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03.02.2023

14:46

Autozulieferer

Rettungsaktion für angeschlagenen Autozulieferer: Schmerzhafter Kapitalschnitt bei Leoni

Von: Axel Höpner, Arno Schütze

Der Sanierungsplan für Leoni steht: Die Banken sollen künftig im Krisenkonzern das Sagen haben. Die Anteile der Aktionäre würden stark verwässert.

Der Kabelhersteller will sich finanziell neu aufstellen. dpa

Leoni

Der Kabelhersteller will sich finanziell neu aufstellen.

München Die Aktionäre des angeschlagenen Autozulieferers Leoni müssen sich auf eine massive Verwässerung ihrer Anteile einstellen. „Die laufenden Verhandlungen lassen erwarten, dass es ohne einen Kapitalschnitt der Aktionäre keine Lösung geben wird“, teilte Leoni am Freitag in einer Pflichtmitteilung mit. Ein Teil des zu hohen Schuldenbergs könnte im Zuge eines Kapitalschnitts in Eigenkapital umgewandelt werden. Die Aktie brach um ein Drittel auf zeitweise nur noch 4,00 Euro ein.

Das bisherige Refinanzierungskonzept von Leoni war geplatzt, weil der geplante Verkauf des Kabelgeschäfts in letzter Minute gescheitert war. Es werde nun zu Lösungen kommen müssen, die für alle Beteiligten schmerzhaft seien, sagte der scheidende Leoni-CEO Aldo Kamper im Club Wirtschaftspresse München. Leoni hat weit über einer Milliarde Euro Schulden.

Nach Informationen aus Finanzkreisen könnten die Gläubiger im Zuge eines sogenannten Debt-Equity-Swaps etwa 90 bis 95 Prozent der Anteile übernehmen. Über den grundsätzlichen Plan hatte das Handelsblatt zuvor berichtet.

In der Pflichtmitteilung hieß es: „Es ist aus heutiger Perspektive davon auszugehen, dass Voraussetzung der Refinanzierungslösung eine Kapitalherabsetzung mit einer nachfolgenden Kapitalerhöhung sein wird.“ Die genaue Ausgestaltung sei aber noch offen. Die bisherigen Anteilseigner würden bei Umsetzung der Pläne weitestgehend verwässert.

Leoni hat nach eigenen Angaben Gespräche mit ihrem Großaktionär, der Pierer-Gruppe aufgenommen. Diese habe erklärt, „unter bestimmten Bedingungen einen deutlichen Sanierungsbeitrag im Rahmen der Eigenkapitalzuführung leisten zu wollen“.

Sanierer Ziems führt die Verhandlungen

Leoni-CEO Kamper hatte wenige Tage zuvor überraschend seinen Abschied mitten in der Restrukturierungsphase verkündet. Der Niederländer übernimmt den CEO-Posten beim Sensorik- und Chipkonzern AMS-Osram, für den er vor seinem Wechsel zu Leoni lange gearbeitet hatte.

Das Unternehmen sei nicht führungslos, sagte Kamper. Die Verhandlungen mit den Banken führe ohnehin der Restrukturierungsexperte Hans-Joachim Ziems, der kürzlich in den Vorstand von Leoni zurückgekehrt war.

Kampers Vertrag war erst vor anderthalb Jahren verlängert worden. Das Timing sei „natürlich nicht schön“, sagte der Leoni-CEO. Doch sei die Rückkehr zu Osram, für das er vor seinem Wechsel zu Leoni 22 Jahre gearbeitet hatte, ein zu attraktives Angebot gewesen. „Mein Herz schlägt schon für die Halbleiterei.“ Bei Osram hatte er zuletzt die Chipsparte geführt.

Wesentlicher Teil des Leoni-Refinanzierungskonzepts bis Ende 2025 sollte eigentlich der Verkauf der Kabelsparte Business Group Automotive Cable Solutions an die thailändische Stark Corporation sein.

Die Einheit, die zuletzt rund 1,3 Milliarden Euro Umsatz erzielte, wurde mit knapp 600 Millionen Euro bewertet. Mehr als 400 Millionen Euro sollten Leoni nach Abzug von Finanzverbindlichkeiten und Pensionslasten zufließen. Doch die Thailänder machten kurz vor Vollzug der Transaktion einen Rückzieher.

Kabelgeschäft wird wohl nicht verkauft

Voraussichtlich wird die Sparte nun bei Leoni bleiben. Es habe Vorteile, als Bordnetzspezialist auch eine eigene Kabelsparte zu haben, sagte Kamper. „Wir brauchen jetzt eine belastbare Lösung, die auch ohne einen Verkauf funktioniert.“ Nach Einschätzung im Umfeld der Gläubigerbanken wäre ein Preis, wie ihn Stark gezahlt hätte, im aktuellen Umfeld ohnehin nicht mehr zu erzielen.

Leoni gilt in der Autoindustrie als systemrelevant. Das Unternehmen hatte sich schon vor Corona mit ungezügeltem Wachstum übernommen. Unter Kamper machte das Unternehmen Sanierungsfortschritte. Doch als die Pandemie ausbrach, musste Leonie als eines der ersten Unternehmen in Deutschland Staatshilfe beantragen. Als das Unternehmen nach Kriegsausbruch die Produktion von Kabelbäumen in der Ukraine unterbrechen musste, standen auch die Bänder bei Autobauern zeitweise still. Auch deshalb haben die Banken ein Interesse an einer soliden Lösung für Leoni.

Er sei zuversichtlich, dass Leoni nach Klärung der Schuldenfrage erfolgreich wirtschaften könne, sagte Kamper. „Eine Gesundung von Leoni ist grundsätzlich möglich.“ An der Nachfrage dürfte die Rettung jedenfalls nicht scheitern. Die Geschäftslage der Autoindustrie hat sich im Januar deutlich verbessert, wie das Ifo-Institut am Freitag berichtete. Der entsprechende Indikator stieg deutlich, die Erwartungen für die kommenden Monate waren erstmals seit rund einem halben Jahr wieder positiv.

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