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10.01.2023

15:53

Dax-Konzern

Bayer erhöht Prognose und vertraut auf Pharma-Wachstum – Aktienkurs legt kräftig zu

Von: Siegfried Hofmann

Der Konzern sieht nun mehr als zwölf Milliarden Euro Umsatzpotenzial für seine wichtigsten Neuentwicklungen. Angesichts mehrerer Patentabläufe kommt die Zuversicht zur rechten Zeit.

Der Dax-Konzern erwartet langfristig stärkeres Wachstum von der Pharmasparte. dpa

Bayer Leverkusen

Der Dax-Konzern erwartet langfristig stärkeres Wachstum von der Pharmasparte.

Frankfurt Bayer traut seiner Pharmasparte langfristig stärkeres Wachstum zu als bisher von vielen externen Beobachtern unterstellt. Der Dax-Konzern hat nun die Umsatzprognose für seine zuletzt neu eingeführten Medikamente und Top-Entwicklungsprojekte nahezu verdoppelt. Bayer stellt nun einen Spitzenumsatz von zusammen mehr zwölf Milliarden Euro in Aussicht.

Entsprechende Zahlen präsentierte Spartenchef und Vorstandsmitglied Stefan Oelrich am Dienstag auf einer Healthcare-Konferenz der Investmentbank JP Morgan in San Francisco. Der Leverkusener Konzern beweist damit starke Zuversicht, die nahenden Patentabläufe der bisherigen Spitzenprodukte Xarelto und Eylea besser bewältigen zu können als befürchtet.

An der Börse kamen die Neuigkeiten gut an. Die Bayer-Aktie stieg am Nachmittag um 4,6 Prozent auf 54,20 Euro und lag damit an der Spitze des Dax.

Zusätzliche Milliarden aus der Gentherapie in Aussicht

Das wachsende Selbstvertrauen des Managements gründet sich dabei zum einen auf der erfolgreichen Markteinführung des Krebsmittels Nubeqa und des Nierenmedikaments Kerendia, für die Bayer jetzt jeweils mehr als drei Milliarden Euro Umsatzpotenzial sieht.

Zum anderen geht der Dax-Konzern davon aus, dass man mit dem noch in klinischer Entwicklung befindlichen Gerinnungshemmer Asundexian in einigen Jahren ein erfolgreiches Nachfolgeprodukt für den aktuellen Bestseller Xarelto einführen kann. Für Asundexian, das bisher in den Prognosen des Konzerns noch gar nicht enthalten war, kalkuliert der Konzern mit einem potenziellen Spitzenumsatz von mehr als fünf Milliarden Euro.

Die erfolgreichen Markteinführungen von Nubeqa und Kerendia sowie die vielversprechenden Produktkandidaten in der späten Entwicklungsphase spiegelten das Engagement von Bayer wider, Patienten innovative Medikamente zur Verfügung zu stellen, erklärte Oelrich. „Dabei wird das zukünftige Umsatzwachstumspotenzial in den nächsten Jahren erheblich zunehmen.“

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Zusätzliche Umsätze in Milliardenhöhe könnten mittelfristig Produkte aus der Zell- und Gentherapieforschung generieren, die Bayer in den vergangenen Jahren durch diverse Zukäufe und Allianzen aufgebaut hat. Diese Projekte befinden sich allerdings durchweg noch in einem frühen Forschungsstadium.

Für Asundexian dagegen hat Bayer inzwischen eine große Phase-3-Studie aufgenommen, die die Wirksamkeit und Sicherheit des Medikaments an insgesamt 30.000 Patienten überprüfen soll. Oelrich sieht Bayer damit mit deutlichem Vorsprung gegenüber dem Hauptkonkurrenten Bristol-Myers Squibb (BMS), der ebenfalls an einem Faktor-XIa-Blocker arbeitet.

Stärkere Ausrichtung auf den US-Markt

Er geht davon aus, dass man im Erfolgsfall mit Asundexian 2025 oder 2026 ins Zulassungsverfahren gehen könnte. Der Wirkstoff, der den Gerinnungsfaktor XIa blockiert, soll primär zur Schlaganfall-Prophylaxe eingesetzt werden, dabei aber mit einem deutlich geringeren Blutungsrisiko einhergehen als bisher etablierte Medikamente wie Xarelto und Eliquis.

Mindestens eine Milliarde Euro Spitzenumsatz erhofft sich der Konzern ferner vom Wirkstoff Elinzanetant, einem potenziellen Medikament gegen Wechseljahresbeschwerden. Elinzanetant befindet sich ebenfalls in einer zulassungsrelevanten Phase 3 der klinischen Tests.

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Dieses Projekt hatte Bayer 2020 zusammen mit der britischen Firma Kandy erworben. Deutlich positive Effekte erhofft sich Bayer ferner von einer höher dosierten und dadurch länger wirkenden Version des Augenmedikaments Eylea. Die Effekte des Patentablaufs, so die Erwartung, könnten damit zumindest abgefedert werden.

Als besonderen Erfolg wertet Oelrich die erfolgreiche Markteinführung des Nierenmedikaments Kerendia auf dem US-Mark. Dort war Bayer bisher mit eigenen Herz-Kreislauf-Mitteln nicht vertreten. Den Vertrieb von Xarelto musste man vielmehr dem US-Konzern Johnson & Johnson überlassen. Mit Kerendia sei nun eine der bisher stärksten Markteinführungen in den USA gelungen, so Oelrich.

Künftig will Bayer sein Geschäft und auch die Forschungsstrategie generell stärker auf den US-Markt ausrichten und dort alle Produkte selbst vermarkten. Auch das soll die längerfristigen Perspektiven für die Sparte deutlich stärken.

Erst mal eine Schwächephase

Für Oelrich und das Bayer-Management geht es mit den neuen Prognosen vor allem darum, Investoren vom Zukunftspotenzial der Bayer-Pharmasparte zu überzeugen. Zweifel daran werden immer wieder durch den nahenden Patentablauf bei den Top-Produkten Xarelto und Eylea genährt, die aktuell etwa 40 Prozent zum Gesamtumsatz der Sparte von derzeit knapp 20 Milliarden Euro beitragen.

Bayers Forschungsstrategie hatte im vergangenen Jahrzehnt insgesamt nur mäßigen Erfolg. Von 50 klinischen Entwicklungsprojekten, die Oelrich bei seinem Antritt als neuer Spartenchef Ende 2018 in der Bayer-Pipeline vorfand, sind 34 seither gescheitert – darunter Wirkstoffe gegen Gebärmutterverwachsungen, Blutarmut, Hämophilie, chronischen Husten sowie zahlreiche Onkologie-Projekte.

Praktisch alle Phase-2-Projekte entpuppten sich als Flop. Und mehrere Neuentwicklungen, die eine Zulassung erreichten, entwickelten sich kommerziell zum Teil enttäuschend, etwa das Krebsmedikament Copanlisib.

Oelrich räumt dabei ein, dass die Sparte eine Schwächephase vor sich hat. „Die nächsten drei Jahre sind sicherlich kein Zuckerschlecken für uns“, sagte er. Die Patente auf Xarelto sind inzwischen in den ersten Ländern ausgelaufen, weitere werden in den nächsten Jahren folgen. Zudem verstärkt sich im bisherigen Hauptmarkt Europa der Preisdruck von Seiten der Gesundheitspolitik.

Die in den vergangenen Jahren vollzogene Neuordnung der Forschung und die stärkere Ausrichtung auf grundlegende Innovationen werden jedoch nach Erwartung des Bayer-Managers vor allem in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts für stärkeres Wachstum sorgen.

Mit der Neuausrichtung der Forschung baue man ein langfristiges Innovationssystem auf, das verstärkt echte Durchbruchsinnovationen ermögliche, so Oelrich. Insgesamt investierte Bayer in den vergangenen Jahren rund sieben Milliarden Euro in Zukäufe und neue Allianzen im Pharmabereich.

Schwerpunkte bildeten dabei die Übernahme des Gentherapie-Spezialisten Ask Bio und der Zelltherapiefirma Blue Rock. Sechs Produkte, die aus der neuen Forschungsplattform hervorgegangen sind, befinden sich inzwischen in Phase 1 der klinischen Tests, darunter neuartige Gen- und Zelltherapien gegen Parkinson und Herzschwäche.

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