Das deutsche Stammwerk soll eine Schlüsselrolle bei der Elektrifizierung des US-Konzerns spielen. Künftig will Ford in Köln zwei E-Automodelle bauen.
Produktion bei Ford in Köln
Mit der Investitionsankündigung macht der US-Konzern deutlich, dass die Firma auch künftig auf den Standort mit derzeit 14.800 Ford-Beschäftigten setzt.
Bild: imago images/photothek
Düsseldorf Ford Europa macht Ernst mit der angekündigten Elektrifizierung und ist damit auch dem Mutterhaus in den USA ein weites Stück voraus. Sieben neue rein elektrisch angetriebene Pkws und Transporter aus Europa soll es bis 2026 geben, teilte das Unternehmen am Montag mit.
Ford in Köln bekommt ein zweites E-Auto und eine weitere Milliarde US-Dollar an Investitionen. Zudem entsteht am deutschen Stammsitz ein Montagewerk für Batterien. Die Zukunft der zweiten deutschen Ford-Pkw-Fabrik in Saarlouis bleibt allerdings ungeklärt.
Der Ford-Konzern war nicht nur auf dem amerikanischen Heimatmarkt, sondern auch in Europa lange Zeit ein Nachzügler in Sachen Elektrifizierung. Jetzt soll es damit aber umso schneller vorangehen. Im Unterschied zu Volkswagen nennt Ford Europa ein klares Ausstiegsdatum für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Bei Pkws soll damit 2030 Schluss sein, bei leichten Nutzfahrzeugen wie etwa Kleintransportern fünf Jahre später.
2026 will Ford in Europa jährlich etwa 600.000 vollelektrische Fahrzeuge verkaufen, etwa zwei Drittel des gesamten Absatzes. Im vergangenen Jahr waren es nur knapp 25.000. Für Nordamerika hat sich Ford auf keinen Ausstiegszeitpunkt festgelegt.
Die am Montag verkündeten Schritte sind ein wesentlicher Schritt auf dem Weg von Ford Europa, sich tatsächlich endgültig und vergleichsweise schnell aus dem Verbrennergeschäft zurückzuziehen. „Wir beschleunigen die Elektrifizierung“, sagte Ford-Europa-Chef Stuart Rowley dem Handelsblatt. Der Autokonzern reagiere auf regulatorische Vorgaben, außerdem wachse die Kundennachfrage nach E-Autos kontinuierlich.
Eine Schlüsselrolle spielt dabei der deutsche Stammsitz in Köln. Schon vor einem Jahr hatte Ford Europa angekündigt, dass die dort aktuell noch laufende Produktion des Kleinwagens Fiesta nach 2023 eingestellt wird. Stattdessen sollte Köln mindestens ein neues Elektromodell bekommen.
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Die künftige Elektrofertigung am deutschen Stammsitz wird nun weiter ausgebaut. Ford Europa will am Rhein von 2024 an ein zweites Elektromodell produzieren. Die künftige Jahresproduktion von E-Fahrzeugen wird in Köln bei ungefähr 200.000 Exemplaren liegen, ähnlich wie heute beim Kleinwagen Fiesta. Mit den neuen E-Modellen will sich Ford aus dem Segment der kleinen Fahrzeuge verabschieden. Mittelgroße SUVs sollen künftig in Köln gefertigt werden, ein typisches Konkurrenzmodell ist der ID.4 von Volkswagen.
Vor einem Jahr hatte Ford bereits angekündigt, dass Köln eine Milliarde US-Dollar für den Aufbau der Elektrofertigung bekommt. Nun kommt eine weitere Milliarde dazu, mit der Ford die Fertigung des jetzt präsentierten zweiten E-Modells entsprechend ausweiten kann. Mit dem Geld wird außerdem ein Montagewerk für Batterien aufgebaut, die dann unmittelbar in den beiden neuen Kölner E-Modellen verwendet werden können.
Ford Europa versteht sich nicht nur als Anbieter von Pkws, sondern gehört auch zu den wichtigsten Herstellern leichter Nutzfahrzeuge. Von den 900.000 im vergangenen Jahr auf dem europäischen Kontinent verkauften Autos machten die Transporter und Kleinbusse etwa ein Drittel aus. Bislang operiert Ford dabei überwiegend von der Türkei aus. Zusammen mit der türkischen Industrieholding Koc betreibt der US-Konzern das Joint Venture Otosan, das die leichten Nutzfahrzeuge in der Nähe von Istanbul produziert.
Nun breitet sich das Joint Venture weiter nach Westen aus und soll die Ford-Pkw-Fabrik Craiova in Rumänien übernehmen, wie der US-Konzern am Montag ankündigte. Bislang produziert Ford in Craiova den Puma, einen Pkw, der in zwei Jahren zusätzlich auch eine vollelektrische Version bekommen soll. Mittelfristig könnte die Pkw-Fertigung in Rumänien auslaufen.
Rowley sagte dazu lediglich, dass der Puma auch in Zukunft eine „wichtige Rolle“ in Craiova behalten werde. Mit Otosan soll die rumänische Fabrik zu einem zentralen Produktionsstandort für vollelektrische Kleintransporter werden. Ford hatte dafür bislang Investitionen von 300 Millionen Dollar angekündigt.
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Die neuen Elektrofahrzeuge brauchen Batterien. Deshalb hat Ford außerdem ein „Memorandum of Understanding“ mit der türkischen Koc-Holding und dem koreanischen Zellkonzern SK Innovation zum Bau einer Gigafactory unterzeichnet. In der Nähe der türkischen Hauptstadt Ankara soll eine Zellfabrik mit einer Kapazität von bis zu 45 Gigawattstunden jährlich entstehen. Das ist die aktuelle Standardgröße, mit der auch andere Autohersteller wie Volkswagen und Tesla planen.
Mit der neuen Zellfabrik will Ford ausschließlich seine Nutzfahrzeuge versorgen, wie Stuart Rowley bestätigte. Mit den Batteriezellen aus der Nähe von Ankara können schätzungsweise etwa 700.000 Fahrzeuge jährlich versorgt werden. Wie und wo Ford Europa künftig seine Pkw-Werke dauerhaft mit Batteriezellen versorgen will, das lässt der europäische Ableger des US-Konzerns derzeit noch offen. Ford Europe werde durch verschiedene Quellen versorgt, so Rowley.
Zumindest für eine Übergangszeit während der nächsten sechs Jahre übernimmt Volkswagen eine Schlüsselrolle für die Zellversorgung bei den europäischen Ford-Pkw. Der Wolfsburger Autokonzern leistet bei Ford wesentliche Aufbauhilfe, damit der Europa-Ableger des US-Konzerns trotz seiner Verspätung einigermaßen rechtzeitig mit eigenen Elektromodellen antreten kann.
Für die beiden künftigen E-Fahrzeuge aus dem Kölner Ford-Stammwerk liefert Volkswagen den kompletten elektrischen Antrieb samt Batteriezellen, den sogenannten „Modularen Elektrifizierungs-Baukasten“ (MEB). Die Vereinbarung zwischen beiden Unternehmen sieht vor, dass Volkswagen in den nächsten sechs Jahren für rund 20 Milliarden Euro die MEB-Plattformen für ungefähr 1,2 Millionen Fahrzeuge bereitstellt.
Zum Ende des Jahrzehnts könnte Ford Europa dann auf die Aufbauhilfe von Volkswagen verzichten und sich auf eigene Elektropattformen verlassen, an denen der Mutterkonzern in den USA arbeitet. Auch auf dem amerikanischen Heimatmarkt hat Ford bei der Elektrifizierung inzwischen kräftig aufgeholt und wird konkurrenzfähig bei E-Autos.
Künftige konzerneigene Elektrobaukästen würde Ford zum Ende des Jahrzehnts dann nicht nur am deutschen Stammsitz in Köln, sondern auch an einem zweiten europäischen Standort verwenden. Zur Disposition stehen Valencia in Spanien und das deutsche Saarlouis. Beide Standorte mussten bis Ende Januar ihre Bewerbungsunterlagen in der Ford-Europa-Zentrale in Köln einreichen.
Der US-Autokonzern hatte zuvor unmissverständlich klargemacht, dass nur eine Fabrik überleben und die andere geschlossen wird. Die Entscheidung darüber soll im Frühsommer fallen. Ein zweiter europäischer Pkw-Standort soll dann entscheidend dazu beitragen, dass Ford im Jahr 2035 in Europa komplett klimaneutral und CO-frei produziert.
Die ungeklärte Frage, ob nun Valencia oder Saarlouis geschlossen wird, hält die Freude der deutschen Ford-Betriebsräte über die zusätzlichen Investitionen für Köln in deutlichen Grenzen. „Wir begrüßen die Entscheidungen für unser Stammwerk“, sagte Betriebsratschef Benjamin Gruschka, „aber für Saarlouis werden wir weiter mit voller Energie kämpfen.“
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