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20.12.2022

11:22

Börsenmäntel

Möglicher Spac-Deal: Medizintechnikhersteller Croma führt Gespräche mit EHC

Von: Arno Schütze

Der vor gut einem Jahr gestartete Spac der Ex-Chefs von McKinsey, Merck und Qiagen hat ein Übernahmeziel gefunden. Es wäre ein Lebenszeichen im deutlich abgekühlten Markt mit Börsenmänteln.

Das österreichische Unternehmen bietet Faltenspritzen und andere Produkte für Hautverjüngung an. Croma

Croma-Zentrale in Leobendorf

Das österreichische Unternehmen bietet Faltenspritzen und andere Produkte für Hautverjüngung an.

Frankfurt Im stark abgekühlten Markt für Börsengänge über sogenannte Spacs („Special Purpose Acquisition Companies“) deutet sich Bewegung an. So ist seit gut einem Jahr die European Healthcare Acquisition & Growth Company (EHC) öffentlich gelistet. Nun befindet sich die Firma hinter der leeren Börsenhülle Finanzkreisen zufolge in Übernahmegesprächen mit der österreichischen Medizintechnikfirma Croma.

EHC prüfe bereits die Bücher des Herstellers von Hyaluronsäure-Spritzen, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen. Das Familienunternehmen, das sein Geld unter anderem in der Schönheitsbranche mit Faltenbekämpfung verdient, könnte dabei mit bis zu 800 Millionen Euro bewertet werden, hieß es. EHC lehnte eine Stellungnahme ab, Croma war zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Ein erfolgreicher Deal wäre ein Lebenszeichen für den Spac-Markt. Solche Vehikel sind leere Mantelgesellschaften ohne operativen Inhalt, von denen in den vergangenen zwei Jahren eine große Zahl an die Börsen ging. Dahinter steckte die Hoffnung, später mit einem nicht börsennotierten Unternehmen zu fusionieren und dieser Firma damit quasi durch die Hintertür ein Listing zu verschaffen.

Schwieriges Marktumfeld für Spacs

Am Markt für Börsengänge (IPOs) von Spacs und Fusionen von Spacs mit Unternehmen (sogenannte De-Spac-Transaktionen) folgte auf die anfängliche Euphorie zuletzt wenig. Im Jahr 2021 gingen weltweit noch 613 Spacs an die Börse, die meisten davon in den USA. Sie sammelten nach Zählung des Datenanbieters Spac Analytics insgesamt 162 Milliarden Dollar Kapital ein. Dieses Jahr gab es nur mehr 83 Spac-IPOs, mit Erlösen von zusammen 13 Milliarden Dollar.

Gleichzeitig sind 382 Spacs weiterhin auf der Suche nach Übernahmezielen, während 188 Spacs mangels Erfolg bereits aufgelöst wurden. Investoren bekommen in diesen Fällen ihr Geld zurück, während die sogenannten Sponsoren, die den Spac aufgesetzt hatten, auf ihren Kosten sitzen bleiben.

Grafik

Während Anfang 2021 Investoren Schlange standen, um in Spacs zu investieren und an künftigen Wachstumserfolgen von Technologiefirmen teilzuhaben, erscheint vielen eine solche Geldanlage mittlerweile als zu riskant. Investoren ziehen in großer Zahl Kapital aus den Spacs ab, zuletzt lagen diese Rückforderungen regelmäßig bei 90 Prozent und mehr.

Diese Rückzieher sind ein vertragliches Recht, etwa wenn den Investoren das ausgesuchte Übernahmeziel nicht gefällt. In der Hochphase der Spac-Deals wurde zudem der größte Teil des für die Übernahme nötigen Kapitals im Zuge von „Pipe“ genannten Kapitalerhöhungen eingesammelt. Auch dafür können sich derzeit nur wenige Investoren begeistern.

Die Fusionsgespräche von EHC und Croma finden also in einem schwierigen Umfeld statt. EHC hatte bei seinem Debüt im November 2021 200 Millionen Euro Eigenkapital eingesammelt. Wie viele Investoren bei dem Croma-Deal am Ende drinbleiben, ist unklar. Finanzkreisen zufolge will EHC auf die Pipe-Kapitalerhöhung verzichten.

Gruppe aus Ex-Managern von McKinsey, Qiagen und Gerresheimer

Croma mit Sitz im österreichischen Leobendorf bietet Faltenspritzen und andere Produkte für Hautverjüngung (Lifting) an. Das 1976 vom Apotheker-Ehepaar Karin und Gerhard Prinz gegründete Unternehmen erwartet Finanzkreisen zufolge für 2023 ein Betriebsergebnis von gut 40 Millionen Euro und könnte bei einem Deal mit dem 15-20-Fachen davon, also bis zu 800 Millionen bewertet werden, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person.

Croma beschäftigt 450 Mitarbeiter. Im Oktober hatte die Firma den ehemaligen Polytec-Manager Peter Haidenek als Finanzchef in den Vorstand berufen, in dem ansonsten mit Gerhard Prinz und seinen Söhnen Andreas und Martin nur Vertreter der Gründerfamilie sitzen.

Für den EHC-Spac hatte CEO Cornelius Baur, ehemaliger Deutschlandchef von McKinsey, eine illustre Gruppe zusammengebracht: Mit an Bord sind neben ihm der frühere Chef des Darmstädter Pharmakonzerns Merck, Stefan Oschmann, der langjährige Qiagen-CEO Peer Schatz und Axel Herberg, einst Vorstandschef des Healthcare-Zulieferers Gerresheimer. Chairman ist der ehemalige Burda-Vorstand Stefan Winners.

Bei der Auflage des Spac hatte Baur die Devise ausgegeben, binnen zwei Jahren einen Minderheitsanteil an einem privat geführten Pharmaunternehmen mit einer Bewertung von ein bis zwei Milliarden Euro zu übernehmen. Nach der Fusion beider Firmen soll daraus ein Global Player werden, indem der Firma Eigenkapital zur Verfügung gestellt wird, das sie für die Expansion nutzen kann. Baur, Schatz und Oschmann wollten die Firma zudem bei der internationalen Expansion beraten.

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