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08.11.2018

19:36

Gewinnwarnung

Thyssen-Krupp erwartet wegen Kartellverfahren kaum noch Gewinn

Von: Kevin Knitterscheidt, Martin Murphy

Der Industriekonzern hat wegen einer drohenden Kartellstrafe der Stahlsparte seine Prognose für das abgelaufenen Geschäftsjahr nach unten geschraubt.

Prognose für das abgelaufene Geschäftsjahr gesenkt. Reuters

Thyssen-Krupp

Prognose für das abgelaufene Geschäftsjahr gesenkt.

Düsseldorf Knapp zwei Wochen vor Vorlage der Jahreszahlen bereitet Thyssen-Krupp-Vorstandschef Guido Kerkhoff die Anleger erneut auf schlechte Nachrichten vor – und senkt die Prognose für Umsatz und Gewinn für das laufende Geschäftsjahr 2017/18 deutlich.

So soll das bereinigte Ergebnis vor Steuern und Investitionen laut einer Ad-hoc-Mitteilung von Donnerstag statt der zuvor prognostizierten 1,8 Milliarden Euro nur noch bei 1,6 Milliarden Euro liegen.

Dadurch reduziert sich auch der erwartete Jahresüberschuss, der ursprünglich deutlich über dem Vorjahresergebnis von 271 Millionen Euro liegen sollte, auf nunmehr 0,1 Milliarden Euro.

Der Effekt geht vor allem auf zusätzliche Rückstellungen zurück, die der Konzern wegen Korruptionsermittlungen bildet. So steht die Stahlsparte von Thyssen-Krupp derzeit in Verdacht, gemeinsam mit Konkurrenten wie Salzgitter und Voestalpine Preise für Grobblech und legierten Flachstahl abgesprochen zu haben. Das Bundeskartellamt hatte bereits einige Firmensitze durchsuchen lassen.

In einem Mitarbeiterbrief, der dem Handelsblatt vorliegt und von Compliance- und Rechtsvorstand Donatus Kaufmann unterzeichnet wurde, heißt es dazu: „Wir haben diese Angelegenheit von Anfang an sehr ernst genommen und haben mithilfe einer externen Anwaltskanzlei eine eigene interne Untersuchung vorangetrieben.“ Dabei seien Erkenntnisse gewonnen worden, die eine Rückstellung im Konzernjahresabschluss notwendig machten.

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Bereits kurz nach der interimistischen Amtsübernahme nach dem Rücktritt des damaligen Vorstandschefs Heinrich Hiesinger hatte Kerkhoff eine Gewinnwarnung herausgeben müssen, weil sowohl der Anlagenbau als auch der Marineschiffbau schlechtere Ergebnisse ablieferten als erwartet. Bei dem jetzigen Vorgang handle es sich indes um „eine Form der Risikovorsorge, zu der wir als Kapitalgesellschaft verpflichtet sind“, so Kaufmann in dem Brief.

Hinzu kommen weitere Rückstellungen im Bereich der Komponentenfertigung, bei denen es um „Qualitätsthemen“ gehe, teilte der Konzern in der Mitteilung mit. Zudem drückten Belastungen in der Stahlsparte aus dem vierten Quartal den Gewinn: Das dürfte vor allem auf Effekte durch das anhaltende Niedrigwasser im Rhein zurückzuführen sein, das die Belieferung des Werks in Duisburg erschwert.

Die Mitteilung kommt wenige Wochen vor der geplanten Bekanntgabe der Jahreszahlen am 21. November. Der Kurs sackte nachbörslich im Handel von Lang & Schwarz um fast sechs Prozent ab.

Die Ermittlungen sollen indes keine Auswirkungen auf das geplante Stahl-Joint-Venture mit dem indischen Konkurrenten Tata haben, heißt es in dem Mitarbeiterbrief. „Die Parteien tragen etwaige Risiken aus ihrer Vergangenheit selbst.“

Es gehe bei dem Korruptionsverdacht um „Altfälle“, so Kaufmann: „Die handelnden Personen arbeiten bereits allesamt nicht mehr in ihren Verantwortungsbereichen beziehungsweise sind nicht mehr im Unternehmen.“

Auch im Aufzugsgeschäft werde der Gewinn unter den Erwartungen liegen, teilte Thyssen-Krupp mit. Erst am Montag war bekannt geworden, dass Spartenchef Andreas Schierenbeck vor der Kündigung steht – auch, weil er hinter dem Rücken des Vorstands einen Börsengang der Aufzugssparte ausgelotet hatte. Die Sparte gilt als Ertragsperle, liegt mit einer Ebit-Marge von zuletzt 9,6 Prozent deutlich hinter Wettbewerbern wie Kone zurück, die 2017 eine Ebit-Marge von 13,5 Prozent erzielten.

Kerkhoff indes will den Konzern in zwei Teile aufspalten: einen Industriegüter-Konzern und ein Werkstoff-Unternehmen, dem auch der 50-prozentige Anteil am Stahl-Joint-Venture mit Tata gehören soll.

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