Das Landgericht München hält Werbeaussagen des Autobauers zum autonomen Fahren für irreführend. Damit hat sich die Wettbewerbszentrale durchgesetzt.
Elektroauto von Tesla
Die Wettbewerbszentrale warf dem US-Autobauer irreführende Werbung vor
Bild: AFP
München, San Francisco Tesla hat einem Gerichtsurteil zufolge den Mund bei der Werbung für seine Autos zu voll genommen. Das Landgericht München I verbot dem kalifornischen Unternehmen am Dienstag, mit dem Begriff „Autopilot“ für seine Fahrzeuge zu werben. Auch einige weitere Werbeaussagen im Zusammenhang mit autonomem Fahren untersagte die Kammer dem derzeit wertvollsten Autohersteller der Welt. Sie gab damit einer Klage der Wettbewerbszentrale in vollem Umfang statt.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ob die Wettbewerbszentrale die nötige Sicherheitsleistung von 100.000 Euro erbringt, um das Urteil trotzdem sofort vollstreckbar zu machen, will sie nach Prüfung der Urteilsgründe entscheiden.
Die Organisation hatte in ihrer Klage moniert, dass Tesla unter anderem den Eindruck erweckt habe, dass seine Autos mit einem Fahrerassistenz-Paket „bis Ende des Jahres 2019 autonom fahren könnten und dürften“. Das aber könne das kalifornische Unternehmen gar nicht erfüllen. Die Autos könnten weder technisch fahrerlos fahren, noch dürften sie es rechtlich. Daher sei die Werbung irreführend.
Andreas Ottofülling von der Wettbewerbszentrale sprach von einem „Erfolg auf der ganzen Linie“. Auch Tesla müsse sich „an die Spielregeln halten und darf keine falschen Werbeversprechen machen“, sagte er. Die Wettbewerbszentrale, die eine Organisation der deutschen Wirtschaft ist, war nach eigenen Angaben auf mehrere Beschwerden hin gegen Tesla vorgegangen. Von wem die Beschwerden stammten, sagte Ottofülling nicht.
Teslas „Autopilot“ kann - ähnlich wie die Assistenzsysteme vieler anderer Hersteller - Spur, Tempo und den Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug halten. Der Elektroauto-Hersteller verkauft aber auch ein Zusatzpaket mit „vollem Potenzial für autonomes Fahren“. Dazu gehört auch schon ab Ende 2019 „automatisches Fahren innerorts“.
Der „Autopilot“ soll an Ampeln halten, „unter Berücksichtigung von Fahrzeugen und Fußgängern auf seiner Spur“ lenken, bremsen und beschleunigen können. Und er ermögliche die „automatische Fahrt auf Autobahnen von der Ein- bis zur Ausfahrt einschließlich Autobahnkreuzen und Überholen von langsameren Fahrzeugen“.
Die Versprechen könne Tesla aber gar nicht erfüllen, sagten die Anwälte der Wettbewerbszentrale: Die Autos könnten weder technisch fahrerlos fahren, noch dürften sie es rechtlich, denn es gebe in Deutschland noch gar kein Gesetz dafür. Der Verbraucher könne eben kein Fahrzeug kaufen, das innerorts und auf der Autobahn automatisch fahre - auch wenn Tesla diesen falschen Eindruck erwecke.
Die Tesla-Anwälte hielten dagegen, die Autos könnten technisch sehr wohl alle Versprechen halten. Außerdem stehe unter der Werbung für den „Autopiloten“ der deutliche Hinweis: „Die gegenwärtig aktivierten Funktionen verlangen eine aktive Überwachung durch den Fahrer - ein autonomer Betrieb des Fahrzeugs ist damit nicht möglich.“
Ein Teil des Problems ist, dass Tesla „autonomes Fahren“ anders verstanden wissen will, als in der Autobranche allgemein üblich. Im allgemeinen Sprachgebrauch heißt „autonomes Fahren“, dass ein Auto ohne Lenkrad, Pedale und Fahrer völlig selbstständig fährt. Schon bei der vorangehenden Stufe 4, dem „vollautomatisierten Fahren“, müsste ein Fahrer zeitweise Zeitung lesen oder ein Nickerchen machen können. Bis dahin werde es aber noch fünf bis zehn Jahre dauern, sagte Branchenexperte Stefan Bratzel der Deutschen Presse-Agentur.
Tesla-Chef Elon Musk hatte dagegen für dieses Jahr bereits die Weiterentwicklung des Autopiloten versprochen, die „Full Self-Driving Capability“ – also die „Fähigkeit, vollständig selbst zu fahren“. Was diese tatsächlich bedeute, schränkte Musk im Januar ebenfalls ein: „Es besteht die Chance, dass er den Fahrer von seinem Haus zur Arbeit bringt, ohne dass er ein einziges Mal eingreifen muss. Eine Chance, die größer als Null ist.“
Auch in den USA gibt es Kritik an Teslas Begriff „Autopilot“. Die Unfallermittlungsbehörde NTSB kritisierte mehrfach, dass die Fahrer sich zu leicht auf das System verlassen könnten. In den USA gab es zwei Unfälle, bei denen vom „Autopiloten“ gesteuerte Teslas unter Sattelschlepper rasten, die die Straße querten. Ein anderer fuhr in einen Betonpoller, der Fahrspuren trennte.
Tesla betonte, die Fahrer hätten die Verkehrslage im Blick behalten müssen. Außerdem passierten mit eingeschaltetem „Autopiloten“ klar weniger Unfälle als ohne.
Zu der Verwirrung, was Autopilot kann und was nicht, trägt Musk regelmäßig selbst bei: In „60 Minutes“, einer der meistgesehenen Nachrichtensendungen der USA, nahm Musk vor der Kamera mehrfach die Hände vom Steuer – obwohl das Unternehmen Fahrern in seinen Betriebsanleitungen genau das verbietet.
Besser lief es für Tesla am Dienstag beim Bau seiner Fabrik in Brandenburg: Das Unternehmen kann dort mit Fundament und Rohbau beginnen, obwohl die komplette umweltrechtliche Genehmigung noch aussteht. Das Brandenburger Landesumweltamt habe grünes Licht für weitere Arbeiten mit einem vorzeitigen Beginn gegeben, teilte das Umweltministerium am Dienstag in Potsdam mit.
Damit könne das Unternehmen Gründungs- und Fundamentarbeiten sowie Erd- und Rohbauarbeiten vornehmen und Verkehrsflächen errichten. Bereits in einem Jahr will Tesla in Grünheide mit der Produktion starten und möglichst bald 500.000 Fahrzeuge pro Jahr herstellen.
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