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03.06.2022

15:42

Elektromobilität

„Superschlechtes Gefühl“ – Tesla-Chef Musk will offenbar mehr als 10.000 Stellen streichen

Von: Thomas Jahn

Der Chef des E-Autobauers fürchtet einen Konjunktureinbruch und kündigt drastische Einschnitte an. In Deutschland wird bislang weiter eingestellt – aber wie lange noch?

Schlechtes Gefühl beim Blick auf die Konjunktur. dpa

Elon Musk

Schlechtes Gefühl beim Blick auf die Konjunktur.

Düsseldorf Tesla-Chef Elon Musk will offenbar Neueinstellungen stoppen und jeden zehnten Job streichen. Das kündigte er in einer internen E-Mail an, aus der die Nachrichtenagentur Reuters am Freitag zitiert. Der Elektroautohersteller beschäftigt derzeit mehr als 100.000 Mitarbeiter, davon auch einige Tausend in Deutschland.

Die mögliche Entlassungswelle begründet der 50-Jährige mit einem „superschlechten Gefühl“ für die weitere Wirtschaftsentwicklung. Die Aktie von Tesla verlor am Freitag zum Börsenstart mehr als sechs Prozent.

Die E-Mail trug die Betreffzeile „Weltweiter Einstellungsstopp“. Damit wäre auch das Werk in Grünheide betroffen. Dort arbeiten bereits rund 4000 Menschen, wie das brandenburgische Wirtschaftsministerium vor wenigen Wochen mitteilte. Das Unternehmen reagierte auf eine Anfrage bisher nicht.

Allerdings will Tesla die Produktion in Grünheide stark ausbauen, bislang wird beispielsweise nur im Ein-Schicht-Betrieb gearbeitet. In diesen Wochen soll eine zweite Schicht eingeführt werden. Bis zum Jahresende wollte Tesla in Grünheide nach bisherigen Planungen 12.000 Mitarbeiter beschäftigen.

Der von Musk angekündigte Einstellungsstopp hat sich bislang nicht auf den deutschen Standort ausgewirkt. Das Unternehmen hat für Grünheide immer noch 530 Stellen ausgeschrieben. Zum Vergleich: Im März 2021 waren es nur 350.

Die für das Werk zuständige Arbeitsagentur Frankfurt/Oder erklärte auf Anfrage, bislang keine Ankündigung eines Einstellungsstopps erhalten zu haben. „Diese Nachricht ist uns nicht bekannt“, sagte Jochem Freyer, Chef der dortigen Arbeitsagentur. Bisher habe man rund 1000 Menschen an Tesla vermittelt.

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Die Gründe für den möglichen Stellenabbau sind sicherlich in der schwierigen Lage der Weltwirtschaft zu finden. Allerdings kommt es bei Tesla regelmäßig zu Kündigungswellen. So entließ Musk im Juni 2018 rund neun Prozent der Mitarbeiter, wenige Monate später waren es sieben Prozent. Auch da sprach Musk von „schwierigen Zeiten, die vor uns liegen“.

Tesla hat 2021 fast 30.000 Menschen eingestellt

Ehemalige Tesla-Mitarbeiter sprechen von „Säuberungen“. Musk will die von ihm geschaffene Unternehmenskultur der flachen Hierarchien, schnellen Entscheidungen und des starken Leistungsdenkens beibehalten. Auf die Auswahl von Mitarbeitern legt der Unternehmer großen Wert; er interviewte anfangs jeden Bewerber persönlich.

„Wir evaluieren die Notwendigkeit jeder Position“, beschrieb Musk 2018 den Prozess, welche Arbeitsplätze abgebaut werden. „Dabei bewerten wir die speziellen Fertigkeiten und Fähigkeiten von jedem einzelnen Mitarbeiter im Unternehmen.“

Mit der steigenden Größe von Tesla wurde das unmöglich. So stellte der Autobauer im vergangenen Jahr knapp 30.000 Mitarbeiter ein, unter anderem für neue Fabriken in China, den USA und Deutschland. Der Zuwachs von 40 Prozent in einem Jahr ist für ein relativ junges Unternehmen wie Tesla sehr groß.


Grafik

Auch 2018 hatte Tesla sehr viele Mitarbeiter auf einmal eingestellt, Musk sprach von einer Zunahme von 30 Prozent. Tesla fuhr damals die Produktion des Model 3 hoch. Das Fahrzeug war im Vergleich zu den Oberklasseautos Model S oder X deutlich preiswerter, Tesla ging damit den ersten Schritt in Richtung Massenmarkt.

Die Kalifornier hatten eigentlich geplant, die Produktion deutlich auszubauen. Das Model Y, das auch in Grünheide gebaut wird, ist sehr beliebt: Auf bestimmte Modellvarianten des Mittelklasse-Crossovers müssen Kunden bis zu einem Jahr warten. Entsprechend fährt das Unternehmen neue Fabriken in Deutschland und den USA hoch. Laut Musk sollen dieses Jahr mehr als 1,5 Millionen Fahrzeuge ausgeliefert werden – eine Steigerung um mehr als 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Tesla verbietet das Homeoffice

In den Jahren 2018 und 2019 war Tesla gezwungen, Mitarbeiter zu entlassen. Das Unternehmen gab damals ungefähr eine Milliarde Dollar pro Quartal an Cash aus. Entsprechend lobten Analysten seinerzeit den Schritt. „Sie können nicht Geld verbrennen, wie sie wollen“, sagte beispielsweise Michael Ramsey, Analyst von Morningstar.

Heute steht Tesla ganz anders da. Das Unternehmen arbeitet seit einiger Zeit profitabel, allein im jüngsten Quartal verdiente der Elektroautohersteller mehr als fünf Milliarden Dollar. Entsprechend reagieren die Anleger weniger euphorisch – sie fürchten, dass die Entlassungen Vorboten eines schwächeren Umsatzes und Gewinns sind.

Am Mittwoch hatte Musk bereits den Druck auf die Mitarbeiter erhöht, als er ihnen das Homeoffice untersagte. „Wenn jemand nicht erscheint, müssen wir davon ausgehen, dass diese Person das Unternehmen verlassen hat“, hieß es in dem Schreiben ohne freundliche Anrede mit der Betreffzeile „um superklar zu sein“.

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