann man klar sehen, dass Familien mit mittleren oder niedrigeren Einkommen zu günstigeren Produkten greifen: „Die Menschen versuchen, ihre Dollar zu strecken“, beobachtet Guatieri. Insgesamt seien die US-Konsumenten angeschlagen, aber „immer noch lebendig“.
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Das hätten auch die jüngsten Schätzungen des Zensusbüros zu Einzelhandelszahlen im April gezeigt, die 0,4 Prozent höher lagen als im März: Die Menschen shoppen zwar nicht mehr so freizügig wie vorher – aber sie shoppen.
Deshalb könnte sich der Beginn einer Rezession nach Ansicht von Guatieri um ein weiteres Quartal verschieben. Ohnehin erwartet BMO Capital Markets „eine sehr milde Rezession“, in der die Arbeitslosigkeit um etwas mehr als ein Prozent steigen wird.
Diese Preise müssen runterkommen. Walmart-Chef Doug McMillon
Auch Neil Saunders, der Managing Director der Analysefirma GlobalData, beobachtet, dass die Amerikaner „immer nervöser werden und ihre Ausgaben ändern“. Große, günstige Händler wie Walmart und Target könnten diesem Umfeld trotzen. Aber Bau- und Möbelmärkte leiden gleich unter zwei Faktoren: der Inflation und der Stagnation am Immobilienmarkt.
„Ich glaube nicht, dass die derzeitige Situation schon jetzt auf eine Rezession hinweist“, sagt Sanders. „Aber die jüngsten Quartalszahlen und die offiziellen Einzelhandelszahlen weisen klar auf eine Verlangsamung hin.“ Aber es gibt auch weniger besorgte Stimmen wie die von Ben Emons, Portfoliomanager von NewEdge Wealth: „Was wir von Walmart und anderen Einzelhändlern sehen, ist, dass die US-Wirtschaft überhaupt nicht in einer Rezession ist. Tatsächlich wächst sie.
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