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02.11.2021

13:54

Medizintechnik

Fresenius Medical Care streicht bei Neuaufstellung 5000 Jobs

Von: Maike Telgheder

Der Fresenius-Konzern leidet deutlich unter den Folgen der Coronapandemie. Die Dialysetochter FMC will sich neu ausrichten und 5000 Jobs streichen.

Der Dialysespezialist baut weltweit Stellen ab. dapd

Gesundheitskonzern Fresenius Medical Care

Der Dialysespezialist baut weltweit Stellen ab.

Frankfurt Die anhaltende Coronapandemie belastet den Dax-Konzern Fresenius länger und stärker als erwartet. Vor allem die ebenfalls im Dax notierte Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC), die für rund die Hälfte des Geschäfts steht, ist stark betroffen: Wegen der Ausbreitung der Delta-Variante und steigender Infektionszahlen sterben weiterhin überproportional viele Dialysepatienten an den Folgen einer Coronainfektion, wie das Unternehmen am Dienstag bei der Veröffentlichung der Quartalszahlen bekannt gab. Das Unternehmen erwartet in diesem Jahr einen Ergebnisrückgang von rund 25 Prozent. 2020 erzielte FMC bei einem Umsatz von 17,9 Milliarden Euro einen Konzerngewinn von 1,2 Milliarden Euro.

„Die Covid-19-Pandemie ist eine nie da gewesene Situation und kostet weiterhin Tag für Tag viele Menschenleben“, sagte Konzernchef Rice Powell. Er räumte ein, dass der Covid-19-Effekt auf das Geschäft viel stärker sei, als man Anfang des Jahres prognostiziert hatte.

Um seine Mittelfristziele 2025 zu erreichen und wieder auf profitablen Wachstumskurs zu kommen, wird Fresenius Medical Care sein Geschäftsmodell deutlich vereinfachen und 5000 Arbeitsplätze abbauen. Insgesamt beschäftigt FMC weltweit mehr als 125.000 Mitarbeiter. Der Plan zur Neuausrichtung wurde bereits vor Monaten angekündigt: Firmenchef Rice Powell wird die Wertschöpfung nachhaltig verbessern und das Unternehmen insgesamt agiler machen. Bislang war FMC nach vier Weltregionen aufgeteilt, wobei Nordamerika rund 70 Prozent zum Gesamtumsatz beisteuerte.

Künftig wird FMC nur noch mit zwei globalen Segmenten agieren. Das globale Geschäft mit Gesundheitsdienstleistungen, das für rund 80 Prozent des Umsatzes steht, wird im Segment Care Delivery zusammengefasst. Das bisher dezentrale Produktgeschäft, das rund 20 Prozent des Gesamtumsatzes ausmacht, wird im Segment Care Enablement zusammengefasst.

Vorteil dieser Struktur sei eine verringerte organisatorische Komplexität mit schnelleren und kürzeren Entscheidungswegen und zügigeren Neuprodukteinführungen, so das Unternehmen. Mit der Umsetzung des neuen globalen Betriebsmodells erwartet Fresenius Medical Care eine Senkung seiner jährlichen Kosten um 500 Millionen Euro bis 2025. Allerdings kostet die Neuausrichtung auch: FMC rechnet mit Einmalinvestitionen von rund 500 Millionen Euro, von denen etwa 80 Prozent bis Ende 2023 getätigt werden sollen. Nettoeinsparungen erwartet das Unternehmen bis Ende des Jahres 2023.

Helen Giza steuert das Transformationsprogramm

Gesteuert wird das globale Transformationsprogramm von Finanzchefin Helen Giza, die zusätzlich die Rolle des Chief Transformation Officer übernehmen wird.

An der Börse kamen die Umbaupläne von Fresenius Medical Care an: Die Aktien des Dialysekonzerns legten am Dienstag bis zum Mittag um mehr als drei Prozent zu. Die Belastungen durch die Coronapandemie waren von vielen Analysten bereits in ihren Berechnungen berücksichtigt worden. FMC habe im dritten Quartal weitgehend wie erwartet abgeschnitten, schrieb Barclays-Analyst Hassan Al-Wakeel in seinem Bericht.

Von Juli bis September wuchs FMC wegen der Auswirkungen der Coronapandemie nur um ein Prozent auf 4,4 Millionen Euro Umsatz. Das Ergebnis fiel um 22 Prozent auf 277 Millionen Euro – Sondereinflüsse sind dabei herausgerechnet. FMC erwartet nun, nur noch das untere Ende seiner ausgegebenen Jahresprognose erreichen zu können: Das Ergebnis dürfte damit währungsbereinigt um rund 25 Prozent unter dem Vorjahreswert liegen, der Umsatz im niedrigen einstelligen Prozentbereich zulegen.

Auch die Konzernmutter Fresenius wird von der Entwicklung ihrer Dialysetochter in diesem Jahr deutlich gebremst. Da sich aber die anderen Sparten im dritten Quartal besser als erwartet entwickelt haben und das Unternehmen bei seinem Effizienzprogramm gut vorankommt, erwartet Fresenius-Chef Stephan Sturm, nun bei Umsatz und Gewinn das obere Ende der bisher angegebenen Prognose erreichen zu können.
Das honorierte die Börse: Die Aktien von Fresenius starteten am Morgen mit einem Plus von fünf Prozent, gaben im Laufe des Tages aber etwas ab.

Medikamentensparte Kabi wächst organisch

Analyst Oliver Metzger von Oddo BHF lobte das positive Momentum bei der Medikamentensparte Kabi. Die auf intravenös zu verabreichende Arzneimittel und Ernährungslösungen spezialisierte Sparte wuchs organisch um mehr als acht Prozent und stellte ein etwas besseres Ergebnis als bisher prognostiziert in Aussicht.

Auch die Krankenhaustochter Helios entwickelte sich mit einem organischen Umsatzwachstum von fünf Prozent besser als von Analysten erwartet – insbesondere in Spanien, wo die Behandlungen wieder über das Niveau von vor der Pandemie stiegen. Insgesamt wuchs Helios auch durch die Zukäufe einiger Malteser-Kliniken im dritten Quartal um neun Prozent auf 2,6 Milliarden Euro Umsatz.
Alles in allem konnte Fresenius seinen Umsatz im dritten Quartal um fünf Prozent auf 9,3 Milliarden Euro steigern. Das Konzernergebnis erhöhte sich unter anderem aufgrund einer guten Geschäftsentwicklung der Medikamentensparte Kabi um zwei Prozent auf 435 Millionen Euro.
Im Gesamtjahr 2021 soll der Umsatz von zuletzt 36,2 Milliarden Euro im mittleren einstelligen Prozentbereich zulegen, das Konzernergebnis von rund 1,8 Milliarden Euro 2020 um einen niedrigen einstelligen Prozentsatz wachsen. Beide Werte sind jeweils um Währungs- und Sondereffekte wie Kosten für das Effizienzprogramm bereinigt. Fresenius will bis 2023 durch verschiedene Maßnahmen quer über alle Konzernbereiche rund 100 Millionen Euro an Kosten pro Jahr einsparen.

Auch im Jahresendquartal erwartet Fresenius weitere Belastungen durch die Coronapandemie. Eine stark zunehmende Anzahl von Covid-19-Fällen sowie die weitere Ausbreitung von Virusmutationen und ein stagnierender Impffortschritt könnten die Prognose für das laufende Geschäftsjahr möglicherweise beeinflussen, heißt es. Ebenso rechnet der Dax-Konzern mit Gegenwind durch Kosteninflation unter anderem aus steigenden Rohstoff- und Transportpreisen, höheren Energiekosten sowie Engpässen in den Lieferketten.

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