Bosch investiert kräftig in sein Halbleitergeschäft. Die Schwaben sind allerdings nicht die Einzigen, die auf das zukunftsträchtige Material Siliziumkarbid setzen.
Bosch-Halbleiterfabrik in Dresden
Es ist die größte Investition in der 133-jährigen Geschichte des schwäbischen Autozulieferers.
Bild: dpa
Dresden, München Bosch errichtet in Dresden eine Chipfabrik quasi mit angeschlossener Landebahn. Direkt neben dem Flughafen erstreckt sich auf einer Fläche von 14 Fußballfeldern die mit einer Milliarde Euro teuerste Einzelinvestition in der Geschichte des 133 Jahre alten Unternehmens.
Das Werk ist schon weit gediehen, der Rohbau fast fertig. Jeder, der in der sächsischen Landeshauptstadt ankommt oder abfliegt, erkennt: Der weltgrößte Autozulieferer meint es ernst mit den Halbleitern. Von Herbst 2021 an sollen hier Bauelemente für Airbags und Fahrerassistenzsysteme entstehen.
An diesem Montag wollte Bosch-Geschäftsführer Harald Kröger bei einem Ortstermin aber nicht nur über die Baufortschritte an der Elbe reden. Es ging noch um einen technisch viel wichtigeren und mutigeren Schritt: Der Konzern setzt künftig bei der Leistungselektronik auf Halbleiter aus Siliziumkarbid (SiC) und wird die technisch anspruchsvollen Bauteile selbst herstellen. Mit den SiC-Chips wollen die Schwaben einen wesentlichen Beitrag leisten, damit sich Elektroautos endlich durchsetzen.
Mit Chips aus Siliziumkarbid sollen strombetriebene Fahrzeuge größere Reichweiten erzielen, sich schneller laden lassen – und das alles zu niedrigeren Kosten bei weniger Platz und Gewicht.
Auch andere Autozulieferer wie der US-Konzern Delphi haben daher angekündigt, Anfang kommenden Jahrzehnts Chips auf SiC-Basis auf den Markt zu bringen. Bosch allerdings produziert als einziger Autozulieferer seine Halbleiter selbst und hat es deshalb in der Hand, jetzt vorzupreschen.
„Wir werden in dieses Thema groß hineingehen und sind sehr optimistisch, einen Wettbewerbsvorteil zu generieren“, betonte Kröger. Mit den Chips sollen Elektroautos sechs Prozent länger fahren. Siliziumkarbid-Halbleiter bergen noch weitere Potenziale: Sie sind schneller, kleiner und werden nicht so heiß.
Dadurch lassen sich die Kosten für die Batterie als teuerste Komponente eines Elektroautos senken, was wiederum den Preis der Fahrzeuge reduziert. Das könnte für größeres Interesse der Kunden sorgen.
Bosch selbst kann auf einen gewaltigen Markt hoffen. Während der Chipanteil in Smartphones, Tablets, PCs und Fernsehgeräten Marktforschern zufolge in den kommenden Jahren stagnieren wird, wird er in Fahrzeugen durch die zunehmende Elektrifizierung, Automatisierung und Vernetzung wachsen. So erwartet der Branchenverband ZVEI bis 2023 ein durchschnittliches jährliches Umsatzplus mit Kfz-Halbleitern von fast sechs Prozent. Von 54 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr würden die Erlöse global auf 71 Milliarden steigen, schätzt der ZVEI.
Zum Vergleich: 1998 steckten Halbleiter im Wert von 138 Dollar in einem Fahrzeug. Vergangenes Jahr waren es 559 Dollar, 2023 sollen es gemäß ZVEI schon 685 Dollar sein. „Ein Ende des Trends ist nicht in Sicht“, heißt es bei dem Verband. Bei Elektroautos verdoppelt sich der Wert nahezu.
Und bei eines Tages vollständig autonom fahrenden Autos rechnen Experten mit Chips im Wert von über 1600 Dollar. Durchschnittlich 50 Chips stecken heute schon in jedem neuen Auto. Neun davon stammen von Bosch. Diesen Marktanteil will Bosch-Geschäftsführer Kröger noch ausbauen.
Siliziumkarbid elektrisiert die Chipindustrie schon seit einigen Jahren und stand zwischenzeitlich sogar ganz oben auf der Agenda von US-Präsident Donald Trump. Der Münchener Halbleiterhersteller Infineon, zugleich Konkurrent und Lieferant von Bosch, hatte bereits 2016 vor, den führenden Anbieter von Siliziumkarbid, Cree, zu übernehmen.
Die Amerikaner liefern das Rohmaterial für andere Produzenten, fertigen mit dem Werkstoff aber auch selbst Chips. 850 Millionen Dollar wollte Infineon damals auf den Tisch legen. Die Verträge waren unterzeichnet, die Finanzierung gesichert, doch die US-Behörden untersagten letztlich die Übernahme mit Verweis auf die nationale Sicherheit. Cree beliefert unter anderem die US-Armee. Inzwischen ist Cree an der Börse mehr als fünf Milliarden Dollar wert.
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