Es dürfte einer der größten Börsengänge in Europa in diesem Jahr werden. Volvo Cars strebt wohl eine Bewertung von umgerechnet bis zu 30 Milliarden Dollar an.
Volvo-Emblem
Bereits 2018 hat der Hauptaktionär Geely einen Börsengang von Volvo in Betracht gezogen, was aber wegen des Handelsstreits zwischen den USA und China scheiterte.
Bild: imago images/photothek
Stockholm, Frankfurt Der chinesisch-schwedische Autohersteller Volvo Cars geht an die Börse. Nach monatelangen Spekulationen kam am Montag die Bestätigung: Noch in diesem Jahr wird Volvo Cars eine Notierung an der Stockholmer Börse beantragen.
„Dieser Tag ist ein Meilenstein für unser Unternehmen“, erklärte Volvo-Chef Hakan Samuelsson. Eric Li, Aufsichtsratsvorsitzender bei Volvo Cars und Sprecher des Hauptaktionärs Geely, betonte, dass sich Volvo in den vergangenen Jahren zu einem der am schnellsten wachsenden Autohersteller entwickelt hat. „Wir werden Volvo in dieser globalen Erfolgsgeschichte weiterhin unterstützen.“
Volvo ist bislang im Besitz des chinesischen Autoproduzenten Geely, der einen Teil seiner Volvo-Aktien verkaufen wird. Zusammen mit einer Neuemission hofft Volvo Cars einen Bruttoerlös von rund 25 Milliarden Kronen (2,5 Milliarden Euro) erzielen zu können.
Der Börsengang von Volvo Cars wäre einer der größten in diesem Jahr in Europa. Laut Finanzkreisen liegt die Bewertung bei 25 bis 30 Milliarden Dollar. Damit wäre Volvo Cars höher bewertet als etwa Renault. Eingerechnet sei dabei die 50-prozentige Beteiligung an der Elektroautomarke Polestar, die im kommenden Jahr in einem sogenannten Spac-Deal ebenfalls an die Börse gehen soll.
Samuelsson äußerte sich nicht dazu. Man werde nun Gespräche mit möglichen Investoren und Analysten führen, um eine faire Bewertung zu ermitteln, sagte er in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Er betonte, dass der Mutterkonzern Geely eine Mehrheit von deutlich über 50 Prozent an Volvo halten wolle.
Mit dem angepeilten Erlös aus dem Verkauf neuer Aktien will das Unternehmen in die Felder Batterietechnik sowie Software investieren. Im Zentrum steht dabei eine Batterieproduktion, die zusammen mit der ebenfalls schwedischen Northvolt gestemmt werden soll. Volvo benötigt frisches Kapital, da das Unternehmen bis 2030 seine Modelle mit Verbrennungsmotoren ausmustern und nur noch Elektroautos herstellen will.
Eine tiefe Zusammenarbeit oder eine Fusion mit einem Wettbewerber strebt Volvo nach den Worten von Samuelsson nicht an. „Das steht nicht auf unserer Prioritätenliste“, sagte er. Volvo stecke in der Transformation und solle nicht durch weitere Kooperationen gebremst werden.
Über den nun bevorstehenden Börsengang von Volvo Cars wurde seit Langem spekuliert. Nicht zuletzt, weil Geely-Hauptaktionär Li Shufu in den vergangenen Jahren auf einer ausgedehnten Einkaufstour war: So stieg er vor drei Jahren überraschend beim schwedischen Lkw-Hersteller Volvo mit 8,2 Prozent des Aktienkapitals und 15,6 Prozent der Stimmrechte ein.
Der Lkw- und Nutzfahrzeugproduzent Volvo AB ist ein eigenständiger Konzern und hat nichts mit dem Pkw-Hersteller Volvo Cars zu tun. Etwas später holte Li Shufu zu einem weiteren Schlag aus und beteiligte sich mit fast zehn Prozent an Daimler. Damit ist das chinesische Unternehmen größter Einzelaktionär des Stuttgarter Konzerns. Zuletzt hatten Vertreter von Volvo und Daimler Möglichkeiten für eine weitere Zusammenarbeit ausgelotet – offenbar mit überschaubarem Erfolg.
Über die weitere Strategie der Chinesen bei Daimler und Volvo ist bislang wenig bekannt. Möglich ist, so vermuten Analysten in Stockholm, dass Geely-Eigentümer Li nach seiner umfangreichen Shoppingtour Geld benötigt. Durch den Börsengang der Volvo-Pkw-Sparte werden nun viele Milliarden in die Kasse gespült.
Geely hält an Volvo Cars rund 98 Prozent, mit zwei Prozent sind mehrere schwedische Pensionsfonds beteiligt. Sie wollen ihre Anteile möglicherweise noch ausbauen. Ein schon vor drei Jahren geplanter Börsengang war in letzter Sekunde verschoben worden, da Haupteigner Li Shufu mit der Bewertung von Volvo Cars nicht zufrieden war.
2010 hatte Geely die Pkw-Marke Volvo vom US-Konzern Ford übernommen. Den Amerikanern, in deren Besitz Volvo 1999 kam, war es nie gelungen, die schwedische Marke aus den roten Zahlen zu fahren. Auch nach der Übernahme durch Geely lief es zunächst nicht rund. Gerüchten zufolge gab es anfangs große Meinungsverschiedenheiten über den zukünftigen Kurs des Autoherstellers.
Auch die kulturellen Verschiedenheiten sollen die Arbeit behindert haben. Schien die chinesische Übernahme des schwedischen Traditionsunternehmens zunächst missglückt, hat sich der Einstieg der Chinesen zuletzt als Erfolgsgeschichte erwiesen. Volvo Cars schreibt seit Längerem schwarze Zahlen, und die neuen Modelle erfreuen sich in Europa und in China einer immer größeren Beliebtheit.
Unter dem chinesischen Eigner entwickelte Volvo Cars auch eine neue Elektrostrategie: Seit 2019 sind nahezu alle neuen Volvo-Modelle mit einem Elektromotor ausgestattet – entweder als Hybrid oder als reines Elektrofahrzeug.
Ab 2030 soll es dann überhaupt keine Verbrenner mehr von Volvo geben. „So gut wie jetzt stand das Unternehmen eigentlich noch nie da“, sagte ein Stockholmer Analyst und betonte, dass die positive Entwicklung des Autobauers vor allem an der Lernfähigkeit, aber auch an der Beharrlichkeit des chinesischen Großaktionärs gelegen habe.
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