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27.01.2020

15:22

Industriekonzern

Bieterwettstreit um Thyssen-Aufzugsparte – Kaufpreis könnte höher ausfallen

Von: Kevin Knitterscheidt, Robert Landgraf, Martin Murphy

Vom finnischen Aufzugshersteller Kone ist das höchste Angebot für Thyssen-Krupp Elevator zu erwarten. Doch sind hier auch die Risiken am größten.

Thyssen-Krupp: Bieterwettstreit um Aufzugsparte Reuters

Aufzug von Thyssen-Krupp

Die Sparte erzielt im weitverzweigten Reich des Ruhrkonzerns die höchsten Gewinne.

Düsseldorf, Frankfurt Der Industriekonzern Thyssen-Krupp verengt den Bieterkreis für den Verkauf seiner Aufzugsparte. Am Montag müsse der finnische Aufzugshersteller Kone als letzter Interessent sein vorläufiges Angebot einreichen, hieß es in Finanzkreisen. Die interessierten Finanzinvestoren, darunter Advent und Blackstone, hatten ihre Offerten bereits vor einigen Tagen einreichen müssen.

Mindestens drei Bieter sollen nach Vorstellungen von Thyssen-Krupp in die engere Auswahl gelangen. Analysten schätzen den Wert der Sparte auf rund 15 Milliarden Euro. Angesichts des Bieterwettstreits könnte der Kaufpreis allerdings auch deutlich höher ausfallen, erklärten mit den Vorgängen vertraute Personen. Sowohl Thyssen-Krupp als auch Kone äußerten sich nicht dazu.

Für den Ruhrkonzern ist der Verkauf der profitablen Aufzugsparte ein wichtiger Meilenstein der geplanten Restrukturierung. Die Erlöse will Vorstandschefin Martina Merz nutzen, um Thyssen-Krupp bilanziell zu sanieren. Kernbestandteil der Strategie ist der Verkauf auch des Anlagenbaus und großer Teile der Komponentenfertigung, was angesichts der schlechten Performance mit milliardenschweren Abschreibungen verbunden sein könnte.

Daneben drücken hohe Finanzschulden und Pensionsverpflichtungen auf die Ertragslage des Konzerns. Für das kommende Jahr rechnen Analysten erneut mit einem Kapitalabfluss in Milliardenhöhe, nachdem der Free Cashflow vor M&A im vergangenen Jahr bei minus 1,1 Milliarden Euro gelegen hatte. Mit anderen Worten: Thyssen-Krupp braucht dringend Geld.

Angesichts dessen dürfte die Höhe der Angebote entscheidend dafür sein, wer am Ende den Zuschlag bekommt. Das höchste Gebot sei dabei von Kone zu erwarten, hieß es in Finanzkreisen, weil der Aufzugshersteller das zusätzliche Risiko seines Angebots ausgleichen müsse. Denn einer Übernahme durch Kone müssen Wettbewerbsbehörden in mehreren Ländern zustimmen – die Transaktion könnte deshalb länger dauern und komplizierter werden als bei einem reinen Finanzinvestor.

Hinzu kommt: Geht das Geschäft an einen Investmentfonds, könnte Thyssen-Krupp sich vorbehalten, einen Minderheitsanteil an der Aufzugsparte im eigenen Portfolio zu behalten. So würde der Konzern einerseits kurzfristig von einer zügigen Finanzspritze profitieren – und könnte andererseits weiterhin an den erwarteten Wertsteigerungen der Tochter und ihren regelmäßigen Dividenden partizipieren. Auch das muss Kone finanziell ausgleichen, wenn der Rivale das Geschäft komplett übernehmen will.

Arbeitnehmer sind skeptisch

Als dritte Option steht dem Thyssen-Krupp-Management ein Börsengang von Elevator offen. Die Maßnahme, die in Branchenkreisen derzeit als unwahrscheinlichste Variante gehandelt wird, wird bereits seit einigen Wochen vorbereitet. Denkbar wäre hier, dass der Ruhrkonzern einen Minderheitsanteil am Aufzugsgeschäft verkauft. Vor allem die IG Metall hatte sich in der Vergangenheit dafür starkgemacht, dass Thyssen-Krupp die Mehrheit an der profitablen Sparte behält.

Vor allem einer Übernahme durch Kone stehen die Arbeitnehmer skeptisch gegenüber. Eine Fusion mit dem finnischen Rivalen böte zwar die größten Synergien, birgt aber auch das größte Risiko für einen Arbeitsplatzabbau. In Europa überschneiden sich die Geschäfte von Kone und Thyssen-Krupp Elevator stark. Gegenseitig ergänzen könnten sich die Unternehmen hingegen in Asien und Nordamerika.

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Um Kartellproblemen vorzubeugen, ist Kone bei seinem Gebot eine Partnerschaft mit dem Finanzinvestor CVC eingegangen. Der Fonds soll dabei das Europa-Geschäft von Thyssen-Krupp übernehmen und so das kartellrechtliche Risiko in der EU minimieren. Experten rechnen aber auch mit Bedenken der US-Behörden, die gegebenenfalls weitere Zugeständnisse fordern können.

Wird Thyssen-Krupp von einem Finanzinvestor übernommen, dürfte das der größte europäische Private-Equity-Deal aller Zeiten werden. In Deutschland führt die Spitze bislang der Arzneimittelhersteller Stada an, der in den vergangenen Jahren schrittweise von den Finanzinvestoren Bain und Cinven für insgesamt 5,7 Milliarden Euro übernommen wurde.

Mehr: Angesichts der schlechten Ergebnisse des vergangenen Jahres wollen Aktionäre dem Vorstand und dem Aufsichtsrat die Entlastung verweigern – darunter auch die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz.

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