Milliardär Kuok Khoon Hong ist der größte Palmölhändler der Welt und setzt vorgeblich auf Nachhaltigkeit. Doch Greenpeace erhebt nun schwere Vorwürfe.
Bangkok Im Geschäft mit dem umstrittenen Rohstoff Palmöl gibt sich Kuok Khoon Hong gerne als Saubermann. „In unserer Nachhaltigkeitsreise zielten wir von Beginn an darauf, ein Vorbild zu sein“, schreibt der Milliardär, der zu den reichsten Männern Singapurs gehört, in einem seiner jüngsten Nachhaltigkeitsberichte.
Sein Konzern Wilmar International ist der größte Palmölhändler der Welt. Er war vor fünf Jahren eines der ersten Schwergewichte der Branche, das versprach, auf eigenen Plantagen und bei seinen Lieferanten keine Regenwaldabholzung mehr zu tolerieren. Doch ein neuer Bericht der Umweltschutzorganisation Greenpeace weckt Zweifel daran, ob es Kuok damit wirklich ernst meint. Die Aktivisten sprechen davon, ein „schmutziges Geheimnis“ seines Konzerns aufgedeckt zu haben.
Die Organisation wirft Wilmar vor, nach wie vor in Entwaldung verwickelt zu sein. Mehr als 20.000 Hektar an Regenwäldern und Torflandschaften seien in den vergangenen fünf Jahren zerstört worden − eine Fläche, die doppelt so groß ist wie Paris.
Die EU will den Verbrauch von Palmöl einschränken. Weltmarktführer Indonesien warnt die Europäer vor Konsequenzen – vor allem Airbus.
Dahinter steckt nach Angaben von Greenpeace ein komplexes Firmengeflecht, das unter dem Namen Gama operiert. Die Aktivisten wollen nun erstmals nachgewiesen haben, dass Gama und Wilmar so enge Verbindungen pflegen, dass sie in Wahrheit als eine Unternehmensgruppe angesehen werden können.
„Über Jahre haben Gama und Wilmar zusammengearbeitet“, sagte Kiki Taufik, der die Greenpeace-Regenwaldkampagne in Indonesien leitet. „Gama hat dabei die Drecksarbeit gemacht, damit Wilmars Hände sauber blieben.“
Der Anschein sauberer Geschäfte hat sich für den Konzern von Kuok gelohnt. Die nach außen vertretene Anti-Entwaldungsrichtlinie sicherte Wilmar lukrative Geschäfte mit internationalen Konsumgüterherstellern, die nach eigenen Angaben großen Wert auf nachhaltiges Palmöl legen: Zu seinen Großkunden gehören unter anderem Nestlé, Unilever und Procter & Gamble.
Kuok beklagte das Misstrauen, das ihm Nichtregierungsorganisationen (NGOs) immer wieder entgegenbrachten: „Es ist demotivierend, dass Firmen, die hohe Standards ansetzen und transparent arbeiten, weiterhin von NGOs attackiert werden“, schrieb er.
Der Report, den Greenpeace am Montag vorlegte, steht im Widerspruch zu der Selbstdarstellung des Konzerns. Im Mittelpunkt der Vorwürfe steht der indonesische Geschäftsmann Martua Sitorus. Er hatte Wilmar Anfang der 90er-Jahre zusammen mit Kuok gegründet, verantworte jahrelang das operative Geschäft und sitzt nach wie vor im Verwaltungsrat des Unternehmens. Er ist auch Chef der umstrittenen Gama-Gruppe. Das Unternehmen hatte er zusammen mit seinem Bruder Ganda gegründet, der wie viele Indonesier nur einen Namen führt.
Die Firma, die zu den größten Palmölherstellern Indonesiens zählt, stand in der Vergangenheit öfter in der Kritik von Umweltschützern und Menschenrechtlern. Wie eng anscheinend die Verbindungen zu Wilmar sind, fiel in der Vergangenheit aber offenbar niemandem auf. „Wir haben nun die Registrierungsdokumente von Dutzenden Tochterfirmen untersucht und dabei festgestellt, dass Gama und Wilmar viel mehr gemeinsam haben als ihre Mitgründer“, sagt Greenpeace-Aktivist Richard George im Gespräch mit dem Handelsblatt.
Kontrolliert werden entscheidende Teile von Wilmar und Gama laut Greenpeace von ein und derselben Familie. Sitorus' Schwager leite das Indonesien-Geschäft von Wilmar und befinde sich auch im Management von Gama-Firmen. Sitorus' sei stellvertretender Indonesien-Chef bei Wilmar und bei Gama Direktor eines Joint-Venture.
Sein Bruder wiederum kontrolliert die Plantagen von Gama. Zumindest innerhalb Indonesiens seien Wilmar und Gama dermaßen miteinander verstrickt, dass es kaum möglich sei festzustellen, wo die Operation der einen Firma anfange und die andere aufhöre, heißt es in dem Greenpeace-Bericht.
Mehrere Gama-Firmen und Wilmar seien in Indonesien auch lange Zeit im gleichen Bürogebäude in Jakarta untergebracht gewesen. Organisationen wie die Nachhaltigkeitsinitiative Roundtable on Sustainable Palm Oil sollten Wilmar und Gama daher als Teile einer Gruppe betrachten, fordert Greenpeace.
Eine Mitverantwortung an der Entwaldung, die Greenpeace auf Gama-Plantagen nachgewiesen haben will, weist Wilmar aber zurück. „Wilmar und Gama operieren eigenständig“, schreibt Konzernchef Kuok an Greenpeace. „Wilmar kann nicht für die Aktionen von Gama verantwortlich gemacht werden.“
Die familiären Verbindungen zwischen den Unternehmen bedeuteten nicht, dass eine Seite die andere kontrollieren könne. Er räumte jedoch ein, dass es eine strengere Prüfung der Firmen aus dem Gama-Geflecht hätte geben sollen. In einer Mitteilung vom Montag hieß es, dass Wilmar die Geschäfte mit Gama-Firmen angesichts der Vorwürfe vergangene Woche beendet habe.
Aus Sicht der Umweltschützer kommt diese Entscheidung zu spät: Denn obwohl Vorwürfe gegen einzelne Gama-Betriebe bekannt waren, kaufte Wilmar laut Greenpeace weiter Palmöl lange bei anderen Gama-Unternehmen ein – ohne sie als Teil der gleichen Firmengruppe auszuweisen.
„Wilmar hat nach unseren Schätzungen drei Viertel des Gama-Öls gekauft“, sagt Aktivist George. Damit habe der Konzern Gamas umstrittene Plantagenexpansion mitfinanziert. Das Öl von Gama sei anschließend weltweit gehandelt worden und unter anderem bei Konzernen wie Nestlé, Unilever und Procter & Gamble gelandet. Gleichzeitig habe Wilmar großteils verschleiert, dass es aus dem Gama-Imperium stamme.
„Das sollte die Konsumgüterhersteller wachrütteln“, sagt George. Bei Wilmar komme die Botschaft, dass nachhaltiges Palmöl gefragt sei, offenbar nicht an. „Die Unternehmen sollten ihre Geschäfte mit Wilmar stoppen, bis es sich radikal geändert hat.“
Einen so klaren Schritt wollten die betroffenen Unternehmen aber zunächst nicht einlegen. Stattdessen kündigten sie Nachforschungen an. Procter & Gamble teilte auf Handelsblatt-Anfrage mit, man nehme die Anschuldigungen ernst und sei diesbezüglich in Kontakt mit Wilmar.
Unilever teilte mit, man werde die Vorwürfe untersuchen und zeitnah reagieren. Ähnlich äußerte sich Nestlé: Die Schlussfolgerungen im Greenpeace-Bericht seien besorgniserregend. Man befinde sich im Gespräch mit Wilmar, um die Details besser zu verstehen und falls nötig schnell zu reagieren. Gama war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
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