Deutschlands größter Gesundheitskonzern sucht nach Wachstumsmöglichkeiten für seine Klinikkette Helios. Dabei könnte auch ein externer Investor zum Zug kommen.
Fresenius
Der Gesundheitskonzern könnte einen Minderheitseigentümer an der Klinikkette Helios beteiligen.
Bild: dpa
Frankfurt Fresenius will seinen Klinikbetreiber Helios mit einem Wettbewerber fusionieren und dabei einen Minderheitseigentümer bei der Tochter an Bord holen. „Im ersten Schritt sondieren wir den Markt auf geeignete Übernahmeziele. Wenn alles passt, könnten deren Eigentümer dann Anteile an Helios erhalten“, sagte Wolfgang Hofmann, Leiter Strategie und M&A bei der Fresenius Gruppe, dem Handelsblatt. Das Wachstum von Helios solle weiter gestärkt werden.
Helios werde aber Teil von Fresenius bleiben, betont Hofmann: „Wir wollen Mehrheitseigentümer bleiben.“
Unternehmenschef Stephan Sturm hatte im Juni erklärt, dass Fresenius offen für Partner sei, die sich am weiteren Wachstum von Helios beteiligen. Auch er betonte damals, dass es ausschließlich um eine Minderheitsbeteiligung Dritter gehe – und einen „konkreten größeren Wachstumsschritt, den wir dann gemeinsam mit einem solchen Partner anstreben würden“.
Fresenius hat keine ausreichenden Mittel, die Expansion aller Geschäftsbereiche selbst zu finanzieren. Zu den Optionen gehört daher, dass Helios erst einen Rivalen akquiriert und dann einen Investor an Bord holt, um den Deal zu finanzieren. Fresenius schaut sich dabei alle Klinikketten an, die auf den Markt kommen, hat aber klare Kriterien, nach denen der Konzern investieren will.
„Mögliche Zukäufe müssen in unser Ökosystem hineinpassen und einen Mehrwert für Patienten bieten“, sagte Hofmann. Es gehe derzeit nicht darum, völlig neue Bereiche aufzubauen, sondern Wachstumschancen in Bereichen wie den multidisziplinären Kliniken, ambulanter Versorgung, Dialyse, Pharma, Medizintechnik und Reproduktionsmedizin zu nutzen.
Nach Einschätzung von Branchenexperten kommen für Helios etwa Klinikketten wie Ramsay Santé, Elsan oder Mediclinic in Betracht, an denen Private-Equity-Investoren Anteile halten. Allerdings sind diese drei Unternehmen derzeit selbst mit Deals beschäftigt.
Die US-Private-Equity-Firma KKR hat ein Übernahmeangebot für die australische Ramsay gemacht, die 52 Prozent an der gelisteten französischen Ramsay Santé hält. Letzte kommt auf eine Bewertung von 5,8 Milliarden Euro, einschließlich Schulden. KKR wiederum hatte zusammen mit Investor Ardian erst vor Kurzem den französischen Rivalen Elsan für rund 3,5 Milliarden Euro, einschließlich Schulden, erworben.
Da die Konzentration von Ramsay Santé und Elsan in den Händen KKRs wettbewerbsrechtliche Bedenken schürt, erwägt KKR Finanzkreisen zufolge, Ramsay Santé auszugliedern.
Mediclinic wird derzeit vom südafrikanischen Milliardär Johann Rupert und der Schweizer MSC umworben, die ein 3,7 Milliarden Pfund schweres Übernahmeangebot für die Firma mit Hauptsitz in Südafrika gemacht haben. Mediclinic besitzt unter anderem die Klinikketten Spire aus Großbritannien und Hirslanden aus der Schweiz, die ebenfalls für Helios interessant sein könnten. Zu möglichen weiteren Kandidaten gehören etwa Griechenlands Marktführer Hellenic Healthcare Group oder die finnische Mehiläinen aus dem Portfolio von Finanzinvestor CVC.
„Wir schauen uns vieles an, sind aber auf kein konkretes Übernahmeziel festgelegt“, sagte Hofmann. Einen Zeitplan für einen Deal gebe es nicht. „Bei unseren Überlegungen spielen natürlich auch das makroökonomische Umfeld und die Bedingungen auf den Finanzierungsmärkten eine große Rolle“, sagte Hofmann.
Geografisch gebe es keine Einschränkungen. Allerdings halten Branchenexperten die Übernahme eines europäischen Rivalen für wahrscheinlicher als die einer Klinikkette in einer anderen Weltregion.
Stephan Sturm
Der Fresenius-CEO will das Wachstum der Klinik-Tochter vorantreiben.
Bild: imago images/sepp spiegl
Finanzkreisen zufolge arbeitet Fresenius mit der Bank of America und JP Morgan bei der Suche zusammen und hat bereits erste Gespräche mit Investoren wie KKR und CVC geführt. Längerfristig könnte eine fusionierte Klinikkette an die Börse gebracht werden. Ein IPO vor einer Akquisition gilt allerdings derzeit als ausgeschlossen.
Helios hatte vergangenes Jahr ein Betriebsergebnis von 1,6 Milliarden Euro verbucht und für 2022 ein Gewinnplus von zehn Prozent angekündigt und könnte analog zu gelisteten Rivalen bei einer Transaktion mit 14 bis 18 Milliarden Euro bewertet werden. Da Helios den Deal durch einen Investor co-finanzieren will, gilt eine Übernahme für weniger als drei Milliarden Euro als unwahrscheinlich, hieß es in Finanzkreisen.
Während Helios einen großen Partner sucht, gilt das Interesse des Unternehmens an einer Reihe kleinerer Klinikketten als gering, die in Kürze in Deutschland auf den Markt kommen und größtenteils bei Private-Equity-Firmen landen dürften.
So hat die Investmentbank William Blair Finanzkreisen zufolge im Auftrag der Nord Holding aus Hannover vor wenigen Tagen Informationspakete zur Augenklinikkette Zentrum Gesundheit an mögliche Bieter geschickt. Die Firma hat ein jährliches Betriebsergebnis (Ebitda) von mehr als 20 Millionen Euro.
Im September soll zudem eine Auktion der Radiologie-Kette Rad-X starten, die auf ein Ebitda von mehr als 25 Millionen Euro kommt. Als Verkaufsberater des Investors Gilde Healthcare fungiert Lincoln. Bei den kürzlich abgeschlossenen Verkäufen der Ketten der Augenklinikketten Veonet und Sanoptis sowie der Kette Meine Radiologie wurde rund das 15-Fache des Betriebsgewinns bezahlt. Eine ähnliche Bewertung wird auch für Zentrum Gesundheit und Rad-X erwartet.
Auf dem Markt ist auch die Augenklinikkette Artemis. Eigentümer Montagu, eine Private-Equity-Firma, hat Goldman Sachs mit der Käufersuche beauftragt. Bei einem Deal könnte das Unternehmen mit einem Betriebsergebnis (Ebitda) von mehr als 60 Millionen Euro mit rund 800 Millionen Euro bewertet werden, hieß es in Finanzkreisen.
Investor Trilantic bereitet zudem einen Verkaufsprozess für seine auf Psychiatrie spezialisierten Oberberg-Kliniken vor. Das Unternehmen mit knapp 50 Millionen Euro Betriebsergebnis (Ebitda) könnte dabei mit rund 600 Millionen Euro bewertet werden. Der von JP Morgan geführte Verkaufsprozess soll nach dem Sommer starten.
Die Eigentümer der Firmen und ihre Berater lehnten Stellungnahmen ab oder waren zunächst nicht zu erreichen.
Der Gesundheitskonzern Fresenius rechnet nach zwei durch das Coronavirus belasteten Jahren auch 2022 mit negativen Einflüssen durch die Pandemie und einem langsameren Wachstum als bisher. Viele Operationen und Behandlungen in den Kliniken wurden verschoben, zudem kam es bei der Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC) durch Covid-19 zu einer überproportional hohen Sterblichkeit der Patienten.
Fresenius ist mit vier Geschäftsbereichen breit im Gesundheitsmarkt aufgestellt. Größte Konzerntochter ist die ebenfalls im Dax notierte FMC, gefolgt von dem Krankenhausunternehmen Helios, der Medikamentensparte Kabi und der auf Krankenhausbau und -betrieb spezialisierten Tochter Vamed.
Die Fresenius-Aktie hat in den vergangenen fünf Jahren rund die Hälfte ihres Werts verloren. Im letzten Jahr hatte Konzernchef Sturm auch die Möglichkeit einer Überprüfung der Konzernstruktur ins Spiel gebracht, um die Bewertung des Unternehmens zu steigern.
Mitarbeit: Maike Telgheder
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