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15.01.2023

13:51

Warenhäuser

Verdi fordert Zukunftsperspektive für Galeria Karstadt Kaufhof

Von: Florian Kolf

Die Gewerkschaft begrüßt Pläne, das Geschäftsmodell stärker zu dezentralisieren, vermisst aber ein Gesamtkonzept und erwartet mehr Investitionen in die Filialen.

Die Arbeitnehmervertreter wollen um jeden Standort und damit um jeden Arbeitsplatz kämpfen. IMAGO/Steffen Schellhorn

Abverkauf im geschlossenen Galeria-Haus in Halle

Die Arbeitnehmervertreter wollen um jeden Standort und damit um jeden Arbeitsplatz kämpfen.

Düsseldorf Die Gewerkschaft Verdi hat das Management von Galeria Karstadt Kaufhof aufgefordert, einen klaren Plan für die Weiterentwicklung des Warenhausunternehmens vorzulegen. „Es geht darum, ein Zukunftskonzept für ein digital-stationäres Warenhaus zu entwickeln“, betonte Stefanie Nutzenberger, im Verdi-Vorstand für den Handel zuständig.

Verdi reagiert damit auf das geplante neue Geschäftsmodell, mit dem das Unternehmen nach dem Abschluss des Insolvenzverfahrens aus der Krise kommen will. Das Handelsblatt hatte exklusiv über dieses Konzept berichtet. Kern ist eine stärkere Regionalisierung des Unternehmens.

Die Beschäftigten und Verdi forderten seit Langem Sortimente stärker auf die lokalen Kundenbedürfnisse auszurichten und den Verantwortlichen vor Ort einen größeren Handlungsspielraum zu ermöglichen. „Wenn das Management von Galeria dies nun endlich aufgreift, ist das richtig und ein wichtiger Schritt, wenn auch spät“, so Nutzenberger.

Entscheidend seien dringend notwendige Investitionen in die Filialen. „Jeder Euro, der fehlt, ist ein Risiko für den Erhalt von Arbeitsplätzen und für Standorte“, mahnte Nutzenberger an. Erneut forderte sie den Eigentümer von Galeria, die Signa Holding des österreichischen Milliardärs René Benko, auf, notwendige Zahlungen vorzunehmen.

„Es geht darum, ein Zukunftskonzept für ein digital-stationäres Warenhaus zu entwickeln“, sagte Verdi-Vorständin Stefanie Nutzenberger. Pressebild

Handelsblatt

„Es geht darum, ein Zukunftskonzept für ein digital-stationäres Warenhaus zu entwickeln“, sagte Verdi-Vorständin Stefanie Nutzenberger.

Wie das Handelsblatt berichtet hatte, plant das Unternehmen, sich in Zukunft deutlich dezentraler aufzustellen. Wie das Handelsblatt aus Unternehmenskreisen erfuhr, soll die Leitung der einzelnen Häuser dabei mehr Mitspracherecht und mehr Verantwortung bekommen. Galeria hat sich dazu noch nicht geäußert.

Idee der Dezentralisierung ist für Kaufhof nicht neu

Dabei ist die Idee, eine Warenhauskette dezentral zu führen, alles andere als neu. Kaufhof wurde jahrzehntelang nach diesem Prinzip geführt, mit unternehmerisch denkenden Geschäftsführern für jeden einzelnen Standort. Dies wurde aber mit der Zeit immer stärker zurückgefahren, weil sich das Unternehmen von einer stärkeren Zentralisierung Synergieeffekte erhoffte.

Noch kurz vor dem Zusammenschluss mit Karstadt hatte der damalige Kaufhof-Chef Roland Neuwald eine Rückbesinnung auf die Dezentralisierung in Aussicht gestellt. Das Kaufhaus der Zukunft brauche „eine stärkere Differenzierung der Sortimente und individuelle Lösungen von Standort zu Standort“, hatte er gesagt. Doch direkt nach der Fusion verließ er das Unternehmen.

Ein Verfechter des klassischen Warenhauses mit lokalem Zuschnitt ist der frühere Kaufhof-Geschäftsführer Reimund Baumheier. Der heutige Interimsmanager hatte zuletzt bis 2016 den Kaufhof am Münchener Marienplatz geführt, eines der umsatzstärksten Häuser im Galeria-Netz.

„Viele textile Kaufhäuser wie Breuninger in Stuttgart, Engelhorn in Mannheim, Hagemeyer in Minden oder Hirmer in München zeigen, dass man trotz Untergangsgerede und Pandemie erfolgreich sein kann, wenn man seiner Linie treu bleibt“, mahnt er in einem Beitrag im Karriere-Netzwerk LinkedIn.

Er kritisiert den Personalabbau in den Filialen und die Vergabe von Flächen an Markenhersteller. Das Warenhaus sei demontiert worden, die Umsätze seien dadurch zwangsläufig zurückgegangen, stellt er fest.

Klarheit über Filialschließungen noch im Januar

Galeria will voraussichtlich in der kommenden Woche sein angepasstes Geschäftsmodell vorstellen, mit dem das Unternehmen nach Abschluss des Insolvenzverfahrens wieder profitabel werden will. Im Laufe des Januars erarbeitet der Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz zusammen mit dem Management einen Insolvenzplan, dem der Gläubigerausschuss zustimmen muss.

Spätestens dann ist klar, welche Standorte Galeria weiterführen will und welche nicht. Durch das Schutzschirmverfahren hat das Unternehmen die Möglichkeit, Mietverträge einseitig zu kündigen.

Galeria-Chef Miguel Müllenbach hat bereits angekündigt, dass mindestens ein Drittel der Filialen geschlossen werden sollen. Im Laufe des Januars soll es darüber Klarheit geben.

Nach Informationen der „Textilwirtschaft“ laufen ernsthafte Verhandlungen mit einem Handelsunternehmen, das Interesse an zahlreichen Filialen haben soll. Im Umfeld des Unternehmens und in der Modebranche sei dabei immer wieder der Name Friedrich-Wilhelm Göbel zu hören. Der frühere Manager der Modekette Sinn, der seit Anfang 2022 mit seiner Multilabel-Kette Aachener am Markt ist, spreche mit der Geschäftsführung in Essen über die Übernahme einer größeren Zahl von Filialen für den weiteren Betrieb. Auch die Modekette Sinn habe bereits Interesse an Galeria-Standorten signalisiert.

Nach Informationen aus Unternehmenskreisen sollen nur rund 40 der knapp 130 Standorte eine Bestandsgarantie genießen. Welche von den restlichen 90 Häusern fortgeführt werden, hänge auch von den Gesprächen mit den Vermietern ab, in denen Galeria Zugeständnisse fordert. Alle verbleibenden Häuser sollen dann in den kommenden drei Jahren renoviert werden.

Im ersten Insolvenzverfahren 2020 hatte Galeria bereits 40 Filialen geschlossen. Danach kamen weitere Standorte hinzu, deren Mietvertrag auslief. So schloss im September 2022 der Kaufhof am Stachus in München, Ende des Jahres folgten Häuser in Halle an der Saale und in Hannover.

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