Die Karosserieanlagenbau-Tochter des Ruhrkonzerns will ihren Kunden neue Finanzierungsmodelle anbieten. Dabei setzt sie auf den Trend zur Fabrik im Abo.
Mitarbeiter von Thyssen-Krupp
Der Ruhrkonzern will seine Anlagen zur Karosseriefertigung künftig auch in nutzungsabhängigen Finanzierungsmodellen anbieten.
Bild: Bloomberg
Düsseldorf In den vergangenen beiden Jahren haben viele Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe erlebt, wie schnell Lieferprobleme dazu führen, dass Fabriken wochenlang stillstehen. Der Karosserie- und Anlagenbauer Thyssen-Krupp Automotive Body Solutions will seinen Kunden deshalb einen besseren Zugang zu nutzungsabhängigen Finanzierungsmodellen für neue Anlagen ermöglichen. Dafür beteiligt sich das Unternehmen mit einem Minderheitsanteil am Fintech-Start-up Cap-on, zu dessen Investoren auch die Süddeutsche Leasing (SDL) gehört.
Falk Nüßle, CEO bei Thyssen-Krupp Automotive Body Solutions, sagte dem Handelsblatt dazu: „Wir sehen, dass Unternehmen auf der ganzen Welt darüber nachdenken, wie sie ihre Produktionsnetzwerke resilienter aufstellen können.“ Das wirtschaftliche Umfeld werde durch die Coronapandemie, aber auch durch globale Konflikte wie den Krieg in der Ukraine immer unsicherer, was Investitionsentscheidungen erschwere. „Mit Cap-on wollen wir daran arbeiten, das Risiko für Investitionsprojekte zu senken – indem wir die Finanzierung flexibilisieren.“
Dabei will der Ruhrkonzern, der in der Tochter seinen eigenen Karosseriebau und die Herstellung von Anlagen für die Konkurrenz gebündelt hat, solche Finanzierungsmodelle sowohl anwenden als auch anbieten. Langfristig sei geplant, das eigene Anlagenbau-Geschäftsmodell um sogenannte Pay-per-Use-Lösungen (PPU) zu erweitern, sagte Nüßle. Damit ist gemeint, dass Unternehmen eine Anlage nicht erwerben müssen, sondern nur die Nutzung bezahlen. Das Konzept firmiert unter dem Begriff „Equipment as a Service“.
Für produzierende Unternehmen hat das den Vorteil, dass sie ihre Kapazitäten erweitern können, ohne groß zu investieren. Denn die Kosten für neue Produktionsanlagen fallen erst im laufenden Betrieb je nach produzierter Stückzahl oder Betriebsstunde an. Wie genau das abgerechnet wird, kann dabei individuell vereinbart werden, erklärt Cap-on-Geschäftsführer Philipp Lenz: „Wir haben eine Softwarelösung entwickelt, die verschiedenste Parameter auswerten und berücksichtigen kann, um die Risikoverteilung zu optimieren.“
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Dabei versteht sich das Fintech, das 2021 gegründet wurde, als Schnittstellendienstleister zwischen Finanzierern, Anlagenbauern und produzierenden Unternehmen. Einerseits arbeitet Cap-on mit Anlagenherstellern wie Thyssen-Krupp zusammen, um die Maschinendaten besser auswerten.
Thyssen-Krupp in Essen
Neben Thyssen-Krupp und Cap-on versuchen auch weitere Maschinen- und Anlagenbauer sowie mehrere Start-ups, flexiblere Finanzierungsmodelle zu entwickeln.
Bild: imago/Rupert Oberhäuser
Andererseits fließen in die Risikoberechnung auch Bonitätsdaten ein, wie sie auch Leasinggesellschaften verwenden. „Durch die Vielfalt der Daten bekommen wir ein gutes Bild über die Nutzung und auch den Restwert der Maschine“, sagte Lenz. Das mache die Risikobeurteilung für den Finanzierungspartner realistischer als etwa eine reine Analyse der Finanzdaten.
Hinzu kommt, dass der Anlagenbauer seinem Kunden nicht nur die Nutzung der Maschine ermöglichen, sondern auch die Wartung und Instandhaltung mitübernehmen kann. Hier soll eine kontinuierliche Datenauswertung helfen, das Ausfallrisiko zu verringern. Intelligente Algorithmen unterstützen dabei, mögliche Defekte beispielsweise auf Basis von Vibrationsdaten im Vorfeld zu erkennen und zu beheben. So könnten plötzliche Produktionsausfälle verhindert werden.
Neben Thyssen-Krupp und Cap-on versuchen sich seit einiger Zeit weitere Maschinen- und Anlagenbauer sowie mehrere Start-ups daran, flexiblere Finanzierungsmodelle für Produktionserweiterungen zu entwickeln. Ein Beispiel ist der Bielefelder Werkzeugmaschinenhersteller DMG Mori, der einige seiner Maschinen im Rahmen eines Pay-per-Use-Modells anbietet.
Auch der Anlagenbauer Heidelberger Druckmaschinen bietet seine Produkte in diesem Modell an, genauso wie das Familienunternehmen Kärcher, das neben Reinigungsgeräten auch Autowaschanlagen produziert.
Die Branche reagiert damit auf Kundenwünsche, wie eine Untersuchung der Strategieberatung Boston Consulting Group zeigt. Demnach wollen weltweit 43 Prozent der Industrieunternehmen ihre Produktion neu ordnen, um resilienter zu werden.
Dabei sind viele Unternehmen allerdings besorgt angesichts steigender Kosten. Denn diese Neuordnung hat häufig zur Folge, dass sich Teile der Produktionskapazität von Schwellen- in Hochlohnländer wie Deutschland verschieben.
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