Der weltgrößte Lastwagenbauer kauft zehn Prozent der Anteile des Maschinenbauers. Zusammen wollen die Firmen in Mannheim Batteriezellen und Akkus fertigen.
Elektro-Lkw von Daimler Truck
Der Dax-Konzern plant, bis Ende des Jahrzehnts mehr als die Hälfte seiner Lastwagen mit elektrischen Antrieben zu verkaufen.
Bild: dpa
München In Baden-Württemberg entsteht ein neues Bündnis mit Signalwirkung. Daimler Truck, der weltgrößte Hersteller von schweren Lastwagen und Bussen, sichert sich für fast 31 Millionen Euro rund zehn Prozent der Anteile am schwäbischen Maschinenbauer Manz. Das teilten beide Konzerne am Montag mit und kündigten an, künftig als strategische Partner bei Batteriesystemen zusammenzuarbeiten.
Insbesondere für Manz mit einem Jahresumsatz von 228 Millionen Euro ist der Deal mit dem 40 Milliarden Euro schweren Nutzfahrzeugriesen eine große Sache. Die Aktie des Reutlinger Unternehmens schoss am Montag zwischenzeitlich um rund 20 Prozent in die Höhe; die Papiere von Daimler Truck legten um etwa 1,5 Prozent zu. Doch auch für den Lastwagenbauer ist die Kooperation mit dem vergleichsweise kleinen Hersteller von Produktionsanlagen für Batteriezellen und komplette Akkus von beachtlichem Wert.
„Um batterieelektrischen Transport wirtschaftlich zu realisieren, ist es genauso wichtig, den richtigen Partner in der Zelltechnologie zu haben wie im Anlagenbau. Beides ist nach vorn differenzierend“, sagt Andreas Gorbach, Technologievorstand von Daimler Truck, dem Handelsblatt. Bei Batteriezellen paktieren die Schwaben mit dem chinesischen Branchenprimus CATL, bei den Produktionsmaschinen künftig mit Manz.
Dass Daimler Truck sich entschieden hat, auch als Ankeraktionär bei dem Maschinenbauer einzusteigen, hat vor allem einen strategischen Grund. Der Lkw-Hersteller, der sich im vergangenen Dezember vom Autobauer Mercedes-Benz abgespalten hat, will offenbar verhindern, dass ein Wettbewerber aus der Fahrzeugindustrie das Know-how von Manz exklusiv an sich bindet.
Als abschreckendes Beispiel gilt Grohmann: Nachdem Tesla den deutschen Autozulieferer 2017 schluckte, stellte die Firma ihr Geschäft mit Drittkunden weitgehend ein. VW, Mercedes und BMW mussten sich einen neuen Partner suchen. Bei Manz sorgt Daimler Truck nun vor, um einen ähnlichen Fall auszuschließen.
Technologisch gilt Manz als gut aufgestellt. Das Unternehmen, das ursprünglich vor allem in der Photovoltaikindustrie aktiv war, musste in der Vergangenheit aber immer wieder große Schwankungen im Geschäft verkraften. So etwa, als der Solarboom einbrach und das den Spezialanlagenbauer im Kerngeschäft in eine tiefe Krise stürzte.
Finanziell angeschlagen musste der Mittelständler 2016 mit der Shanghai Electric Group einen staatlichen Partner aus China an Bord holen, der rund 20 Prozent der Anteile hält. Mit den Chinesen gelang der Umschwung auf die Batterietechnologie. Gründer Dieter Manz besitzt noch 25,01 Prozent an dem Unternehmen.
Daimler und Manz wollen nun ihr Know-how bündeln, um eine hocheffiziente Produktion von Batteriezellen und Akkus für Lkw und Busse zu entwickeln. „Die Partnerschaft zwischen Daimler Truck und Manz bildet einen wesentlichen Grundstein unserer Batteriestrategie“, erklärt Daimler-Vorstand Gorbach. Sein Konzern habe den Anspruch, Innovationsführer bei vollelektrischen Sattelscheppern zu sein.
„Dafür ist es elementar, über Batteriezellen zu verfügen, die den äußerst speziellen Anforderungen in Lastkraftwagen und Bussen gerecht werden“, sagte Gorbach. Notwendige Voraussetzung dafür sei eine sehr enge Verzahnung der Produktentwicklung und der Entwicklung von Produktionsprozessen.
Konkret soll Manz für Daimler Truck in dessen Mannheimer Werk eine Pilotlinie zur Produktion von Batteriezellen und zur Montage kompletter Akkupakte hochziehen. Daimler Truck will dort eigene Lithium-Ionen-Zellen entwickeln und in Kleinserie fertigen. Über 60 neue Anlagen sollen dafür in den kommenden Monaten auf einem rund 10.000 Quadratmeter großen Areal aufgebaut werden.
>> Lesen Sie auch: VW-Tochter MAN setzt auf reinelektrische Lkw auf der Langstrecke
Im „Innovationslaboratorium“ in Mannheim will Daimler Truck wichtige Erkenntnisse darüber gewinnen, welche Zellchemie künftig am besten dafür geeignet ist, die bis zu 40 Tonnen schweren Nutzfahrzeuge des Unternehmens zu elektrifizieren. Der Dax-Konzern mit Sitz in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart plant, bis Ende des Jahrzehnts mehr als die Hälfte seiner Lastwagen mit elektrischen Antrieben zu verkaufen, also mit Batterie oder Brennstoffzelle.
Gleichzeitig sollen die Kapazitäten bei klassischen Dieselmotoren sukzessive schrumpfen. Die Produktion mittelschwerer Aggregate wird beispielsweise bis 2026 an den US-Spezialisten Cummins ausgelagert. Gerade an den drei deutschen Powertrain-Standorten von Daimler Truck in Mannheim, Gaggenau und Kassel herrscht folglich große Nervosität. Ohne die Montage wesentlicher Komponenten für Elektrotrucks – von den Achsen, über die Elektromotoren bis hin zu Batteriesystemen – dürften die 14.000 Jobs vor Ort nicht zu halten sein.
Weitere Kooperationen von Autoherstellern mit Anlagenbauern beim Thema Batteriefertigung bahnen sich an. So lotet der Volkswagen-Konzern mit der Industrietechniksparte von Bosch eine Zusammenarbeit für den Aufbau integrierter Batterieproduktionssystemen aus. Bosch und VW hatten zu Jahresbeginn angekündigt, gemeinsam bei der Ausrüstung von Batteriezellfabriken führend sein zu wollen.
Es geht um die Ausrüstung der sechs von Volkswagen geplanten großen Zellfabriken. Bosch, der weltgrößte Autozulieferer, hatte es noch 2018 wegen der zu hohen finanziellen Risiken abgelehnt, eigene Batteriezellfabriken zu bauen und zu betreiben. Seither hat sich das Bild gewandelt. Autohersteller sind offensichtlich bereit, die finanziellen Risiken maßgeblich zu übernehmen.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×
Kommentare (1)