Der deutsche Pharmahersteller kann den Gewinn deutlich steigern und rechnet mit einem erfolgreichen Jahr. Analysten hatten etwas mehr erwartet. Die Aktie legt trotzdem zu.
Frankfurt Der Darmstädter Merck-Konzern zeigt sich in seiner geschäftlichen Entwicklung von der Krise in der Ukraine unbeeindruckt und will nach Rekordzahlen im vergangenen Jahr auch 2022 deutlich zulegen. Man erwarte für 2022 ein starkes organisches Wachstum von Umsatz und bereinigtem operativem Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda), kündigte Merck am Donnerstag bei Vorlage des Jahresabschlusses an. Zudem dürften erstmals seit Jahren positive Währungseffekte von zwei bis fünf Prozent das Ergebnis stärken.
Merck unterstreicht den positiven Ausblick mit einer deutlichen Anhebung der Dividende um 45 Cent auf 1,85 Euro je Aktie. Auch die Ausschüttungssumme wird damit im neuen Jahr auf einen neuen Höchstwert steigen.
Konkrete Prognosen für die Geschäftszahlen will Merck zwar erst nach Abschluss des ersten Quartals vorlegen. Insgesamt deuten die Aussagen aber darauf hin, dass der Darmstädter Konzern 2022 relativ nahtlos an die sehr starke Entwicklung des Vorjahres anknüpfen kann.
Die Anleger hörten es gern. Im Vormittagshandel legte die Aktie des Darmstädter Unternehmens um mehr als 2,5 Prozent zu, nachdem sie zunächst im frühen Handel noch rund 1,5 Prozent verloren hatte. Analysten hatten einen etwas höheren operativen Gewinn erwartet.
Wesentlicher Wachstumstreiber wird nach Angaben des Unternehmens das in der Sparte Life Science gebündelte Geschäft mit Biotech-Vorprodukten bleiben. Hier sorgt insbesondere eine starke Nachfrage im Bereich der Pandemiebekämpfung für Zuwächse. Merck ist unter anderem Vorlieferant für zahlreiche Impfstoffhersteller und hat zuletzt zum Beispiel auch seine Produktion von Vorprodukten für den mRNA-Impfstoff von Biontech und Pfizer deutlich ausgebaut.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr sorgte die Pandemie in diesem Geschäftsbereich für zusätzliche Umsätze in Höhe von 1,15 Milliarden Euro. Für das laufende Jahr erwartet Belén Garijo, Vorsitzende der Geschäftsleitung, aus diesem Grund bis zu 900 Millionen Euro mehr. Viele Analysten gehen unterdessen davon aus, dass sich die Entwicklung im Life-Science-Bereich ab 2023 wieder normalisiert.
Auch für die Bereiche Gesundheit (Pharma) und Elektronik (Display- und Halbleitermaterialien) sieht Merck im laufenden Jahr Wachstum. Der Krieg in der Ukraine dürfte das Unternehmen wirtschaftlich dabei kaum beeinträchtigen: Der Dax-Konzern macht laut CEO Garijo nur etwa ein Prozent seines Umsatzes in der Ukraine und Russland.
In keinem der Länder ist Merck mit Forschungseinrichtungen oder Produktionsstätten vertreten. In Russland werden insgesamt 400 Mitarbeiter beschäftigt, in der Ukraine keiner. Merck liefert vor allem Arzneimittel in die Region, diese sind nicht von den Sanktionen betroffen. Gleichwohl merken die Darmstädter, dass die Logistik durch den Krieg herausfordernder wird. Zur Unterstützung der Menschen in der Ukraine will das Unternehmen zwei Millionen Euro spenden, eine Million davon kommt von der Merck-Familie.
Das Geschäftsjahr 2021 hat der Darmstädter Konzern nach drei Prognoseanhebungen in Folge mit einem Anstieg des Umsatzes um zwölf Prozent auf 19,7 Milliarden Euro und einem Anstieg des Reingewinns um 54 Prozent auf knapp 3,1 Milliarden Euro abgeschlossen. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) legte um 40 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro zu. Das bereinigte Ebitda, die von Merck als Indikator für die operative Entwicklung bevorzugte Ertragskennziffer, verbesserte sich um 17 Prozent auf 6,1 Milliarden Euro. Dabei sind neben Zinsen und Steuern auch Abschreibungen sowie einige unregelmäßig auftretende Aufwands- und Ertragsposten ausgeklammert.
Die Ertragszahlen repräsentieren in fast jeder Hinsicht neue Rekordwerte für Merck. Das gilt auch für den Free Cashflow, der um zwei Drittel auf 3,2 Milliarden Euro zulegte. Merck konnte daher trotz höherer Dividendenzahlungen seine Nettoverschuldung um zwei Milliarden auf 8,8 Milliarden Euro reduzieren.
Merck profitierte damit 2021 sehr stark von dem Ausbau seiner Aktivitäten im Bereich Biotech-Materialien und Halbleiter-Chemikalien. Beide Segmente hatte der Konzern im vergangenen Jahrzehnt durch größere Zukäufe deutlich ausgebaut. Zuletzt verstärkte der Konzern seine Sparte Life Science durch den Erwerb der Firma Exelead, eines biopharmazeutischen Auftragsentwicklers und -herstellers.
In der Electronics-Sparte, die Merck 2019 durch Übernahme von Versum Materials verstärkt hatte, hat im vergangenen Jahr ein zweistelliger Zuwachs bei Halbleitermaterialien Umsatzeinbußen bei Flüssigkristallen überkompensiert. Auch das Geschäft mit Pigmenten für die Auto- und Kosmetikindustrie hat sich nach dem pandemiebedingten Einbruch im Vorjahr deutlich erholt und legte um zwölf Prozent zu.
Im Pharmabereich sorgten unterdessen vor allem die neueren Produkte Bavencio (gegen Krebs) und Mavenclad (Multiple Sklerose) für Umsatzzuwächse. Insgesamt legte die Sparte um 8,5 Prozent zu und dürfte damit etwas stärker als die Branche insgesamt wachsen, soweit man von dem Sonderboom im Bereich der Covid-Impfstoffe absieht.
Für die kommenden Jahre hat sich Merck viel vorgenommen: Unter der Devise „25 by 25“ will das Unternehmen den Konzernumsatz bis 2025 auf rund 25 Milliarden Euro steigern. Um das zu erreichen, müsste Merck jedes Jahr im Durchschnitt um mehr als eine Milliarde Euro Umsatz zulegen.
Insgesamt sollen im Zeitraum 2021 bis 2025 mehr als 30 Milliarden Euro investiert werden – in den Ausbau des Unternehmens, für Forschung und Entwicklung sowie für Akquisitionen. Verglichen mit dem vorangegangenen Fünfjahreszeitraum steigen die geplanten Investitionen damit um mehr als 50 Prozent.
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