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14.07.2022

11:40

Lieferengpässe

18,4 Prozent Wachstum: Würth verzeichnet Rekordhalbjahr trotz schlechten Umfelds

Von: Martin-W. Buchenau

Chef Friedmann hebt die Prognose, dämpft aber dennoch die Erwartungen: Die Entwicklung des ersten Halbjahrs dürfte nicht zu halten sein.

Würth dpa

Umsatzaufschwung bei Würth

Der Handelskonzern legte im ersten Halbjahr um bald 20 Prozent zu.

Stuttgart Die Würth-Gruppe hat trotz weltweit instabiler Wirtschaftslage das beste Halbjahr seiner Unternehmensgeschichte. Der Weltmarktführer bei Montage- und Befestigungsmaterial konnte in den ersten sechs Monaten 2022 den Umsatz um 18,4 Prozent auf 9,9 Milliarden Euro steigern.

Würth-Chef Robert Friedmann zeigte sich vor dem Hintergrund des schwierigen Umfelds durch Liefer- und Materialengpässe, Preissteigerungen, Coronapandemie und Ukrainekrieg „mehr als zufrieden“. Besonders dynamisch entwickelte sich der Umsatz mit einem Wachstum von 21,4 Prozent im E-Business. Dahinter folgen der Elektrogroßhandel mit 25 Prozent und die Elektroniksparte mit 30 Prozent. Jeden fünften Euro verdient Würth inzwischen online.

Das Betriebsergebnis erreichte 720 Millionen Euro Stand Juni – und lag damit 38,5 Prozent über dem Vorjahr (520 Millionen Euro). Grund für die positive Entwicklung seien Produktivitätssteigerungen vor allem bei den großen, etablierten Gesellschaften in Deutschland, Südeuropa und den USA.

Hielte der Trend an, könnte Würth in diesem Jahr erstmals an der Umsatzgrenze von 20 Milliarden Euro kratzen. Danach sieht es laut Friedmann aber nicht aus: „Uns ist klar, dass wir angesichts der abkühlenden Konjunktur diese hohen Wachstumsraten voraussichtlich nicht halten werden können.“ Er rechnet fürs Gesamtjahr jetzt mit einem Wachstum zwischen zwölf und 15 Prozent – vorausgesetzt die weltwirtschaftliche und politische Lage verschlechtert sich nicht drastisch.

Dennoch erhöht Würth damit die Prognose vom Mai. Damals erwartete Friedmann für das Gesamtjahr noch ein Wachstum von zehn Prozent. Als Grund für den Erfolg nennt der Konzernchef die weltweite Aufstellung, den dreiteiligen Vertrieb über Außendienstler, Niederlassungen und Onlineshop und vor allem die Lieferfähigkeit. „Dass wir in den ersten sechs Monaten 50.000 neue Kunden gewinnen konnten, hängt auch mit unserer Zuverlässigkeit zusammen“, erläutert Friedmann.

Lob für Habeck, Kritik am Gas-Notfallplan

Bei Lieferengpässen etwa bei Kunststoffen sieht Friedmann eine gewisse Entspannung, aber keine Entwarnung. Das Unternehmen bezieht seine Produkte zu 75 Prozent aus Europa, sodass die derzeitigen Schiffsstaus das Unternehmen aus Künzelsau nicht mit voller Wucht treffen. Zudem setzt das mit dem Handel von Schrauben groß gewordene Unternehmen vermehrt auf Eigenfertigung und eine sehr enge und langjährige Bindung zu den Lieferanten.
Sorge bereitet Friedmann die sich zuspitzende Energiekrise, auch wenn Würth selbst nicht zu den großen Gasverbrauchern zählt. „Die Bevorzugung privater Haushalte bei einem drohenden Gasengpass muss dringend hinterfragt werden“, fordert er.

Anders als es der Geist des Gas-Notfallplans vorgesehen habe, handele es sich ja nicht um einen regionalen, sondern um einen globalen Engpass. Friedmann zollte dem grünen Bundeswirtschaftsminister dabei großen Respekt: „Robert Habeck macht das Krisenmanagement bislang mit großem Bedacht.“

Würth-CEO Robert Friedmann dpa

Robert Friedmann

Der CEO lobt den Bundeswirtschaftsminister: „Robert Habeck macht das Krisenmanagement bislang mit großem Bedacht.“

Aber falls Russland kein Gas mehr liefere, müsste die Priorisierung der Versorgung nach Systemrelevanz sinnvoll organisiert werden. „Wir suchen alle nach Alternativen – was wiederum im Hinblick auf die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit eine Chance sein kann“, sagte Friedmann.

Eine Sorge ist auch die Preisentwicklung. Würth selbst könne nicht die Preissteigerungen seiner Lieferanten komplett an die Kunden weitergeben. Das werde das Jahresergebnis belasten.

Moderat entwickeln sich die Mitarbeiterzahlen. Im ersten Halbjahr kamen insgesamt 1.311 neue Beschäftigte hinzu. Aktuell arbeiten im Konzern 84.494 Personen, die Hälfte davon im Vertrieb.
Mehr: Im Schatten des Patriarchen: Würth-Chef Robert Friedmann ist als Diplomat gefragt

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