Die Hersteller investieren 23 Milliarden Euro in die gemeinsame Entwicklung. Damit wollen sie die französisch-japanische Allianz wiederbeleben.
E-Auto von Mitsubishi
Der Autobauer wirft seine Plattformen mit denen von Renault und Nissan zusammen.
Bild: imago images/AFLO
Paris, Tokio Die Autohersteller-Allianz aus Renault, Nissan und Mitsubishi will bei Elektrofahrzeugen enger zusammenarbeiten und in den nächsten fünf Jahren rund 23 Milliarden Euro investieren. Bis 2030 sollen 35 neue batteriebetriebene Autos auf der Grundlage von fünf gemeinsamen Plattformen entwickelt werden, wie die Unternehmen am Donnerstag mitteilten.
Das virtuell versammelte Topmanagement der drei Hersteller bemühte sich bei der Präsentation seiner Pläne um Harmonie – und wollte damit wohl ein Zeichen setzen. Denn das japanisch-französische Autobündnis wirkte zuletzt eher zerrüttet. „Vor drei Jahren hat die Allianz wegen des Mangels an gegenseitigem Vertrauen eine in seiner Geschichte beispiellose Krise erlebt“, sagte Renault-Verwaltungsratschef Jean-Dominique Senard. „Diese Periode gehört nun der Vergangenheit an.“
Das Investitionsvolumen von 23 Milliarden Euro entspricht den Summen, die die drei Unternehmen als Teil ihrer jeweiligen Elektrostrategie bereits einzeln verkündet hatten. Durch die Bündelung ihrer Aktivitäten hoffen sie, mehr aus dem Geld zu machen. Bis 2026 wollen Renault, Nissan und Mitsubishi 80 Prozent ihrer Fahrzeuge auf der Basis gemeinsamer Plattformen bauen – aktuell sind es 60 Prozent.
Mit dem Fokus auf Elektromobilität gibt sich die französisch-japanische Allianz auch eine neue Vision. Die strategische Kooperation von Renault und Nissan begann Ende der 1990er-Jahre, damals retteten die Franzosen das japanische Unternehmen vor der Pleite. An der Spitze beider Hersteller stand Carlos Ghosn, er wollte die Allianz zum nach Absatz größten Autohersteller der Welt machen.
Mitsubishi stieß 2016 dazu. Ein Jahr später erreichte Ghosn sein Ziel und überholte Volkswagen als neue Nummer eins.
Im Hintergrund schwelte zwischen den Japanern und Franzosen aber immer der Konflikt um die Vorherrschaft in der Allianz. Als Ghosn Ende 2018 wegen Vorwürfen der Steuerhinterziehung und Untreue in das Visier der japanischen Justiz geriet, bröckelte die Allianz. Der Vater des Bündnisses musste Anfang 2019 zurücktreten und setzte sich später aus dem Hausarrest in Tokio in den Libanon ab.
Hersteller-Allianz
Renault-Nissan-Mitsubishi will wieder enger zusammenarbeiten – mit Fokus auf Elektromobilität.
Bild: Reuters
Vor allem Renault geriet danach in Schwierigkeiten und musste 2020 mit einem Milliardenkredit der Regierung in Paris gerettet werden. Luca De Meo hat daraufhin in seinen inzwischen 18 Monaten als CEO des französischen Unternehmens eine harte Sanierung eingeleitet. Bis Ende 2022 noch läuft die erste Phase: „Wiederauferstehung“. De Meo sprach Mitte Januar von großen Fortschritten, man habe das Ziel einer Fixkosten-Reduzierung um zwei Milliarden Euro bereits im letzten Herbst erreicht.
Nissan dagegen scheint aktuell der stärkere Partner zu sein. Konzernchef Makoto Uchida kündigte im November für das bis März dieses Jahres laufende Bilanzjahr 2021 einen Nettogewinn an – nach zwei Jahren mit Milliardenverlusten. In japanischen Medien fragt man sich schon länger, ob die Machtverhältnisse in der Allianz noch der realen Bedeutung der Konzerne für das Bündnis entsprechen: Renault ist mit einem Anteil von 43,4 Prozent an Nissan der bestimmende Partner, Nissan hält nur 15 Prozent von Renaults Aktien – ohne Stimmrecht. Die Frage nach den Beteiligungsverhältnissen kam auch beim virtuellen Pressetermin am Donnerstag auf, blieb aber unbeantwortet.
Besonders kritisch sieht man in japanischen Medien die 15,01-prozentige Beteiligung des französischen Staats, der dadurch Renaults Geschäftsentscheidungen mitbestimmen und sie potenziell politisieren kann.
Der japanische Autoexperte Takaki Nakanishi sieht das Gefüge daher durchaus kritisch, er fragt: „Funktioniert die Dreier-Allianz zwischen Nissan, Renault und Mitsubishi Motors wirklich?“ Die Beziehungen zwischen Japanern und den Franzosen seien zumindest weiterhin „ein wenig frostig“. Die neuen Pläne hält Nakanishi aber für sinnvoll: Die Bündelung der Aktivitäten bei Batterien und Elektroautos könnte Wettbewerbsvorteile für die drei Hersteller bedeuten.
Montage des Nissan Leaf
Das Modell war eines der ersten Elektroautos auf dem Massenmarkt.
Bild: Nissan
Nissan und Renault wollen mit den Milliardeninvestitionen an vergangene Erfolge anschließen. Die Japaner hatten 2010 mit dem Kompaktwagen Leaf das erste von Grund auf als Elektroauto konzipierte Großserienmodell auf den weltweiten Markt gebracht. Renault brachte 2012 mit dem Zoe als erster europäischer Hersteller einen Serien-Kleinwagen mit Lithium-Batterie auf den Markt. Doch Konkurrenten wie Tesla und Volkswagen übernahmen bald die Vorreiterrolle auf dem E-Auto-Markt.
Der Nissan Leaf und der Renault Zoe wurden damals unabhängig voneinander entwickelt. In Zukunft teilen Renault und Nissan die Arbeit auf: Die Franzosen entwickeln die Softwarekomponenten der Modelle, Nissan kümmert sich um autonomes Fahren und Batterietechnik.
Die Japaner versprechen nicht nur, das teure Kobalt in Lithium-Ionen-Akkus zu ersetzen und so die Akkukosten bis 2028 um 65 Prozent auf 75 Dollar pro Kilowattstunde (kWh) zu senken. Nissan arbeitet auch an Feststoffbatterien. Die speichern nicht nur deutlich mehr Energie als Lithium-Ionen-Akkus, sondern lassen sich auch schneller laden. Nissan will sie ab 2028 in Großserie produzieren.
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