Das Sorgenkind von Konzernchef Kerkhoff bekommt zum 1. Oktober einen neuen Leiter. Das defizitäre Werftengeschäft wird aus der Sparte Anlagenbau herausgelöst.
Düsseldorf Thyssen-Krupp-Chef Guido Kerkhoff geht mit dem Umbau der schwächelnden Anlagenbautochter Industrial Solutions in die Offensive. Der Manager kündigte am Freitag an, dass der Marineschiffbau aus dem Bereich Industrial Solutions herausgelöst und direkt an den Konzernvorstand angebunden werde.
Zudem bekomme die Tochter eine neue Führung, deren zentrale Aufgabe die Sanierung des Anlagenbaus sein solle. Das Handelsblatt hatte bereits am Mittwoch über die Pläne des Konzerns berichtet.
„Wir haben jetzt die erforderlichen Schritte unternommen, damit sich Industrial Solutions voll und ganz auf den Anlagenbau konzentrieren kann“, betonte Kerkhoff. Das Marinegeschäft wird künftig unmittelbar durch die Thyssen-Krupp AG geführt. Marine-Chef Rolf Wirtz soll an Personalvorstand Oliver Burkhard berichten.
Mit Wirkung vom 1. Oktober werde zudem der bisherige COO der Sparte, Marcel Fasswald, zum neuen Vorstandsvorsitzenden der Tochter bestellt, teilte der Konzern mit. Fasswald habe die klare Aufgabe, mit seiner großen Erfahrung und Expertise im Anlagenbau, den dringend benötigten Turnaround bei Industrial Solutions herbeizuführen.
Dabei drohen auch weitere Stellenstreichungen in der Sparte. „Derzeit überprüfen wir, ob der im letzten Jahr angekündigte Personalabbau angesichts der veränderten Marktperspektiven ausreichend ist“, sagte ein Unternehmenssprecher am Freitag auf Anfrage. Der Essener Konzern hatte 2017 angekündigt, innerhalb von drei Jahren in der Anlagen- und Schifffahrtsparte bis zu 2000 Stellen abzubauen. Insgesamt arbeiten im Geschäftsbereich Industrial Solution mehr als 21.000 Menschen.
Kein CEO, kein Aufsichtsratschef: Bei Thyssen-Krupp herrscht auch nach der ersten Aufsichtsratssitzung ohne Lehner ein Machtvakuum. Die Konkurrenz könnte Manager abwerben.
Industrial Solutions baut Anlagen für Unternehmen aus der Chemie-, Zement- und Bergbauindustrie. Lange lebte die Sparte gut von Aufträgen aus der kanadischen Ölindustrie. Doch seit diese ausgelaufen sind, sind die Margen im Keller. In den vergangenen zwei Jahren ist die Sparte wiederholt umstrukturiert worden. Der Durchbruch blieb aus. Stattdessen sorgten die Maßnahmen für Unruhe unter den jungen Technikern und Kaufleuten – bis einige gingen.
Bei der Präsentation der Quartalszahlen im August wurde Vorstandschef Kerkhoff schließlich sehr deutlich. „Der Anlagenbau ist unser Sorgenkind“, sagte er. Und verkündete daraufhin ein Minus von 224 Millionen Euro für die ersten neun Monate des laufenden Geschäftsjahres - bei einem Umsatz von rund 3,6 Milliarden Euro.
Neben der Investitionszurückhaltung vieler Unternehmen vor allem in der Düngemittelbranche und der Zementindustrie drückten auch ungeplante Mehrkosten den Gewinn, etwa bei einer Zementanlage in Saudi-Arabien sowie einem Bioheizkraftwerk in Australien. Eine „Kombination aus externen Effekten und internen Missständen“ hatte Kerkhoff als größte Herausforderung der Sparte identifiziert.
Thyssen-Krupp befindet sich selbst gerade in einer Führungskrise. Die Posten von Vorstands- und Aufsichtsratschef sind vakant, nachdem Heinrich Hiesinger und Ulrich Lehner vor einigen Monaten kurz hintereinander das Handtuch geworfen hatten.
Fasswald soll nun seine ganze Kraft auf den Anlagenbau fokussieren. Die Werftensparte Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS) war wegen Pannen beim Bau von U-Booten zuletzt tief in die Verlustzone gerutscht. Durch eine engere Kontrolle durch den Vorstand sollen die Probleme bei der Tochter eingedämmt werden.
Die IG Metall hofft, dass die Werftentochter durch die Anbindung an die AG an Bedeutung gewinnt. „Wir haben keine Anzeichen dafür, dass ein Verkauf der Werftensparte vorbereitet wird. Im Gegenteil: Wir sehen in der Entscheidung des Konzerns ein klares Bekenntnis zum Schiffbau“, sagte der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Meinhard Geiken.
An dem Rüstungsgeschäft hatten schon Rheinmetall und die französische Staatswerft Naval Group Interesse angemeldet. Im Marinebereich sind rund 6000 Mitarbeiter beschäftigt. Neben Standorten in Kiel, Hamburg und Emden gehört dazu auch Atlas Elektronik mit der Zentrale in Bremen.
Mit Agenturmaterial
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