Es ist eigentlich ein kleiner Auftrag für Elring Klinger. Doch es geht um Brennstoffzellen – und das lässt die Aktie des Autozulieferers kräftig steigen. Und es zeigt: Wasserstoff rückt in der Branche wieder in den Fokus.
Brennstoffzelle im Auto
Nicht nur bei Pkw kommt die Wasserstoff-Technologie zum Einsatz. Noch ist sie aber teuer und ineffizient – das soll sich ändern.
Bild: dpa
Stuttgart Elring Klinger arbeitet seit 20 Jahren an seiner Brennstoffzellen-Technologie. Es soll für den börsennotierten schwäbischen Mittelständler, der mit Dichtungen für Verbrennungsmotoren erfolgreich geworden ist, einer der Wege in die Zukunft sein. Das Langzeitprojekt scheint jetzt Fahrt aufzunehmen.
Die Schwaben vermelden einen Auftrag über drei Brennstoffzellen-Stacks, die Kernmodule für Wasserstoffantriebe. Gebraucht werden die Stacks für zwei Terminal-Traktoren und ein Wassertaxi des Rotterdamer Hafens. Kunde ist der niederländische Systemintegrator Zepp Solutions.
Wenn ein Unternehmen drei Antriebe verkauft, ist das normalerweise kaum des Aufsehens wert. Bei Brennstoffzellen ist das anders.
Die kompakten Stacks basieren auf der Protonenaustauschmembran-(PEM)-Technologie und wandeln unter Verwendung von Wasserstoff und Sauerstoff chemische in elektrische Energie um. Sie können zumindest im Schwerverkehr zu Land und zu Wasser und bei langen Strecken deutlich mehr leisten als reine Elektroantriebe.
Nach Angaben eines Elring-Sprechers laufen bereits die Verhandlungen über Folgeaufträge. Nach eigenen Angaben gebe es für Elring Klinger zudem „über 20 weitere Projekte in China“. Der Aktienkurs des Unternehmens ist am Donnerstag nach der Bekanntgabe des Auftrags um zehn Prozent gestiegen.
Bei Brennstoffzellentechnik war Deutschland einmal Vorreiter. Zuletzt spielte die Musik aber in Asien, wo Milliardenbeträge in die Technologie investiert wurden. Jetzt rückt sie auch hierzulande wieder in den Fokus. Nicht zuletzt weil die Bundesregierung sieben Milliarden Euro aus dem Corona-Konjunkturpaket der Wasserstoff-Wirtschaft zur Verfügung gestellt hat.
Aufsehen erregte Elring Klinger zudem mit der vor wenigen Tagen bekannt gegebenen Kooperation mit Airbus. Die Schwaben stellen ihre Brennstoffzellen-Technologie dem Flugzeughersteller zur Verfügung und erhalten dafür einen zweistelligen Millionenbetrag. Ziel ist die Entwicklung eines Wasserstoffantriebs für Flugzeuge.
Die Unternehmen wollen noch in diesem Jahr ein entsprechendes Joint-Venture gründen. Ein Projekt, was seine Wirkung zwar erst in etwas entfernterer Zukunft entfaltet, aber einen sehr namhaften Partner mit sich bringt.
Elring Klinger ist kein Einzelfall. Auch der Mahle-Konzern forciert seine Brennstoffzellenprojekte. Aktuell starten die Stuttgarter den Aufbau einer Wasserstoff-Testinfrastruktur am schwäbischen Stammsitz. „Wir müssen die Klimaziele mit effektiven Technologien und über alle aktuell verfügbaren Lösungen angehen“, erklärt Mahle-Chef Jörg Stratmann.
Vergangene Woche stellte das Stiftungsunternehmen, bisher spezialisiert auf Kolben und Teile für Verbrennungsmotoren, einen Wasserstofftank mit einem Innenbehälter aus Kunststoff und einer Ummantelung aus Kohlefasern vor. Mahle entwickelt derzeit ein Fertigungsverfahren für diesen Tank, um dessen Speicherdichte zu erhöhen und ihn zugleich kostengünstiger zu machen.
Große Schritte in Richtung Brennstoffzellentechnik hat inzwischen auch der weltgrößte Autozulieferer Bosch gemacht. Das ebenfalls schwäbischen Unternehmen entwickelt ein Baukastensystem für die sogenannten „kalten Verbrenner“, das für Autos und Lastwagen genutzt werden kann. „Schon 2030 könnte jedes achte neuzugelassene schwere Nutzfahrzeug mit Brennstoffzelle unterwegs sein“, sagt Bosch-Chef Volkmar Denner.
Technologisch liegen die Vorteile auf der Hand: Wenn Wasserstoff nachhaltig hergestellt wird, ist ein Brennstoffzellenfahrzeug emissionsfrei.
Bisher bremsen der mit nur rund 60 Prozent niedrige Wirkungsgrad der Motoren sowie hohe Herstellungskosten den Markterfolg der Antriebstechnologie. Ein Aggregat kostet noch mehr als das Dreifache eines Dieselmotors. Steigende Emissionspreise für CO2 könnten diesen Nachteil relativieren.
Das Herzstück eines Brennstoffzellenantriebs – die Stacks – entwickelt Bosch seit vergangenem April gemeinsam mit dem schwedischen Unternehmen Powercell. Die Fertigung in Lizenz übernimmt dann aber Bosch. Erstkunde soll 2022 das US-Projekt Nikola sein.
„Die Brennstoffzelle ist keine exotische Lösung, sondern wird bei Trucks zum Mainstream“, sagt inzwischen auch der Chef der Lkw-Sparte von Daimler, Martin Daum. 2023 soll der Wasserstofftruck in die Kundenerprobung, ab 2025 dann in Serie gehen.
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