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22.03.2023

08:30

Agrarchemie

Bayer-Konkurrent Syngenta wächst stark – und kommt milliardenschwerem Börsengang näher

Von: Jakob Blume, Bert Fröndhoff

Der von China kontrollierte Agrarkonzern mit Sitz in der Schweiz profitiert vom Geschäft in Lateinamerika und Asien. Noch im ersten Halbjahr könnte Syngenta an die Börse Shanghai gebracht werden.

Chemchina hatte Syngenta 2015 für 43 Milliarden Dollar gekauft und das Unternehmen von der Börse genommen. AFP

Syngenta-Logo

Chemchina hatte Syngenta 2015 für 43 Milliarden Dollar gekauft und das Unternehmen von der Börse genommen.

Zürich, Düsseldorf Der chinesisch kontrollierte Agrarchemiekonzern Syngenta hat Gewinn und Umsatz im abgelaufenen Geschäftsjahr deutlich gesteigert. Die Erlöse legten 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 19 Prozent auf 33,4 Milliarden Dollar zu, wie das Unternehmen mit Sitz im schweizerischen Basel am Mittwoch mitteilte. Der Vorsteuergewinn (Ebitda) kletterte um 20 Prozent auf 5,6 Milliarden Dollar.

Mit diesen Zahlen rüstet sich die Syngenta Group für den anstehenden Börsengang (IPO). Eigentümer Chemchina hatte diesen Schritt bereits für 2022 geplant, aber wegen Verzögerungen chinesischer Behörden sowie des schwierigen Marktumfelds für Börsengänge aufgeschoben. Der chinesische Staatskonzern will Syngenta an die Börse Shanghai bringen, mit Option auf Zweitnotiz in der Schweiz, und peilt eine Bewertung von mehr als 50 Milliarden Dollar an.

Angesichts der zuletzt schlechten Stimmung an den Finanzmärkten gilt dieses Ziel aber als ambitioniert. Das Umfeld für Börsengänge hat sich mit den weltweiten Unruhen im Bankensektor verschärft. Dennoch treibt Chemchina die Vorbereitungen für einen IPO weiter voran und hat dazu den nächsten wichtigen Schritt gemacht.

Für den 29. März hat die Börse Shanghai eine Anhörung zu den Börsenplänen angesetzt. Das wird in Finanzkreisen als positives Signal vonseiten der Regulatoren gewertet. Danach könnten die Unterlagen zügig an die chinesische Börsenaufsicht gehen und nach deren Freigabe ein Börsengang konkret werden – möglicherweise noch im ersten Halbjahr 2023.

Chemchina hatte Syngenta 2015 für 43 Milliarden Dollar gekauft und das Unternehmen von der Börse genommen. Der chinesische Konzern hatte danach die Syngenta Group gegründet und unter ihrem Dach auch die eigenen Geschäfte mit Pflanzenschutzmitteln, Saatgut und Dünger eingebracht. Zu der Gruppe gehört auch die israelische Adama, die auf Nachahmerprodukte patentfreier Pflanzenschutzmittel spezialisiert ist.

In dieser Konstellation ist Syngenta mit einem Umsatz von 33 Milliarden Dollar der größte Agrarzulieferer der Welt. Bayer kam 2022 im Agrargeschäft auf einen Erlös von umgerechnet 27 Milliarden Dollar. Allerdings sehen sich die Leverkusener im Kerngeschäft der Agrarchemie als Weltmarktführer, weil dazu etwa nicht das Düngemittelgeschäft gezählt wird.

Vorteil im Wachstumsmarkt China

Im abgelaufenen Geschäftsjahr legte der Umsatz der Schweizer stärker zu als bei den Agrarsparten von Bayer und BASF. Das war aber zum Teil Wechselkurseffekten geschuldet. Die Geschäfte der beiden deutschen Konkurrenten sind immer noch profitabler.

Syngenta erreichte 2022 eine Umsatzrendite von 17 Prozent gemessen am Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda). Die Bayer-Agrarsparte Crop Science kam voriges Jahr auf 27 Prozent, bei BASF betrug diese Kennziffer bei 18 Prozent vom Umsatz, der bei umgerechnet 11,1 Milliarden Dollar lag.

Mit der neuen Aufstellung hat Syngenta einige Vorteile im Wettbewerb mit den Deutschen: Schon vor der Übernahme waren die Schweizer einer der führenden Anbieter in den USA und Lateinamerika. In den beiden wichtigsten Agrarmärkten der Welt ist Syngenta damit auch 2022 sowohl mit Pflanzenschutzmitteln als auch mit Saatgut zwischen 13 und 20 Prozent gewachsen. Dass hinter Syngenta chinesische Eigner stehen, belastet das Geschäft in Amerika bislang offenbar nicht.

Einen deutlichen Vorteil hat Syngenta darüber hinaus im stark wachsenden Agrarmarkt China. Die Chinesen haben den Schweizer Konzern auch deswegen gekauft, weil sie die dringend notwendige Modernisierung ihrer Landwirtschaft nicht den westlichen Konzernen überlassen wollen.

Schon 2022 konnte Syngenta seine dominante Position in China als staatlich kontrollierter Konzern ausspielen und legte um 17 Prozent zu. China öffnet sich derzeit auch für den Einsatz genetisch veränderter Pflanzen, um die Produktivität zu erhöhen, dabei soll die Technologie von Syngenta helfen.

Bayer bleibt für 2023 vorsichtig

Ein möglicher Börsengang der Syngenta Group hängt auch von der Lage und der Perspektive der globalen Landwirtschaft ab. Aktuell verfügen Farmer vor allem in den USA und Lateinamerika wegen der deutlich erhöhten Verkaufspreise für Mais, Sojabohnen und Weizen über ausreichend Mittel für neue Investitionen und höhere Nachfrage, heißt es etwa beim US-Agrarkonzern Corteva.

Bayer Crop Science bleibt aber vorsichtig und rechnet für 2023 mit einem Wachstum von drei Prozent. Hauptgrund dafür: Die Preise für den Unkrautvernichter Glyphosat – eines der Topprodukte von Bayer – werden sich nach dem rasanten Anstieg in den vergangenen beiden Jahren wieder beruhigen. Die Gewinnmarge (Ebitda vor Sondereinflüssen) wird deswegen zwar leicht auf 23 bis 25 Prozent sinken.

Schon für 2024 peilt Bayer aber eine Rekord-Gewinnmarge von 27 bis 29 Prozent an, wie Agrarvorstand Rodrigo Santos zuletzt im Gespräch mit dem Handelsblatt erklärte. Syngenta gab am Mittwoch keine Prognose fürs laufende Jahr. Wegen des unsicheren makroökonomischen Umfelds haben die Schweizer aber ihre Rückstellungen erhöht.

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