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16.03.2023

10:46

Autozulieferer

ZF präsentiert Rekordaufträge für elektrifizierte Antriebe – Nettogewinn eingebrochen

Von: Martin-W. Buchenau

Während die Autohersteller Rekordgewinne vorlegen, bleibt das Geschäft für die Zulieferer schwierig. ZF will sich deshalb neu aufstellen – und setzt auf eine spezielle Sparte.

Das Geschäft mit Komponenten für Elektroautos wächst.

Produktion bei ZF

Das Geschäft mit Komponenten für Elektroautos wächst.

Stuttgart Die Renditen der Autozulieferer geraten zunehmend unter Druck. Das lässt sich auch an den Zahlen des zweitgrößten deutschen Zulieferers ZF ablesen. Der bereinigte Betriebsgewinn legte im abgelaufenen Geschäftsjahr zwar leicht zu auf zwei Milliarden Euro. Das Ergebnis nach Steuern war mit 376 Millionen Euro aber kaum halb so hoch wie 2021 – trotz eines Umsatzwachstums von 14 Prozent auf 43,8 Milliarden Euro.

Doch ein Drittel dieses Anstiegs ist auf Währungseffekte zurückzuführen. Mit einer Ebit-Marge von 4,7 Prozent dürfte ZF dabei immer noch profitabler unterwegs sein als der große Konkurrent Bosch. Bei den Großabnehmern, den deutschen Autoherstellern, entwickeln sich die Geschäfte besser – allen voran die Rekordergebnisse von BMW und Mercedes. Die Zulieferer gehen schwierigeren Zeiten entgegen.

„Auch wenn wir 2022 mit unserer Strategie weiter vorangekommen sind, können wir mit diesem Finanzergebnis nicht zufrieden sein“, sagte ZF-Chef Holger Klein bei der Bilanzvorlage in Friedrichshafen. Der Manager, der Anfang Januar den Chefposten übernommen hat, will das Unternehmen mit einem „Performance-Programm“ effizienter aufstellen.

Darüber hinaus will das Unternehmen gezielt in ertragsstarke zukunftsweisende Technologien investieren. „Chips sind das neue Zahnrad“, sagte der Chef des mit Getrieben groß gewordenen Unternehmens. In Saarbrücken baut ZF gemeinsam mit Wolfspeed die weltweit größte Chipfabrik für Halbleiter aus Siliziumkarbid, Stromsparchips für die Leistungselektronik künftiger Elektroautos.

Ein weiteres Zukunftsprojekt ist ein intelligenter zentraler Bordcomputer namens „Pro AI“. Klein berichtete hier von bereits 14 Millionen Bestellungen. Diese elektronischen Gehirne des Autos sollen ab dem kommenden Jahr ausgeliefert werden.

Neue Sparte bei Umstrukturierung geplant

Schon heute belaufe sich der Auftragsbestand bis zum Jahr 2030 für E-Antriebe auf mehr als 30 Milliarden Euro, teilte ZF mit. Das sind mehr als fünf Milliarden mehr als zuletzt berichtet. „Es kommt jetzt darauf an, die Aufträge zu industrialisieren“, sagt Klein. Übersetzt heißt das, auch profitabel zu produzieren. Aufgrund der hohen Vorlaufkosten und der noch geringen Stückzahlen verdient bislang kein Autozulieferer Geld mit der Elektromobilität.

Auch strukturell will sich das Stiftungsunternehmen neu aufstellen: Die Sparten Pkw-Fahrwerktechnik und aktive Sicherheitstechnik will ZF zusammenlegen. Geplant sei eine neue Sparte für Fahrwerk-, Lenkungs- und Bremsentechnologie. „Die neue Division bietet mit mehr als 14 Milliarden Euro Umsatz die gesamte Hardware, Software und Elektronik an, um Vertikal-, Längs- und Querdynamik eines Fahrzeugs zu beherrschen“, erläuterte Klein.

Wie viele Beschäftigte dabei vor allem in der Verwaltung eingespart werden, sagte Klein nicht. Auch zur Beschäftigung im Inland machte er keine konkreten Angaben. Bei 25 Werken seien die künftigen Aufgaben geklärt oder unkritisch, bei acht Standorten wohl noch nicht.

Von einigen Sparten mit einem Gesamtumsatz von mehreren Milliarden Euro will sich ZF bis 2024 ganz trennen oder neue Partner suchen. Dazu gehören unter anderem die Division passive Sicherheitstechnik, das konventionelle Pkw-Achsengeschäft, und für das Geschäft mit autonom fahrenden Shuttles wird ein Minderheitsinvestor gesucht.

Free Cashflow bei ZF fast halbiert

Wie stark der Druck auf die Branche ist, zeigt sich bei ZF beispielhaft am bereinigten Free Cashflow, der sich auf 544 Millionen Euro nahezu halbierte. Grund sind unter anderem die hohen Kosten durch Lageraufbau, mit dem die Zulieferer Probleme in der automobilen Lieferkette begegnen.

Die Netto-Verbindlichkeiten stiegen um 300 Millionen Euro auf 10,4 Milliarden Euro. Die hohen Belastungen aus den Milliardenübernahmen von TRW und des Bremsenherstellers Wabco drücken weiter auf die Bilanz. Deshalb gilt die Zinswende als große Herausforderung für ZF, das in den kommenden sechs Jahren acht Milliarden Euro refinanzieren muss.

Noch wichtiger für ZF ist es, dass die an die Rentabilität geknüpften Kreditbedingungen eingehalten werden. Andernfalls können die Banken auch noch niedrig verzinste Kredite kündigen. Die Eigenkapitalquote des Unternehmens liegt aber inzwischen wieder oberhalb der Marke von 20 Prozent. Entlastung bei der Verschuldung sollen auch die geplanten Verkäufe bringen.

Seit 2019 ist die Autoproduktion geschrumpft. Während die Hersteller den Knick kompensieren, indem sie sich auf hochpreisige Produkte konzentrieren, bleibt das Geschäft der Zulieferer durch die historisch hohen Kosten für die Transformation kompliziert. Dennoch rechnet der Stiftungskonzern ZF in diesem Jahr mit leicht besseren Geschäften. Der Umsatz soll auf über 45 Milliarden Euro steigen, die bereinigte Ebit-Marge soll zwischen 4,7 und 5,2 Prozent liegen.

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