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06.10.2022

15:06

Kapitalmarkttag

Merck-Chefin Garijo setzt beim Wachstum auf die „Big 3“

Von: Maike Telgheder

PremiumTrotz der konjunkturellen Schwäche will Merck weiter wachsen – auch durch Zukäufe. Belén Garijo sieht den finanziellen Spielraum bei mehreren Milliarden.

Ab dem kommenden Jahr will sie wieder große Zukäufe für das Unternehmen tätigen. imago images/sepp spiegl

Belén Garijo

Ab dem kommenden Jahr will sie wieder große Zukäufe für das Unternehmen tätigen.

Darmstadt Belén Garijo will den Darmstädter Dax-Konzern Merck widerstandsfähiger gegen Krisen machen. Für die Märkte sind ihre Resilienzpläne eine gute Nachricht. Denn trotz der Unsicherheit im wirtschaftlichen Umfeld hält die seit Mai 2021 agierende Vorstandchefin an den im Herbst 2021 ausgegebenen Mittelfristzielen fest.

Bis 2025 will Merck jährlich um durchschnittlich sechs Prozent wachsen – ohne Zukäufe – und dann einen Umsatz von 25 Milliarden Euro machen. Sie gab sich beim diesjährigen Kapitalmarkttag zuversichtlich, dass Merck seine Ziele auch unter schwierigen Umständen erreichen kann.

Die 62-jährige gebürtige Spanierin Garijo zeigte sich auch wagemutig: Ab dem kommenden Jahr will sie wieder große Zukäufe für das Unternehmen tätigen. Die Finanzkraft dafür bezifferte sie auf 15 bis 20 Milliarden Euro: „Ich bin überzeugt, dass wir unser effizientes Wachstum weiter vorantreiben werden, und zwar organisch wie anorganisch“, sagte sie.

Der Konzern hat zuletzt 19,7 Milliarden Euro Umsatz verbucht und profitiert davon, dass er in drei Geschäftsfeldern tätig ist: Pharma, Biotech-Materialien und Elektronikchemie. Zwei davon, Pharma und Biotech-Materialien, gelten als konjunkturell relativ unabhängig.

Diese Aufstellung haben Garijos Vorgänger Karl-Ludwig Kley und Stefan Oschmann geprägt – auch durch milliardenschwere Zukäufe. Mit den Übernahmen von Millipore und später Sigma-Aldrich etablierte sich Merck als mit führend im Wachstumsmarkt Life-Science, also Materialien für die Arzneimittelproduktion und Labore.

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Mit den Zukäufen im Chemiegeschäft, wie AZ Electronics und zuletzt Versum Materials für 5,8 Milliarden Euro im Jahr 2019, positionierte sich Merck stark im Geschäft mit Halbleitermaterialien, ebenfalls ein Wachstumsmarkt.

Merck-Chefin setzt auf Pharma-, Biotech- und Halbleiter-Produkte

Doch Garijo, eine strategisch denkende und durchsetzungsstarke Medizinerin, hat in ihren eineinhalb Jahren als CEO die Strategie weiterentwickelt. Im Fokus stehen nun drei vielversprechende Wachstumsbereiche, die „Big 3“:

  • Neue Pharmaprodukte wie das Krebsmittel Bavencio und das Medikament Mavenclad gegen Multiple Sklerose
  • Halbleiter-Produkte (Bereich Semiconductor Solutions)
  • Materialien und Dienstleistungen, um Arzneimittel und Impfstoffe herzustellen (Bereich Process Solutions und Life Science Services)

Diese drei Bereiche sollen insgesamt rund 80 Prozent des prognostizierten Wachstums in den nächsten Jahren beisteuern – Zukäufe nicht eingerechnet. 2025, so ist der Plan, sollen die „Big 3“ dann etwa die Hälfte des Umsatzes von Merck erwirtschaften.

Auch die geplanten Akquisitionen sollen künftig vor allem in diesem Bereich angesiedelt sein, wobei Art und Umfang auch immer eine Frage der Gelegenheiten seien, wie Garijo betonte. Es könne sein, dass die Summe in mehrere Zukäufe investiert werde, erklärte die Merck-Chefin.

Hören Sie hier unseren Podcast „Rethink Work“ mit Gehirnchirurg Peter Vajkoczy

Ganz oben auf ihrer Wunschliste steht der Ausbau der Auftragsproduktion von Biotech-Produkten, der bei Merck „Life Science Services“ heißt. In diesen Markt investieren derzeit viele Player kräftig, weil sie sich großes Wachstum davon versprechen. Unter anderem hat der Dax-Konzern Fresenius hier zugekauft, aber auch Technologiekonzerne wie Fuji Film oder Samsung haben hier Milliarden ausgegeben.

Denn die steigende Zahl an biotechnologisch hergestellten Produkten und spezifischeren Behandlungen wie Gen- und Zelltherapien erfordern neue Produktionskapazitäten. Bei Merck wuchs die Geschäftseinheit „Life Science Services“ im zweiten Quartal um 24,6 Prozent und steuert mittlerweile etwa zehn Prozent zum Umsatz der größten Firmensparte Life Science bei. Anfang 2022 hatte sich Merck in diesem Bereich mit dem Kauf der US-Firma Exelead für rund 780 Millionen Dollar verstärkt.

Merck ist auf Inflation, Zinsen und Gasnotlage vorbereitet

Trotz aller positiven Nachrichten gibt es aber genug Herausforderungen für Merck. Viele davon seien aber bereits berücksichtigt: Die steigende Inflation und steigende Zinsen seien beim künftigen Akquisitionsspielraum einkalkuliert, betonte Merck-Finanzchef Marcus Kuhnert.

Bis 2025 will Merck den Erlös auf 25 Milliarden Euro steigern. dpa

Merck

Bis 2025 will Merck den Erlös auf 25 Milliarden Euro steigern.

Auch für eine mögliche Gasnotlage hat Merck vorgesorgt und kann die Produktion weitgehend auf Öl umstellen. Zudem will der Konzern seine Produktion weiter regionalisieren, um unabhängiger von globalen Lieferkettenrisiken zu werden.
>> Lesen Sie hier: Pharmabranche sieht Versorgung mit innovativen Medikamenten in Gefahr

Merck hat in der Coronapandemie stark von einer hohen Nachfrage der Impfstoffforscher und -hersteller profitiert. Auch 2022 rechnet das Unternehmen noch mit pandemiebedingten Sonderumsätzen von bis zu 800 Millionen Euro. „Grundsätzlich lassen die Covideffekte aber wie erwartet nach“, sagte Garijo. Für das kommende Jahr wird nur noch die Hälfte erwartet.

Der Plan ist, dass die steigenden Umsätze in der Life-Science-Sparte das dann ausgleichen können. Für dieses Jahr hält Garijo weiterhin an der Prognose fest: Der Umsatz soll organisch zwischen sechs und neun Prozent zulegen und das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda pre) um zwischen fünf und neun Prozent wachsen.

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