Eine Milliarde Dollar Investition: JB Straubel sucht mit seiner Firma Redwood die Nähe zu deutschen Autokonzernen. Doch wegen der hohen Energiepreise könnte Skandinavien das Rennen machen.
JB Straubel
Der ehemalige Tesla-Manager treibt das kommerzielle Recycling von Batterien voran.
Bild: Bloomberg via Getty Images
New York Nach Elon Musk könnte bald einer seiner langjährigen Weggefährten in Deutschland investieren. JB Straubel, der fünfte Angestellte von Tesla und langjähriger Technologiechef, prüft mit seinem auf Batterierecycling spezialisierten Start-up Redwood Materials den Aufbau einer Fertigung in Europa. Ein deutscher Standort zählt zu den Favoriten, wie das Handelsblatt von drei mit den Vorgängen vertrauten Personen erfahren hat.
Investitionsvolumen: rund eine Milliarde Dollar. Für Deutschland hätte die Investition zudem Symbolkraft. Batterierecycling gilt für den langfristigen Erfolg der Elektromobilität als entscheidend und Redwood als einer der Vorreiter. Volkswagen hatte zuletzt schon eine Partnerschaft mit der Firma in den USA vereinbart.
Das Investment könnte jedoch an den hohen Energiekosten in Deutschland scheitern. Deshalb könnte es auch noch auf einen skandinavischen Standort hinauslaufen, wie es in den Kreisen heißt. Der Recyclingprozess ist sehr energieintensiv. Pro Jahr könnten die höheren Strompreise in Deutschland einen neun- bis zehnstelligen Betrag an zusätzlichen Kosten verursachen.
„Die Energiekosten sind ein großes Thema für viele investitionswillige Unternehmen“, sagt Stefan Di Bitonto, Automobilexperte bei Germany Trade and Invest (GTAI), die zahlreiche Unternehmen betreut, die eine Investition in Deutschland erwägen.
Der Standortexperte berichtet von hohem „Druck im Kessel“, erst vor Kurzem hätte eine von GTAI betreute Firma ein Investitionsprojekt hierzulande wegen der hohen Energiekosten abgeblasen.
Straubel hatte Anfang des Jahres den Bau von mindestens zwei Fabriken für Recycling und Batteriematerialproduktion in Europa angekündigt. Die Anlagen sollten möglichst in der Nähe bestehender Auto- und Batteriefabriken gebaut werden, sagte er dem „Spiegel“ und nannte neben Skandinavien, Großbritannien und Osteuropa auch Deutschland als Option.
Redwood will nach aktuellem Plan in diesem Herbst entscheiden. Laut den Insidern, die anonym bleiben wollen, hat sich die Suche inzwischen deutlich verengt.
Favoriten sind ein Standort in Skandinavien, zum Beispiel in Mittel- oder Nordschweden, sowie der Nordosten Deutschlands. Die Windkraftkapazitäten in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und in Richtung Sachsen machten die Bundesländer attraktiv. Auch liegen Autowerke wie von Volkswagen in Wolfsburg oder von Tesla in Grünheide bei Berlin in der Nähe. Hinzu kommen neue Batteriewerke von CATL bei Erfurt oder Northvolt in Schleswig-Holstein.
Das Recycling von Batteriematerialien ist jedoch besonders energieintensiv, die Stromkosten in Deutschland liegen deutlich höher als etwa in Schweden. Die Energiepreise werden von Unternehmen schon lange als Wettbewerbsnachteil genannt. Seit dem Ukrainekrieg und dem Gaslieferstopp aus Russland ist die Differenz zu Skandinavien noch größer geworden.
Redwood lehnte auf Handelsblatt-Anfrage einen Kommentar zum Suchprozess ab.
Die Reduktion des CO2-Fußabdrucks ist Straubel besonders wichtig und Teil der Firmenphilosophie. Mit Blick auf die Photovoltaikkapazität wurde zunächst auch ein Standort in Spanien diskutiert. Frankreich fiel wegen des hohen Atomkraftanteils durch, Polen wegen der Kohleverstromung.
Windkraft gebe es im Nordosten Deutschlands, auch seien hier die staatlichen Ebenen sehr unterstützend aufgetreten, heißt es von den Insidern. Das Problem sei jedoch: Im Vergleich zu dem durch Wasserkraft erzeugten Strom in Norwegen sowie in Mittel- und Nordschweden ist der Strom in Deutschland sehr teuer.
Die Energiekosten-Thematik treibe Redwood um, bestätigen die drei mit der Suche vertrauten Personen übereinstimmend. Nachteil an Skandinavien sei, dass sich die dortige Politik der eigenen guten Position sehr bewusst sei – und daher ihre Förderung heruntergefahren habe.
Recycling bei Redwood Materials
Für VW Nordamerika ist das US-Unternehmen der einzige Recycling-Partner.
Bild: Redwood Materials
Dagegen fehle es in Deutschland an Zusagen, den Strompreis in einen wettbewerbsfähigen Rahmen zu bringen. Es gehe schließlich nicht um Kosten von zehn Prozent mehr oder weniger, sondern um Strompreise, die teils um den Faktor fünf auseinandergingen. „Da ist die Entscheidung objektiv ganz klar“, so ein Insider.
Der Spielraum von Redwood ist begrenzt. Der Markt für Batterierecycling ist umkämpft. So hat zuletzt der deutsche Kupferkonzern Aurubis in Augusta, Georgia, den Aufbau eines 320 Millionen Dollar teuren Werks bis 2024 angekündigt. In Europa dürften bald Rohstoffriesen wie Glencore und Umicore sowie spezialisierte Unternehmen mit neuen Verfahren in den Markt drängen, sagen die Experten der Beratung Arthur D. Little voraus.
Redwood hat bereits ein kleines Büro in Mannheim aufgebaut. Geführt wird das Team von Dirk Demuth, seit Jahresbeginn Senior Vizepräsident für das Europageschäft. Der promovierte Materialwissenschaftler hat unter anderem das Geschäft mit Autoabgas-Katalysatoren von BASF geleitet und soll in den kommenden Jahren die europäische Expansion vorantreiben.
Als erstes Projekt solle ein Recyclingwerk aufgebaut werden, heißt es von Insidern. Redwood wolle sich dabei zunächst der Batterie-Anodenseite widmen und den nötigen Kupferfolien.
Laut mehreren Insidern befindet sich das Unternehmen in detaillierten Standortgesprächen und erstellt derzeit die finalen Kostenschätzungen. Im Anschluss solle der Genehmigungsprozess gestartet und die abschließende Standortentscheidung gefällt werden. Eine große Rolle spiele dabei, ob es eine Zusage für eine Zusammenarbeit durch einen Kunden, etwa einen Autohersteller oder einen Batterieproduzenten, gibt.
Batterierecycling bei VW
Bislang betreibt der Konzern nur eigene Versuchsanlagen.
Gesammelt werden könnten die Altbatterien am Standort der Kunden in einem Zwischenlager. Im Anschluss sollen sie per Lkw zur Recyclingfabrik transportiert werden. Insofern wären kurze Wege vorteilhaft. „Die Batterien in Elektroautos sind schwer, heute bringt eine Batterie mit 93 kWh Leistung mehr als 600 Kilo auf die Waage. Zum Vergleich: Der erste VW Golf wog nur 150 Kilo mehr“, sagt Christian Koenig, der in Atlanta eine Beratung für Elektromobilität führt. Kurze Transportwege spielten daher eine wichtige Rolle, zugleich seien aber die Energiekosten beim Recycling ein nicht zu unterschätzender Faktor.
Redwood hätte mit Tesla in Grünheide einen potenziellen Partner, dem man seit vielen Jahren verbunden ist. Ein weiterer möglicher Partner ist Volkswagen. Das Thema Recycling sei relevant, sagte VW-Technologievorstand Thomas Schmall vor Kurzem im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Das Ziel ist ein geschlossener Wertstoffkreislauf“, so Schmall. Auf dem Weg dahin gehe es vor allem darum, die Qualität des recycelten Materials sicherzustellen.
Dafür hat VW in Salzgitter eine eigene Anlage aufgebaut. Man arbeite aber auch mit externen Experten zusammen, heißt es in Wolfsburg. Sollte Redwood wettbewerbsfähig sein, könnte man auch in Europa kooperieren.
Auch bei der deutsch-amerikanischen Handelskammer ist man sich des Problems der hohen Strompreise in Deutschland bewusst. Aber das sei nicht alles. „Natürlich beeinflussen im internationalen Vergleich hohe Energiepreise die Attraktivität von Wirtschaftsstandorten“, sagt Präsidentin Simone Menne. „Sie sind aber nur ein Faktor von vielen für Standortentscheidungen. Dazu gehören auch in Krisenzeiten nachhaltige und verlässliche Rahmenbedingungen sowie schnelle Entscheidungsprozesse.“
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