PremiumRoy Jakobs übernimmt Mitte Oktober die Führung des schwächelnden Konzerns. Damit entscheidet sich Philips in schwierigen Zeiten für eine interne Lösung.
Roy Jakobs
Der neue Philips-Chef ist seit fast zwölf Jahren in verschiedenen Führungspositionen im Unternehmen beschäftigt.
Bild: Philips
München Herausforderungen gibt es derzeit reichlich für den Medizintechnikspezialisten Philips: Der millionenfache Rückruf von Beatmungsgeräten belastet Ergebnis und Reputation, in den USA laufen Sammelklagen, die Lieferketten waren gestört. Zudem ist der Aktienkurs seit Jahresbeginn um weitere 40 Prozent gesunken.
Ein neuer Vorstandschef soll nun die Wende schaffen. Roy Jakobs trete am 15. Oktober die Nachfolge von Frans van Houten an, teilte Philips am Dienstag überraschend mit. Van Houten, der den niederländischen Konzern in den vergangenen knapp zwölf Jahren geführt hat, werde den Übergang noch bis Ende April beratend begleiten.
Im Umfeld des Unternehmens wurde betont, dass es sich um einen geordneten Wechsel handle. Es sei klar gewesen, dass van Houten keine vierte Amtszeit mehr anstrebe. Doch stand ein Wechsel eigentlich erst zur Hauptversammlung im kommendem Mai an. Nun soll eine außerordentliche Aktionärsversammlung Ende September dem Wechsel zustimmen.
Der 1974 geborene Jakobs sei als interner Kandidat eingearbeitet und könne sofort das Ruder übernehmen, hieß es in Unternehmenskreisen. Dies habe den Vorteil, dass er gleich die volle Verantwortung für das Geschäftsjahr 2023 übernehmen könne. Auch bei van Houtens Sprung an die Spitze hatte es einst einen gleitenden Übergang gegeben. Er war für einige Monate Chief Operating Officer, ehe er dann den Chefposten übernahm.
Philips habe sich bei der Nachfolgersuche auch extern umgesehen, hieß es in Branchenkreisen. Die Wahl fiel dann aber auf den Niederländer Jakobs, der seit 2010 in verschiedenen Funktionen für Philips tätig ist. Jakobs ist in Kerkrade nahe der deutschen Grenze geboren und hat auch einen deutschen Pass.
Den Ausschlag gegeben haben dürften nach Einschätzung von Unternehmenskennern dabei zwei Schwerpunkte seiner Arbeit: Er gilt als Experte für die digitale Transformation, die auch für den Medizintechniksektor eine der größten Herausforderungen ist.
Zudem war er im vergangenen Jahr als Verantwortlicher für den Bereich „Connected Care“, der Geräte für die Diagnostik und die Auswertung medizinischer Daten umfasst, auch für das Management des Rückrufs der Beatmungsgeräte verantwortlich.
Er freue sich, Philips führen und etwas zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen durch Innovation beitragen zu können, sagte Jacobs laut Mitteilung. Er war vor zwölf Jahren als Marketing- und Strategiechef zur Lichttechniksparte Philips Lighting gekommen, die nach seiner Zeit dort ausgegliedert wurde und heute eigenständig unter dem Namen Signify agiert. Zuvor war er beim Ölkonzern Shell und dem Wissenschaftsverlag Elsevier angestellt.
In seiner Laufbahn hat Jakobs viel internationale Erfahrung gesammelt. Er lebte in Amsterdam, Bologna, Lissabon, Dubai und Schanghai. Die Führung der für Philips so wichtigen Sparte „Connected Care“ hatte sich auch schon für andere Manager als Sprungbrett für die weitere Karriere erwiesen. So führt Carla Kriwet heute den Dax-Konzern FMC.
Die Herausforderungen für Jakobs sind groß. Im zweiten Quartal sanken die Umsätze des Medizintechnikkonzerns auf vergleichbarer Basis währungsbereinigt um sieben Prozent auf knapp 4,2 Milliarden Euro. Philips machte dafür vor allem Probleme in der Lieferkette und die neuen Corona-Lockdowns in China verantwortlich. Unter dem Strich stand ein Verlust von 20 Millionen Euro. Es sei eine der Hauptaufgaben von Jakobs, die Lieferketten widerstandsfähiger zu machen, sagte ein Insider.
Doch das größte Problem sind derzeit die Folgen der Rückrufe. In den betroffenen Beatmungsgeräten wurde ein Dämmschaumstoff verarbeitet, von dem sich Partikel lösen, die möglicherweise gesundheitsgefährdend sind. Zum Jahreswechsel hatte der Konzern angekündigt, statt der bisher genannten vier Millionen Beatmungsgeräte insgesamt 5,2 Millionen zurückrufen zu müssen.
Insgesamt hat der Konzern inzwischen rund 900 Millionen Euro für den Rückruf zurückgestellt. Mögliche Kosten aus Sammelklagen sind damit nicht abgedeckt. Mehr als 100 Sammelklagen wurden bereits eingereicht. Möglicherweise hängen die Probleme mit unsachgemäßer Reinigung zusammen. Van Houten hatte dem Handelsblatt Anfang des Jahres gesagt, dass die Geräte innerhalb der Sicherheitsnormen lägen.
Nun soll Jakobs dafür sorgen, dass künftig wieder die Innovationsthemen im Mittelpunkt stehen und nicht Produktrückrufe. Intern wird dem neuen CEO, der eine Familie mit drei Kindern hat, ein moderner Führungsstil beschieden. „Er ist sehr offen und geht pragmatisch an die Dinge heran“, sagt einer, der mit ihm zusammengearbeitet hat.
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