Die Deutschlandchefin des Konzerns sieht im Kampf gegen die Pandemie Chancen für Signify. Das Unternehmen will zudem Tausende Luftreiniger verkaufen.
Rada Rodriguez
Bild: Signify
München Die Corona-Pandemie hat den Trend zum Homeoffice deutlich beschleunigt. Das könnten auch die Büro-Ausrüster zu spüren bekommen. Die neue Deutschlandchefin des Licht-Weltmarktführers Signify, Rada Rodriguez, glaubt aber nicht, dass das ihrer Branche nachhaltig schaden wird.
„Die Flächen werden ja umgebaut, sie stehen in den Städten nicht leer“, sagte Rodriguez dem Handelsblatt. Es gebe zudem in Sachen Energieeffizienz und CO2-Bilanz in den Gebäuden im Kampf gegen den Klimawandel noch viel Nachholbedarf. „Das ist ein Riesenmarkt.“
Die Lichtbranche – und insbesondere der Weltmarktführer – werde sich daher schneller von der Pandemie erholen als andere Sektoren. Hierzulande sei das Potenzial besonders groß. „In Deutschland gibt es für Signify das Potenzial für zweistellige Wachstumsraten.“
Im Coronajahr 2020 waren die Erlöse von Signify auf vergleichbarer Basis um gut zwölf Prozent auf 6,5 Milliarden Euro gesunken. Der Start ins neue Jahr ist aber gut gelungen, im ersten Halbjahr stiegen die Erlöse wieder um vergleichbar gut acht Prozent auf knapp drei Milliarden Euro.
Die Börse hat die Entwicklung bereits honoriert. Seit Jahresbeginn hat die Signify-Aktie um mehr als ein Drittel zulegt. Deutschland ist seit jeher einer der wichtigsten Märkte für die Niederländer. Ein wichtiges Demonstrationsobjekt ist die Allianz Arena in unmittelbarer Nähe der Zentrale des Konkurrenten Osram.
Signify hat das Stadion des FC Bayern mit 6500 Leuchten und 300.000 LEDs ausgestattet, die 16 Millionen Farben erstrahlen lassen können. Dass die Arena bei der Fußball-Europameisterschaft nicht in den Regenbogenfarben leuchtete wie von München gewünscht, lag nicht an den technologischen Möglichkeiten, sondern am Widerstand der Uefa.
Rodriguez führt seit dem Frühjahr die Geschäfte im deutschsprachigen Raum. Sie kam von Schneider Electric – schon diese Tatsache zeigt, dass für Signify IT und digitale Produkte immer wichtiger werden. „Licht ist heute viel mehr als Beleuchtung“, sagt die Deutschlandchefin. Es könne zum Beispiel Daten transportieren und als Sensor dienen.
Philips hatte, ähnlich wie Siemens mit Osram, seine Lichtaktivitäten ausgegliedert und unter dem Namen Signify an die Börse gebracht. Das Unternehmen sieht sich als der „weltweit führende Anbieter von Beleuchtung für Geschäftskunden und Privathaushalte sowie von Beleuchtungslösungen für das Internet der Dinge“.
Osram und Signify haben sich in den vergangenen Jahren etwas auseinander bewegt. So setzt die AMS-Tochter Osram inzwischen vor allem auf Lösungen für die Autoindustrie und mit der Tochter OS Semiconductors auf LED-Chips. Signify ist insbesondere bei LED-Beleuchtung weltweit die Nummer eins und setzt stark auf die Vernetzung.
Bislang galt dies vor allem für Privathaushalte. Philips-Leuchten lassen sich mit Alexa von Amazon ebenso ansteuern wie mit Signifys hauseigenen System Hue. Damit profitiere Signify wie kaum ein anderes Unternehmen von der Anbindung der Lichtquellen an das Internet der Dinge, sagt Rodriguez. „Im Herbst werden wir wieder neue Produkte herausbringen.“ Zwar könne Licht auch von Geräten wie Alexa einfach gesteuert werden. „Für spezialisiertere und komplexere Nutzungen braucht man aber unsere Technologien.“
Daher werde Signify auch von dem neuen Standard profitieren, auf den sich das Unternehmen gemeinsam mit Google, Amazon und vielen anderen Konzernen weltweit geeinigt hat. Signify ist Board Member der Connectivity Standards Alliance. „Die Kommunikation zwischen den Geräten wird einfacher, da profitieren alle davon.“
Dem Smart Home, dem vernetzten Haushalt, wird schon seit Jahrzehnten der Durchbruch prophezeit. Doch in der Breite setzte es sich lange nicht durch. In jüngster Vergangenheit hat sich das dank neuer Technologien geändert.
Rund 40 Prozent der Menschen in Deutschland nutzen nach einer Umfrage des Technologieverbands Bitkom mindestens eine Anwendung, wobei die Steuerung der Beleuchtung am beliebtesten ist. Die Benutzerfreundlichkeit ist dabei für eine große Mehrheit von 63 Prozent ein wichtiges Kaufkriterium.
Beleuchtung im Büro
Signify macht auch Beleuchtungen für das Büro.
Bild: Signify
Signify hat mit Interact Industry auch ein professionelles System für Unternehmen gestartet. Als Pilotkunde wurde vor zwei Jahren Pilkington Automotive gewonnen. Der Glasspezialist für Autolicht stattete sein Werk in Gelsenkirchen mit der neuen Technologie aus. In die Leuchten sind Sensoren integriert.
„Im Vergleich zu Standorten mit konventioneller Beleuchtung können wir mit dem neuen System Energieeinsparungen von bis zu 50 Prozent erreichen“, sagte Marcel Devereaux vom Pilkington-Mutterkonzern NSG. Die Beleuchtung werde „bedarfsgerecht anpasst“ – etwa durch Nutzung des Tageslichts und von Präsenzsensoren.
Interact Industry kann zum Beispiel auswerten, welche Flächen zu welchen Zeiten wie intensiv genutzt werden. So können auch die Lagernutzung und Laufwege optimiert werden. Ähnliche Lösungen gibt es zum Beispiel im Bürobereich von Siemens. Dabei wird die aktuelle Belegung von Räumen mithilfe von Sensoren der Tochter Enlighted erfasst. Diese registrieren zum Beispiel, wenn irgendwo keine Menschen sind – und regeln das Licht runter. In Corona-Zeiten können die Sensoren zudem erfassen, ob noch Plätze im Raum frei sind.
Corona spielt auch noch bei einem weiteren Produkt eine zentrale Rolle: Bei den UV-C-Luftreinigern. Durch das ultraviolette Licht von Signify, Osram und anderen kann die Viren- und Bakterienlast nach Angaben der Hersteller nahezu komplett reduziert werden.
„Wir können belegen, dass es funktioniert“, sagt Signify-Deutschlandchefin Rodriguez. Signify-Geräte seien zum Beispiel in einer Schule in Brandenburg und einem Edeka in Hamburg im Einsatz. Die Pilotprojekte würden von Fraunhofer begleitet.
Sie sei sicher, dass die Luftreiniger in den Schulen im großen Stil zum Einsatz kommen. „Der Druck von den Eltern auf die Schulen wird groß sein.“ Auch in Zukunft würden die Hygieneanforderungen höher sein als in der Zeit vor Corona. „Das bleibt ein Trend.“ Daher würden die Geräte, wenn Corona abebbe, nützlich sein. „Ich glaube, wir werden Tausende Luftreiniger verkaufen.“
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