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09.02.2023

19:27

Gesundheitskonzern

Fresenius prüft Trennung von Dialysetochter FMC – auch zweite Option möglich

Von: Maike Telgheder, Arno Schütze

Ein Dax-Konzern belastet die Bilanz des anderen: Investoren drängen bei Fresenius seit Monaten auf eine Entflechtung. Fresenius-Chef Michael Sen plant nun den Befreiungsschlag – mit dem Segen der Stiftung.

Der ehemalige Eon- und Siemens-Vorstand Sen hatte bei seinem Antritt bei Fresenius verkündet, dass der Konzern einen „Reset“ und grundlegende Veränderungen brauche. IMAGO/Sven Simon

Michael Sen

Der ehemalige Eon- und Siemens-Vorstand Sen hatte bei seinem Antritt bei Fresenius verkündet, dass der Konzern einen „Reset“ und grundlegende Veränderungen brauche.

Frankfurt Der Gesundheitskonzern Fresenius erwägt eine Trennung von der Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC), die in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden könnte. Wie Fresenius am Donnerstag mitteilte, sondiere das Dax-Unternehmen im Rahmen der vom CEO Michael Sen initiierten strategischen Portfolioüberprüfung dabei für FMC unter anderem einen entsprechenden Formwechsel von einer AG & Co. KGaA hin zur AG.

Mit diesem Schritt würde Fresenius die Kontrolle über FMC abgeben und müsste den Dialysespezialisten nicht mehr voll konsolidieren. Zuerst hatte die „Wirtschaftswoche“ darüber berichtet.

Die Aktien von Fresenius stiegen am Donnerstagnachmittag um mehr als 3,6 Prozent, die Titel von FMC verloren dagegen um mehr als 3,7 Prozent. Der Gesundheitskonzern Fresenius kontrolliert die Dialysetochter über die Struktur einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, hält aber nur 32 Prozent der Anteile. Fresenius wiederum wird von der Else-Kröner-Fresenius-Stiftung über die KGaA-Struktur kontrolliert.

Laut Fresenius habe die Stiftung mitgeteilt, dass „sie die Pläne für eine Dekonsolidierung der FMC im Wege eines Formwechsels in eine Aktiengesellschaft zustimmend zur Kenntnis genommen hat“. Die Prüfung der Maßnahmen sei aber noch nicht abgeschlossen, und die Entscheidungen der zuständigen Gremien im Konzern stehen noch aus.

Investoren fordern eine Trennung von der Dialysetochter, die jüngsten Gewinnwarnungen des Gesundheitskonzerns waren zentral auf die schlechte operative Entwicklung bei FMC zurückzuführen.

Hohe Verschuldung muss abgebaut werden

Fresenius hofft darauf, dass sich durch den Wegfall der Kontrolle der Stiftung der Wert der FMC-Aktien deutlich steigern könnte, wie mit der Angelegenheit vertraute Personen sagten. Zu einem späteren Zeitpunkt könnten dann FMC-Aktien verkauft und damit die hohen Schulden reduziert werden.

Die Nettoverschuldung von Fresenius lag Ende September bei 26,8 Milliarden Euro, der Verschuldungsgrad betrug das 3,74-Fache des operativen Gewinns (Ebitda). Fresenius Medical Care hatte per Ende September 12,7 Milliarden Euro Schulden. Der Verschuldungsgrad erreicht das 3,6-Fache des Ebitda. 2024 müssen große Kreditlinien refinanziert werden – und die Zinsen steigen. Die Zeit, die Verschuldung zu senken, drängt folglich.

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Die Aufspaltungsfantasien waren im vergangenen Oktober verstärkt worden, als der aktivistische Investor Paul Singer bei Fresenius einstieg. Im November legte Singers Fonds zudem eine Leerverkaufsposition von 0,64 Prozent der Aktien an Fresenius Medical Care offen. Die Position entspricht einer Wette auf fallende Kurse bei FMC und sichert andererseits Elliotts Anteil an Fresenius von etwas weniger als fünf Prozent ab.

Aus den Kreisen hieß es allerdings, es werde noch eine zweite Variante diskutiert. Denn der Nachteil an einer reinen Umwandlung der KGaA in eine Aktiengesellschaft wäre, dass der Konzern für die Abgabe der Kontrolle über FMC keine Prämie erhielte.

In der diskutierten Variante geht es darum, die Kontrolle zu übertragen, aber die Anteile weitgehend zu behalten. In einer Kommanditgesellschaft liegt, wie aktuell der Fall, die Kontrolle beim Komplementär. Bei Fresenius tritt die Stiftung als Komplementär auf, Fresenius selbst wiederum ist Komplementär der Tochter FMC.

Sen und Kriwet kommen, Kriwet geht im Streit

Das Unternehmen könnte die Funktion des Komplementärs jedoch an einen Private-Equity-Investor verkaufen, ohne dass ein Übernahmeangebot fällig würde. Dafür müsste wohl allerdings die Satzung der KGaA geändert werden. Ein Finanzinvestor könnte auf diese Weise FMCs Dialysegeschäft in den USA wieder auf Vordermann bringen. Fresenius selbst könnte von einem steigenden FMC-Aktienkurs profitieren.

Der Gesundheitskonzern hatte vergangenes Jahr bereits das Interesse von Finanzinvestoren an der Dialysetochter getestet, hieß es. Und dabei auch von Akteuren aus der US-Private-Equity, die selbst Gesundheitsfirmen im Portfolio haben, positive Rückmeldungen bekommen.

Die Dax-Konzerne Fresenius und Fresenius Medical Care galten lange Jahre als Erfolgsstorys an der Börse. Seit 2017 haben beide Unternehmen mehr als die Hälfte ihres Börsenwerts verloren. Zuerst ließ die Dynamik im operativen Geschäft nach, dann kam die Coronapandemie, die beiden Unternehmen massiv zusetzte.

Die Probleme der Dialysetochter belasten die Bilanz des Dax-Konzerns bereits seit Längerem. Fresenius

Produktion bei Fresenius Medical Care

Die Probleme der Dialysetochter belasten die Bilanz des Dax-Konzerns bereits seit Längerem.

FMC trägt rund die Hälfte zum Umsatz des Mutterkonzerns bei. Doch unter den geschwächten Dialysepatienten starben überproportional viele an einer Covid-Infektion. Hinzu kamen steigende Kosten für Hygienemaßnahmen und pandemiebedingte Personalausfälle. Die Gewinnwarnungen hatten letztlich auch zur vorzeitigen Ablösung von Fresenius-CEO Stephan Sturm geführt.

An die Spitze des Unternehmens rückte der langjährige Siemens-Manager Michael Sen, der zuvor bereits eineinhalb Jahre Fresenius’ Medikamentensparte Kabi geführt hatte. Bei Fresenius Medical Care trat zeitgleich mit Sen die ehemalige Philips-Managerin Carla Kriwet als CEO an, die allerdings nach zwei Monaten das Unternehmen in Dissens verließ. Nun wird FMC von der bisherigen Finanzchefin Helen Giza als Vorstandsvorsitzende geführt.

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