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02.02.2023

16:30

Autoindustrie

Volkswagen-Chef Blume auf schwieriger Mission in China

Von: Sabine Gusbeth, Lazar Backovic

Als erster Dax-Chef nach der Wiederöffnung des Landes besucht VW-CEO Oliver Blume die Volksrepublik. Denn der einst wichtigste Markt schwächelte zuletzt.

Das China-Geschäft bleibt für den größten deutschen Autohersteller besonders wichtig. dpa

VW-Chef Oliver Blume

Das China-Geschäft bleibt für den größten deutschen Autohersteller besonders wichtig.

Peking, Düsseldorf Volkswagen-Chef Oliver Blume hat es eilig. Als erster hochrangiger Wirtschaftsvertreter ist der CEO des Autoherstellers nach dem Ende der Corona-Beschränkungen nach China gereist. Viele andere warten noch ab. Der Konzernlenker hat gute Gründe für die Eile. Denn das so wichtige Chinageschäft des größten deutschen Autoherstellers schwächelte zuletzt.

Obwohl der chinesische Automarkt 2022 um zwei Prozent auf rund 21 Millionen Fahrzeuge gewachsen ist, ist der Absatz des Konzerns in seinem wichtigsten Markt im dritten Jahr in Folge gefallen – zuletzt auf ein Neunjahrestief von 3,18 Millionen Autos. Das meiste Geld verdient VW nach wie vor mit dem Verkauf von Benzin- und Dieselfahrzeugen.

Im schnell wachsenden Elektrosegment liegen in der Volksrepublik jedoch Konkurrenten wie US-Anbieter Tesla oder Chinas Elektromarke BYD vorn – auch weil sie es besser als VW verstanden haben, chinesische Kunden über digitale Gadgets anzusprechen.

Für VW-Chef Blume nimmt China darum einen wichtigen Platz auf der Prioritätenliste ein. Volkswagen habe für die Volksrepublik „weitreichende Strategien und konkrete Programme erarbeitet“, sagte er Ende Januar in einem Interview mit dem Handelsblatt.

VW-Chinachef Ralf Brandstätter rechnet wegen der Öffnung des Landes in diesem Jahr zwar wieder mit Wachstum. Allerdings muss sich der Konzern angesichts der immer stärker werdenden Konkurrenz chinesischer Hersteller insbesondere auf dem schnell wachsenden Markt für Elektrofahrzeuge etwas einfallen lassen – und darf das Vertrauen der chinesischen Partner nicht verlieren.

Wie das Portal „Business Insider“ mit Verweis auf Eingeweihte berichtet, plant VW, in China eine Premiummarke im E-Auto-Segment neben der ID-Familie zu etablieren. Diese solle mehr „Lifestyle“ transportieren und ein jüngeres Publikum ansprechen. Auf dem Prüfstand steht in China dagegen die Marke Skoda. Immer wieder wird darüber spekuliert, ob die VW-Tochter sich aus China zurückzieht. Dazu sei jedoch noch keine Entscheidung gefallen, heißt es aus dem Konzern. 

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Blume flog am Sonntag nach China und bleibt bis diesen Freitag im Land. Der Konzern spricht von einem „Antrittsbesuch“. Das Programm für seinen fünftägigen Aufenthalt ist straff: Blume traf sich mit den drei chinesischen Joint-Venture-Partnern FAW, JAC und SAIC, aber auch mit Regierungsvertretern.

Neben Peking und Shanghai reiste der VW-Chef daher ins nordchinesische Changchun sowie nach Hefei. Das umstrittene Werk im westchinesischen Xinjiang, für das VW wegen der dortigen Menschenrechtsverstöße gegen die Uiguren scharf kritisiert wird, besucht er nicht. 

Blume auf diplomatischer Mission

Mit seinen Botschaften will Blume vor allem das chinesische Publikum erreichen. Auf seiner Reise sprach der VW-Chef darum ausschließlich mit chinesischen Medien. Blume habe die Beziehungen zwischen China und Deutschland gelobt und hervorgehoben, berichtet die „Global Times“, das englischsprachige Organ der Kommunistischen Partei. Beide Länder hätten eine starke Grundlage für ihre Zusammenarbeit.

In Deutschland war dagegen zuletzt die hohe Abhängigkeit des Konzerns vom chinesischen Markt kritisiert worden. Gerade die politischen Spannungen zwischen China und den USA sind in den vergangenen Monaten gewachsen. Blume sucht den schwierigen Spagat, den Konzern einerseits weltweit ausgeglichener aufzustellen, ohne die chinesischen Partner zu verärgern.

China sei für Volkswagen nach wie vor der „wichtigste Markt“, sagte Blume der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge während seines Besuchs in Changchun. In guten Jahren verkauft der Konzern fast jeden vierten Neuwagen in China. Neben BASF und Mercedes gehört Volkswagen zu den größten europäischen Investoren in China. In den vergangenen vier Jahren gehörte VW immer zu den drei führenden deutschen Unternehmen in China, zeigt eine Studie des Thinktanks Rhodium.

Nach dem Ausbruch der Coronapandemie hatte sich China fast drei Jahre lang weitgehend von der Außenwelt abgeschottet. Wer nach China reisen wollte, musste mehrere Wochen in Quarantäne. Die meisten Unternehmenschefs waren deshalb seit 2020 nicht mehr in der Volksrepublik. Nun ist der Druck groß, sich einen eigenen Eindruck vom Geschäft vor Ort zu verschaffen. 

Der Umgang mit den Uiguren wird international hart kritisiert. VW hat in der Region ein Werk. imago images/ZUMA Wire

Proteste gegen China

Der Umgang mit den Uiguren wird international hart kritisiert. VW hat in der Region ein Werk.

Im November war Bundeskanzler Olaf Scholz mit einer Wirtschaftsdelegation nach China gereist, auch VW-Chef Blume war damals dabei. Da China zu diesem Zeitpunkt noch eine strenge Null-Covid-Politik verfolgte, durften sich die Teilnehmer, darunter die Chefs von BASF, BMW und Siemens, in Peking nur in einer streng von der Außenwelt abgeschotteten „Blase“ bewegen.

Viele Firmenchefs warten mit ihrem Chinabesuch

Nur BASF-Chef Martin Brudermüller war im September vergangenen Jahres für eine Kurzvisite in China. Er erhielt damals für die Einweihung des neuen Werks am Standort Zhanjiang eine Sondererlaubnis. Alle Teilnehmer des Treffens, die in China blieben, mussten im Anschluss in Quarantäne. BASF investiert bis 2030 insgesamt zehn Milliarden Euro an dem neuen Verbundstandort in Südchina.

Anders als Blume halten sich viele Unternehmenslenker trotz der Öffnung derzeit aber noch mit Chinareisen zurück, beobachtet Jens Hildebrandt, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in China (AHK). Als Grund nennt er die unübersichtliche Coronasituation in der Volksrepublik und verweist auf die Reisewarnung des Auswärtigen Amts, aber auch die chinakritischere Stimmung in Deutschland.

Er rechnet ab März mit einer Zunahme der Besuche von Wirtschaftsdelegationen in China. Denn dann trete die neue Regierung an und damit mögliche neue Gesprächspartner für Unternehmen. Anschließend findet das China Development Forum sowie das Wirtschaftsforum in Bo’ao auf Hainan statt. 

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