Maßgeblich für Audis Engagement sei die Änderung des Motorenreglements, die ab 2026 gilt. Dadurch werden die Boliden zwar sauberer, die Formel 1 aber nicht.
Audi-Konzeptfahrzeug für die Formel 1
Die Volkswagen-Tochter will sich ab 2026 in der Rennserie engagieren.
Bild: Audi
Düsseldorf Audi steigt in den Rennzirkus der Formel 1 ein. Die Ingolstädter VW-Tochter teilte am Freitag mit, sie trete ab 2026 mit einer eigens entwickelten Antriebseinheit an. Das Projekt werde am Standort von Audi Sport in Neuburg an der Donau beheimatet sein.
Entscheidend für Audis Einstieg in die Formel 1 sei die Änderung des Motorenreglements, die ab 2026 in Kraft tritt. Ab dann sind Hybrid-Antriebe Pflicht. Das elektrische Aggregat mit rund 475 PS soll in etwa so stark sein wie der 1,6-Liter-Verbrennungsmotor mit circa 544 PS, heißt es bei Audi.
Außerdem setzt die Formel 1 dann auf synthetische Kraftstoffe, auch E-Fuels genannt. Auf diese Weise wolle die Formel 1 das Ziel erreichen, bis 2030 klimaneutral zu sein.
„Mit dem neuen Reglement ist für uns genau jetzt der richtige Zeitpunkt für den Einstieg. Denn die Formel 1 und Audi verfolgen beide eindeutige Nachhaltigkeitsziele“, sagte Audi-Chef Markus Duesmann.
Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM) an der Fachhochschule Bergisch Gladbach, sieht Audis Engagement gespalten. „Audi vollzieht mit dem Einstieg einen Spagat", sagt er. Einerseits zähle das sportliche Moment zum Markenkern des Autobauers. Andererseits müsse Audi einen glaubhaften Beitrag zum Umweltschutz leisten, meint Bratzel.
Der Widerspruch ist deutlich: Audis Formel-1-Einstieg steht ein klarer Konzernplan gegenüber, der vorsieht, dass Audi ab 2026 keine neuen Verbrenner-Modelle mehr ins Portfolio aufnimmt. Ab 2033 will der Autobauer sogar ausschließlich Elektroautos verkaufen und Verbrenner aus den Verkaufslisten verbannen.
Audi-Chef Markus Duesmann
Der Chef der VW-Tochter hat offenbar seine Meinung zu E-Fuels geändert.
Bild: IMAGO/PanoramiC
Allein durch die mit synthetischem Treibstoff betankten Hybrid-Antriebe wird die Formel 1 nicht viel sauberer. Insgesamt stößt die Formel 1 laut dem Automobil-Weltverband FIA pro Saison fast 260.000 Tonnen CO2 in die Atmosphäre. Die Boliden sind für weniger als ein Prozent davon verantwortlich.
Die Logistik ist das eigentliche Problem, schließlich reist der Renn-Betrieb das ganze Jahr durch die Welt. 43 Prozent des CO2-Ausstoßes entstehen durch den Transport.
Die Rennsportserie hat vor allem in Europa ein Image-Problem, wo Autohersteller mit den strengsten Klimaschutzzielen konfrontiert sind. Zuletzt hatte sogar der deutsche Formel-1-Star Sebastian Vettel seinen Ausstieg aus der Rennsportklasse unter anderem mit den problematischen Umweltfolgen begründet. „Wir leben in entscheidenden Zeiten. Wie wir die nächsten Jahre gestalten, ist entscheidend. Reden ist nicht genug. Es gibt keine Alternative mehr. Das Rennen ist im Gang“, sagte Vettel, der derzeit verstärkt auf sein Umwelt-Engagement aufmerksam macht.
Der Widerspruch zwischen Rennsport und Umweltschutz sei vor allem ein europäisches Thema, meint Autoexperte Bratzel. „Das ist in den USA und Asien anders. Hier genießt der Rennsport nach wie vor deutlich höheres Ansehen“, sagt er. Für eine globale Marke wie Audi könne ein Einstieg deshalb sinnvoll sein.
Ein Vergleich mit anderen Sportarten zeigt zudem, dass die Formel 1 hinsichtlich des CO2-Ausstoßes nicht herausragt. Die dreiwöchige Tour de France verursacht einen CO2-Ausstoß von fast 220.000 Tonnen, eine Bundesliga-Saison etwa 260.000 Tonnen. Durch die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland vor vier Jahren wurden sogar 2,1 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen.
Vor dem Hintergrund des Klimaschutzes müsse sich jeder Autobauer daher die Frage stellen, wie viel betriebswirtschaftlichen Nutzen ein Einstieg auf der einen Seite stifte und wie groß ein potenzieller Imageschaden auf der anderen Seite ausfalle, sagte Bratzel.
Bei Audi überwiegt offenbar die ökonomische Hoffnung. Audi werde signifikante Summen in die Motorenentwicklung investieren, sagte Duesmann, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Der Autobauer strebe ein langfristiges Engagement an. „Unser Plan ist es, innerhalb der ersten drei Jahre nach unserem Einstieg als Motorenlieferant wettbewerbsfähig zu sein“, sagte er.
Mit welchem Team Audi zusammengehen wird, wollte Duesmann nicht verraten. Zuletzt war eine Mehrheitsbeteiligung an dem Schweizer Rennstall Sauber erwartet worden, der in der Formel 1 unter dem Namen Alfa Romeo auftritt.
Ursprünglich hatte die VW-Tochter versucht, mit dem Sportwagenhersteller McLaren einen Deal einzufädeln. Die Ingolstädter wollten sogar über 600 Millionen in die Hand nehmen, um den Rennstall des britischen Autobauers komplett zu übernehmen. Die Absichtserklärung lag bereits vor. Die Übernahme scheiterte jedoch im letzten Moment.
Ein Einstieg des ebenfalls zu Volkswagen gehörenden Sportwagenbauers Porsche in die Formel 1 wird in Kürze erwartet. Hier gilt eine Partnerschaft mit dem Team Red Bull von Weltmeister Max Verstappen als abgemacht.
Dass zwei Marken des Volkswagen-Konzerns in die Rennserie einsteigen, gleichzeitig und unabhängig voneinander investieren und gegeneinander auf der Strecke konkurrieren werden, hält Duesmann für unproblematisch. „Audi und Porsche haben jeweils als Marken einen eigenen Charakter und eigene Fan-Gruppen.“ Außerdem müsse ein Motor auf ein jeweiliges Chassis angepasst werden. Zwischen den Motoren von Audi und Porsche gäbe es deswegen kaum Überschneidungen.
Überraschend waren auch Duesmanns Aussagen zu den synthetischen Kraftstoffen. „E-Fuels werden eine entscheidende Rolle für die klimaneutrale Mobilität spielen“, sagte der Audi-Chef. Damit folgt er Aussagen des künftigen Volkswagen- und Porsche-Chefs Oliver Blume, der sich kürzlich ebenfalls für den Einsatz von E-Fuels ausgesprochen hatte.
Vor etwas mehr als einem Jahr hatte Duesmann noch gesagt, dass E-Fuels zwar eine gute Antwort darauf wären, bestehende Verbrenner CO2-neutral zu betreiben. Es gebe allerdings zu wenig Ökostrom, um diese herzustellen. „Und aufgrund der schlechten Wirkungsgrade sind sie keine echte Alternative“, sagte er im Mai 2021 gegenüber der „Welt“. Tatsächlich gelten E-Fuels in Summe als nicht besonders energieeffizient – gerade im Vergleich mit Elektromotoren.
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