Technologiezentrum von Eisenmann
Der Anlagenbauer ist insolvent. Davon sind 3000 Mitarbeiter weltweit betroffen.
Bild: Eisenmann
Das Familienunternehmen aus Böblingen hat sich bei Großprojekten übernommen und ist pleite. Konkurrent Dürr könnte profitieren
Stuttgart, Düsseldorf Der württembergische Anlagenbauer Eisenmann ist pleite. Das Familienunternehmen aus Böblingen hat am Montag nach eigenen Angaben beim Amtsgericht Stuttgart einen Insolvenzantrag gestellt. Von der Insolvenz betroffen sind mehr als 3000 Mitarbeiter. Anträge wurden auch gestellt bei der Eisenmann Anlagenbau GmbH & Co. KG, der Eisenmann Lactec GmbH und der ENisco GmbH & Co. KG.
Für das angestammte Geschäft mit Lackieranlagen für die Autoindustrie suche Eisenmann nun einen strategischen Partner, erklärte Chefsanierer Michael Keppel am Montagabend. „Die ersten Interessenten haben sich auch schon gemeldet.“
Das Unternehmen fokussiere sich auf sein Kerngeschäft und wolle „mit der Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens die strategische Neuausrichtung der Eisenmann Gruppe vorantreiben, um so schnell wie möglich zu einem profitablen Geschäft zurückzukehren“, erklärte Keppel weiter.
Der Konkurrent der börsennotierten Dürr AG hat im Frühjahr mit der Sanierung begonnen, nachdem sich Eisenmann mit einigen Großprojekten verhoben hatte. Diese hätten 2018 zu einem hohen Verlust geführt, erklärte das Unternehmen. Verwundert ist in der Branche darüber niemand. Das Unternehmen habe Aufträge zu Kampfkonditionen hereingenommen. Das räche sich jetzt.
Ein Jahr zuvor war der Umsatz bereits von 862 (2016) auf 723 (2017) Millionen Euro eingebrochen. „Wir mussten hier schnell und konsequent handeln“, erklärte Keppel, der unter anderem für den Holzverarbeiter Pfleiderer gearbeitet hatte. Die Familie Eisenmann und die Kreditgeber unterstützten den eingeschlagenen Weg.
Der württembergische Konzern ist in Europa, den USA und den BRIC-Staaten an 27 Standorten in 15 Ländern aktiv. In den Bereichen Oberflächentechnik, Materialflussautomation, Thermoprozess- und Umwelttechnik gehört Eisenmann eigenen Angaben zufolge zu den weltweit führenden Anbietern von Anlagen und Dienstleistungen.
Bereits im Jahr 2017 gab es Spekulationen, dass das nach außen äußerst verschlossene Unternehmen an einen chinesischen Investor verkauft werden soll. Die Gespräche sollen im Herbst 2017 abgebrochen worden sein, weil die Vorstellungen über den Kaufpreis weit auseinandergingen.
Die Familie Eisenmann habe damals einen Preis von über einer Milliarde Euro gefordert. In Finanzkreisen wurde das Unternehmen vor zwei Jahren allenfalls auf 500 bis 700 Millionen Euro taxiert. Dieser Wert dürfte aber jetzt in weite Ferne gerückt sein.
„Die Familie hat einen Riesenfehler gemacht und hätte vor zwei Jahren verkaufen sollen“, sagt ein Branchenkenner. Als Interessenten kommen jetzt vor allem wieder chinesische Wettbewerber in Frage. Zu denen zählt die chinesische SCIVIC, die schon heute hinter Dürr eine starke Nummer zwei auf dem chinesischen Markt sind und beispielsweise die Lackieranlage für das Tesla-Werk in China liefern.
Konkurrent Dürr kommt zumindest bei der Sparte Lackieranlagen für die Autoindustrie aus kartellrechtlichen Gründen nicht als strategischer Partner infrage. Auch würden die Autohersteller als Kunden eine solche Verbindung nicht goutieren.
Anders könnte es bei der Sparte Industrielackieranlagen aussehen. Aber bislang ist noch nicht bekannt, ob Eisenmann ein Insolvenzverfahren in Eigenregie oder mit bestelltem Insolvenzverwalter bekommt. Auch ist unklar, ob das Unternehmen als ganzes erhalten bleiben kann oder zerschlagen wird.
Zu den Kunden des Konzerns zählen beispielsweise der italienische Luxushersteller Lamborghini oder der kalifornische Elektroautobauer Tesla. Inhaber des 1952 gegründeten Unternehmens ist der in der Schweiz lebende Unternehmer Peter Eisenmann. Sein Schwiegersohn Matthias von Krauland führte das Unternehmen bis Anfang Juli. Dann wechselte der glücklose Unternehmenschef vom operativen Geschäft in den Verwaltungsrat. Ihm ist es offensichtlich nicht gelungen, das Blatt zu wenden.
Unternehmenszahlen veröffentlicht Eisenmann nicht oder nur mit erheblicher zeitlicher Verzögerung. Die Verschwiegenheit könnte sich jetzt rächen. Konkurrent Dürr hat bereits Anzeigen geschaltet, um Ingenieure vor allem von Eisenmann abzuwerben. „Wir hoffen unsere offenen Stellen jetzt besser besetzen zu können“, sagte ein Sprecher von Dürr.
Zwar hat Dürr auch kürzlich eine Gewinnwarnung herausgegeben, aber das Bietigheimer Unternehmen erwartet immer noch eine Rendite zwischen 5,5 und 6 Prozent. Betroffen sind bei Dürr auch eher die Holzbearbeitungsmaschinen der Konzerntochter Homag als das Autogeschäft. „Wenn ein Autohersteller bei laufenden Projekten wegen der Eisenmann-Insolvenz Hilfe braucht, stehen wir bereit“, sagte ein Sprecher von Dürr.
Die Probleme bei Eisenmann werfen ein Schlaglicht auf die Automobilbranche. Die Produktion geht weltweit um fünf Prozent zurück. Wie in konjunkturellen Abschwüngen zuvor gilt in solchen Situationen „cash is king“. In der Finanzkrise vor zehn Jahren kamen vor allem Unternehmen durch Liquiditätsprobleme in Schwierigkeiten.
Derzeit trägt die Zahlungsmoral der Autoindustrie zu einer Verschärfung der Lage bei. „Die Kunden zahlen später. Das erhöht das Umlaufvermögen auch bei uns“, bestätigt ein Sprecher von Dürr. Bei weniger liquiden und kleineren Unternehmen wie Eisenmann kann das zu Zahlungsschwierigkeiten bis hin zur Zahlungsunfähigkeit führen.
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