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02.02.2023

10:23

Medizintechnik

Einbruch des Coronatest-Geschäfts bremst Siemens Healthineers aus – Anleger greifen dennoch zu

Von: Axel Höpner, Maike Telgheder

Das Stammgeschäft ohne den Sonderboom mit den Coronatests ist nach Konzerneinschätzung aber ordentlich gelaufen. Die Sparten entwickelten sich jedoch sehr unterschiedlich.

In der Bildgebung mit Röntgen-, MRT- und CT-Geräten ist die Siemens-Tochter Weltmarktführer. Reuters

MRT-Produktion von Siemens Healthineers in China

In der Bildgebung mit Röntgen-, MRT- und CT-Geräten ist die Siemens-Tochter Weltmarktführer.

München Die Siemens Healthineers sind vor allem wegen der geringeren Nachfrage nach Coronaschnelltests mit einem Umsatz- und Gewinnrückgang ins neue Geschäftsjahr gestartet. Auf vergleichbarer Basis sanken die Erlöse im ersten Quartal des Geschäftsjahrs 2022/23 (30. September) um 4,5 Prozent auf gut fünf Milliarden Euro, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte.

Die Schnelltestumsätze herausgerechnet, legte der Quartalumsatz um 0,7 Prozent zu. Der Lockdown in China und Lieferkettenverzögerungen dämpften die Entwicklung.

Das bereinigte operative Ergebnis sank um 28 Prozent auf 647 Millionen Euro. Das entsprach einer Marge von nur noch 12,7 Prozent nach 17,6 Prozent im Vorjahreszeitraum.

Vorstandschef Bernd Montag bestätigte die Prognose für das Gesamtjahr. Die Umsätze sollen stagnieren. Rechnet man den Sonderboom mit den Coronatests heraus, wäre dies ein Zuwachs von sechs bis acht Prozent in den übrigen Geschäften. Für das bereinigte unverwässerte Ergebnis je Aktie wird ein leichter Rückgang auf 2,00 Euro bis 2,20 Euro erwartet.

Die Börse reagierte positiv: Die Aktien von Healthineers steigen in einem positiven Dax-Umfeld um mehr als sieben Prozent.

Analysten hatten für das erste Quartal auf vergleichbarer Basis im Schnitt mit einem leichten Umsatzrückgang auf 5,2 Milliarden Euro gerechnet. Beim angepassten operativen Ergebnis lag der Konsens der Schätzungen bei 663 Millionen Euro.

Die Bildgebung kann weiter zulegen

Die Healthineers verwiesen darauf, dass das Stammgeschäft ordentlich gelaufen sei. Die Auftragseingänge für Ausrüstung (Equipment) seien prozentual zweistellig gestiegen.

Die Sparten entwickelten sich sehr unterschiedlich. Die Bildgebungssparte mit den Röntgen- und MRT-Geräten ließ die Umsätze um vergleichbar gut fünf Prozent auf 2,7 Milliarden Euro steigen.

In der Diagnostiksparte gingen die Erlöse wegen des Endes des Schnelltestbooms um knapp ein Viertel auf 1,1 Milliarden Euro zurück. Im ersten Geschäftsquartal hatten die Healthineers mit Covid-19-Antigentests nur noch 63 Millionen Euro umgesetzt, nach 329 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum.

Beim Krebstherapiespezialisten Varian sanken die Umsätze um vergleichbar 4,5 Prozent auf 770 Millionen Euro. Der Konzern führte dies auf Lieferschwierigkeiten bei einem Zulieferer zurück, der ein Werk verlagert hatte. Das Problem sei mittlerweile behoben.

Der große europäische Konkurrent Philips hatte Anfang der Woche den Abbau von weiteren 6000 Arbeitsplätzen angekündigt. Die Niederländer waren wegen des kostspieligen Rückrufs von Beatmungsgeräten im vergangenen Jahr tief in die roten Zahlen gerutscht.

Im Schlussquartal 2022 – also in dem Zeitraum, über den die Healthineers jetzt berichteten – konnte Philips den Umsatz um vergleichbar drei Prozent auf 5,4 Milliarden Euro steigern. Der um Sondereffekte bereinigte Betriebsgewinn stieg bei Philips im Schlussquartal leicht auf 651 Millionen Euro. Damit schlugen sich die Niederländer besser als erwartet.

Doch Philips gab einen eher vorsichtigen Ausblick, zumal der Auftragseingang im vierten Quartal um acht Prozent sank. Man erwarte einen langsamen Start in das neue Geschäftsjahr. Im weiteren Verlauf werde das Geschäft aber anziehen. Im Gesamtjahr will Philips den Umsatz wieder leicht steigern.

US-Konkurrent GE Healthcare, das am Jahresanfang von der Mutter GE abgespalten worden ist, hat ehrgeizigere Pläne und stellt Anfang der Woche ein organisches Umsatzwachstum von fünf bis sieben Prozent für das laufende Jahr in Aussicht. Die bereinigte operative Gewinnmarge soll von 14,5 auf bis zu 15,5 Prozent steigen.

GE hatte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 18,3 Milliarden Dollar erzielt, im Jahresendquartal war das Unternehmen organisch sogar um 13 Prozent gewachsen, getrieben von einer starken Nachfrage nach bildgebenden Verfahren.

Eine Übernahme und die Nachfrage nach Coronatests hatten das Geschäft beflügelt

Die Siemens Healthineers hatten in der Coronazeit stark von der Nachfrage nach Schnelltests profitiert. Zudem wuchsen die Umsätze durch die Varian-Übernahme. Healthineers hatte den US-Krebstherapiespezialisten in der größten Akquisition in der Siemens-Geschichte für 16 Milliarden Dollar übernommen.

Auch deshalb konnten die Healthineers den Umsatz im Geschäftsjahr 2020/21 um mehr als 20 Prozent auf erstmals 21,7 Milliarden Euro steigern. Bereinigt um Portfolio- und Währungseffekte lag das Wachstum bei 5,9 Prozent. Das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis stieg um 16 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro. Das entsprach einer Marge von 16,8 Prozent.

Für das laufende zweite Geschäftsquartal geht das Healthineers-Management von einem stark beschleunigten Wachstum aus, insbesondere auch wegen Aufholeffekten beim Krebstherapiespezialisten Varian.

Die Diagnostiksparte wird den Erwartungen des Managements zufolge die coronabedingten Einbußen im ersten Quartal in den kommenden Monaten kaum noch aufholen können. Das Geschäftsfeld werde im laufenden Geschäftsjahr wohl am unteren Ende der prognostizierten Bandbreite für Marge und Umsatz landen, sagte Finanzvorstand Jochen Schmitz. Deshalb werde es für den Konzern herausfordernder, das obere Ende der eigenen Prognosen zu erreichen.

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