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23.10.2021

12:56

Warenhäuser

Breuninger und Karstadt werben mit Secondhand-Mode um junge Kunden

Von: Nele Höfler

PremiumIm Onlinehandel ist gebrauchte Mode schon der große Renner. Jetzt springen die großen Kaufhäuser auf den Trend auf – aber mit anderen Schwerpunkten.

Der Händler kooperiert mit dem Secondhand-Spezialisten Vite en Vogue, der sich auf Edelmarken wie Chanel, Prada und Gucci spezialisiert hat.

Pop-up-Store bei Breuninger in Stuttgart

Der Händler kooperiert mit dem Secondhand-Spezialisten Vite en Vogue, der sich auf Edelmarken wie Chanel, Prada und Gucci spezialisiert hat.

Stuttgart Die Secondhand-Verkaufsfläche des Breuninger Flagship-Stores in Stuttgart sieht man von Weitem. Nicht weil die dort angebotene Kleidung durch ihr gebrauchtes Aussehen hervorsticht, sondern wegen der bunt geblümten Tapete. Dass die Klamotten bereits getragen wurden, merkt nur, wer ganz genau hinschaut.

Der Pop-up-Store ähnelt mehr einer gehobenen Boutique als dem, was man sich unter einem Secondhandshop vorstellt. An Kleiderstangen reihen sich nach Farbe geordnet Blusen, Röcke und Abendgarderobe. In den Regalen werden Taschen, Schuhe und Schals ausgestellt wie in einem Museum.

Der Handel mit gebrauchten Klamotten liegt im Trend. Die großen Online-Modeketten haben das Geschäft längst für sich entdeckt: Zalando verkauft Gebrauchtes unter dem Titel „Pre-Owned“, die Otto-Tochter About You bietet getragene Textilien als „Second Love“. Der Fast-Fashion-Riese H&M hat sich die Mehrheit an der schwedischen Secondhand-Online-Plattform Sellpy gesichert.

„Der Trend Secondhandkleidung zieht immer größere Kreise und hat das Potenzial, in den kommenden zehn Jahren einen Marktanteil von 20 Prozent auf sich zu vereinen“, heißt es in einer Studie der Unternehmensberatung KPMG und des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI. Gut ein Drittel der Verbraucher in Deutschland kauft demzufolge schon gebrauchte Kleidung. Weitere 28 Prozent könnten es sich in Zukunft vorstellen.

Davon wollen jetzt auch Kaufhausketten wie Breuninger, Galeria oder C&A profitieren. Denn insbesondere junge Konsumenten finden das attraktiv. Und genau diese Kundschaft fehlt in den Warenhäusern.

Breuninger will wohl dauerhaftes Secondhand-Angebot

Breuninger kooperiert dazu mit dem Secondhand-Spezialisten Vite en Vogue, der sich auf Edelmarken wie Chanel, Prada oder Gucci spezialisiert hat. An verschiedenen Standorten werden immer wieder Vite-en-Vogue-Verkaufsflächen in Form von Pop-up-Stores integriert. Das kommt bei den Kunden offenbar gut an. Inzwischen diskutiere man darüber, das Angebot in einigen Filialen dauerhaft einzuführen, heißt es bei Vite en Vogue.

Das Unternehmen will Luxusmarken für Kunden erreichbar machen, die sich die neue Chanel-Tasche nicht leisten können. Aber auch Luxusfans, die sich Luxusmarken neu leisten könnten, kaufen dem Vite-en-Vogue-CEO zufolge regelmäßig bei dem Secondhandanbieter. „Sie bevorzugen den nachhaltigen Konsum“, erklärt Markus Schönhart.

Der Vite-en-Vogue-Chef will Luxusmarken für Kunden erreichbar machen, die sich die neue Canel-Tasche nicht leisten können.

Markus Schönhart

Der Vite-en-Vogue-Chef will Luxusmarken für Kunden erreichbar machen, die sich die neue Canel-Tasche nicht leisten können.

Dazu gehört nicht nur der Kauf von gebrauchter Mode, sondern auch der Verkauf von Kleidung, die nicht mehr getragen wird. In einigen Breuninger-Filialen können Kunden ihre alten Stücke deshalb schätzen lassen und verkaufen. Als Bezahlung können sie zwischen Bargeld oder einem Breuninger-Gutschein auswählen.

Auch Karstadt hat den Vintage-Trend erkannt und angenommen. In Berlin gibt es im Karstadt-Haus gleich eine ganze Etage für Gebrauchtes. Das Angebot reicht von Toastern über Möbel bis zu Mode. Darüber hinaus gibt es Workshops – etwa zur Retourenrettung von Textilien und zur Lebensmittelrettung.

Der Modehändler C&A bietet seit Mitte Juni in seiner Filiale in Hamburg-Altona neben der aktuellen Kollektion auch gebrauchte Kleidung an. Dazu arbeitet das Unternehmen mit dem Onlineanbieter Carou zusammen. Zuvor hatte C&A die Carou-Ware bereits online angeboten.

Positiver Marketingeffekt für Unternehmen

Achim Berg, Leiter der globalen Apparel, Fashion & Luxury Practice bei McKinsey, ist sich sicher, dass sich ein Teil der Nachfrage künftig auf gebrauchte Ware verlagert. „Händler und Marken wollen herausfinden, wie sie mit diesem Trend umgehen sollen und für sich nutzen können“, erklärt Berg. Die Einführung von Secondhandware hat für die Warenhäuser einen positiven Marketingeffekt. Sie passe aber auch in die Nachhaltigkeitsbestrebungen vieler dieser Unternehmen.

Die öffentliche Debatte um das Thema Nachhaltigkeit hat der Dynamik und Akzeptanz von Secondhand im vergangenen Jahr einen Schub verpasst. Insbesondere bei jungen Konsumenten steht heute der Aspekt der Nachhaltigkeit sowie Individualität und Einzigartigkeit im Fokus.

Dass gerade die Warenhäuser jetzt auf diesen Trend aufspringen, ist kein Zufall. Schon vor Ausbruch der Pandemie haben sie die Konkurrenz des Onlinehandels besonders stark zu spüren bekommen. Die Coronakrise hat dem Onlinehandel einen zusätzlichen massiven Schub gegeben. Mit dem Angebot von Vintage-Mode wollen die Warenhäuser nun neue Kundenschichten gewinnen.

In Großbritannien und den USA hat sich die Entwicklung zur gebrauchten Kleidung vom Internet zurück in den Einzelhandel bereits 2019 angedeutet: Die Kaufhauskette Selfridges hat in London ein Geschäft für gebrauchte Kleidung eröffnet. Der US-Online-Secondhandanbieter Thredup kooperiert mit den Warenhäusern Macy’s und J. C. Penney, und die Onlineplattform The Real Real hat eigene Vintage-Boutiquen eröffnet.

Die meisten Einzelhändler gehen sowohl in Deutschland als auch international Kooperationen mit digitalen Partnern ein. Berater Berg sieht dafür unter anderem organisatorische Gründe. Die Onlineanbieter unterstützen vor allem bei der Anschaffung der Vintage-Ware und überprüfen ihre Qualität. Zudem seien die Onlineanbieter auf Secondhandmode spezialisiert und sind bei den daran interessierten Kunden bereits bekannt.

Deutschland in der Experimentierphase

Bisher bietet keines der Warenhäuser flächendeckend Secondhandware an, sondern probiert das Konzept in einzelnen Filialen aus. Deutschland befindet sich laut Berg derzeit noch in einer Experimentierphase. Man wolle herausfinden, wie sich das zusätzliche Angebot auf das Geschäft mit Neuwaren auswirkt, ob es neue Kundengruppen anspricht und für mehr Laufkundschaft sorgt.

Der Handelsexperte bezweifelt jedoch, dass Modehäuser aktuell mit Secondhandmode Geld verdienen. Er sieht das zusätzliche Angebot eher als ein Investment der Händler und Marken in das Thema.

Die Traditionskaufhäuser Karstadt und Kaufhof arbeiten derzeit an einem Konzept für den Neustart. Unter dem Namen Galeria will die Warenhauskette künftig mit den verbliebenen Filialen um Kunden werben.

Kommende Woche will Galeria sein Konzept für das Rebranding präsentieren. Angekündigt hat das Unternehmen den Verkauf „unterschiedlicher Warengruppen“ – weitere Verkaufsflächen für Secondhandmode sind also auch bei Galeria 2.0 denkbar.

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