Die deutschen Chemiehersteller können die hohen Kosten kaum noch über Preiserhöhungen weitergeben. Evonik erwartet frühestens im zweiten Quartal Besserung.
Produktion von Covestro in Dormagen
Der operative Gewinn des Konzerns ist 2022 eingebrochen.
Bild: Covestro
Düsseldorf, Zürich Die deutsche Chemiebranche hat einen schwierigen Jahresstart erwischt und blickt skeptisch auf die wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden Monaten. Das zeigt sich in den am Donnerstag vorgelegten Prognosen des Kunststoffherstellers Covestro und des Spezialchemiekonzerns Evonik.
Beide Unternehmen erwarten für 2023 einen Gewinnrückgang. Bei Covestro wird das Ergebnis voraussichtlich unter dem ohnehin schon schwachen Wert vom vergangenen Jahr liegen. 2022 sank der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) um nahezu 50 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro.
Die Zahlen spiegeln die massiv gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten und die konjunkturellen Probleme im zweiten Halbjahr wider. Über weite Strecken des Jahres gelang es Covestro wie auch Evonik zwar, die Belastungen über Preiserhöhungen zu mindern. Doch weitere Erhöhungen sind für die Chemieunternehmen in der aktuellen Konjunkturlage schwerer durchzusetzen.
Das erklärt auch die schwache Gewinnprognose von Covestro. Laut Konzernchef Markus Steilemann ist die Konjunkturlage in Europa weiterhin rückläufig, zugleich gebe es in China noch nicht die erhoffte Erholung. Evonik spürt immerhin bereits eine leichte Besserung in den Auftragsbüchern.
Die Entwicklung führt aber bei beiden Unternehmen nicht zu neuen Sparmaßnahmen wie beim Konkurrenten BASF. Covestro wie auch Evonik wollen mit ihren bereits länger bestehenden Effizienzprogrammen die Kosten senken. Von Planungen für einen Stellenabbau ist keine Rede.
Wegen der Preiserhöhungen aus dem ersten Halbjahr 2022 legten die Umsätze kräftig zu. Covestro steigerte diese um 13 Prozent auf 18 Milliarden Euro. Doch zum vierten Quartal hin wurden die Perspektiven so schlecht, dass die Leverkusener hohe Abschreibungen auf ihre Anlagen vornehmen mussten. Das führte bei Covestro erstmals zu einem Jahresverlust in Höhe von 272 Millionen Euro.
Deswegen streicht der Vorstand die Dividende für 2022. Ein Jahr zuvor hatte Covestro noch 3,40 Euro pro Anteilsschein ausgeschüttet. Die Aktie notierte am Donnerstagnachmittag mehr als fünf Prozent im Minus und war der schwächste Wert im Dax. Für 2022 werden nun auch sämtliche kurzfristigen Bonuszahlungen an Vorstand und Mitarbeitende gestrichen.
Die Essener Evonik hingegen hält an ihrer Dividende von 1,17 Euro fest. Der Spezialchemiekonzern kommt mit der aktuellen Situation offensichtlich besser zurecht. Er verfügt über robuste Geschäfte, etwa in der Zulieferung für die Gesundheitsbranche und mit Spezialzusätzen. Covestro ist vor allem mit seinen Massenkunststoffen dem globalen Wettbewerb mit asiatischen Großkonzernen ausgeliefert.
Im abgelaufenen Jahr hat Evonik einen Rekordwert beim Gewinn erzielt: Das bereinigte Ebitda stieg um vier Prozent auf rund 2,5 Milliarden Euro, der Umsatz legte um 24 Prozent auf 18,5 Milliarden Euro zu.
Der Konzern profitierte davon, dass er zu einem früheren Zeitpunkt Energie-Lieferverträge über mehrere Jahre abgeschlossen hatte und die Energiekosten deswegen nur begrenzt stiegen. Die Belastungen insgesamt konnte der Konzern komplett über Preiserhöhungen an die Kunden weitergeben.
Die Absatzmengen hingegen waren in den Schlussmonaten 2022 bereits rückläufig. Deswegen zeigt sich Evonik-Chef Christian Kullmann vorsichtig, er verliert aber nicht den Optimismus. Fürs laufende Jahr prognostiziert er einen Gewinnrückgang auf 2,1 bis 2,4 Milliarden Euro, was nur einen geringen Rückgang bedeuten würde.
„Die Auswirkungen von Krieg, hoher Inflation und massiv schwankenden Energiepreisen haben uns viel abverlangt – und tun es immer noch“, sagte Kullmann. Die Prognosespanne sei angesichts der Unsicherheiten weiter gefasst als im Vorjahr. Insbesondere im ersten Quartal dürfte sich die negative Entwicklung der zweiten Jahreshälfte 2022 noch fortsetzen. Ab dem zweiten Quartal sollte sich die Lage schrittweise wieder aufhellen.
Insgesamt zeigt sich, dass die Spezialchemie besser mit der Krise zurechtkommt. So erwartet zwar auch die Schweizer Clariant für 2023 eine leichte Rezession, wie Konzernchef Konrad Keijzer am Donnerstag sagte. Clariant sei dafür jedoch gut gerüstet. Für 2022 hat der Konzern, der große Werke in Deutschland betreibt, die Dividende sogar leicht auf 42 Rappen pro Aktie angehoben.
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