Die Nachfrage der Kunden ist gerade in den Digitalsparten des Konzerns weiter hoch. Siemens erhöht nun die Dividende.
Siemens-CEO Roland Busch
Der Vorstandsvorsitzende kommt beim Umbau des Traditionskonzerns zu einem IT-Unternehmen voran.
Bild: Lennart Preiss/Siemens AG
München Siemens hat im abgelaufenen Geschäftsjahr trotz der globalen Verwerfungen einen operativen Rekordgewinn von erstmals mehr als zehn Milliarden Euro erzielt. Vorstandschef Roland Busch sagte am Donnerstag in München: „Die hohe Nachfrage nach unseren Hardware- und Softwareangeboten hält an, einschließlich höher als erwarteten Umsatzwachstums im digitalen Geschäft.“
Auch für das laufende Geschäftsjahr ist er zuversichtlich. Seit der Abspaltung der margenschwachen Energietechnik versteht sich Siemens stärker als IT- und Digitalkonzern. Die Investoren hatten anfangs zurückhaltend auf die neue Digitalstrategie reagiert, die erhoffte Neubewertung an den Börsen blieb zunächst aus.
Doch das könnte sich jetzt ändern. Schon im Vorfeld der Zahlen war der Siemens-Aktienkurs in den vergangenen Wochen um 30 Prozent gestiegen. Am Donnerstag legte er zwischenzeitlich noch einmal um neun Prozent auf mehr als 131 Euro zu. „Siemens ist jetzt auf Kurs“, sagte Vera Diehl, Portfoliomanagerin bei Union Investment.
Mit den Ergebnissen übertraf Siemens die Erwartungen von Analysten. Die Umsätze legten um vergleichbar acht Prozent auf knapp 72 Milliarden Euro zu, der operative Gewinn stieg um 17 Prozent auf 10,3 Milliarden Euro. Wegen einer Abschreibung auf die Beteiligung von noch 35 Prozent an der verlustreichen Siemens Energy sank der Nettogewinn um gut ein Drittel auf 4,4 Milliarden Euro. Dennoch soll die Dividende von 4,00 auf 4,25 Euro steigen.
Besonders wichtig sind die Digitalgeschäfte. Siemens stellt längst nicht mehr nur Hardware wie Züge her, sondern konkurriert bei digitalen Lösungen mit IT-Konzernen wie Microsoft und Amazon. Busch hatte dabei angekündigt, die Umsätze mit Software und digitalen Dienstleistungen in den kommenden Jahren jeweils um mindestens zehn Prozent steigern zu wollen.
Im Jahr 2021/22 gelang dies mit einem Zuwachs von 15 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro. Die Vorzeigesparte „Digitale Industrien“, zu der neben der Industriesoftware auch die Automatisierung gehört, steigerte die Umsätze um 13 Prozent auf 19,5 Milliarden Euro.
Dies gelang trotz der schwierigen Umstellungen auf ein „Software as a Service“-Mietmodell („SaaS“), die Siemens gerade umsetzt. Das ist in der Softwarebranche üblich, viele große Anbieter haben dies bereits getan. Die Umsätze sollen so verstetigt und die Margen erhöht werden.
Der Wechsel fiel aber selbst großen Softwarekonzernen wie SAP schwer. Kurzfristig sinken die Umsätze, weil die Lizenzen nicht mehr auf einen Schlag verkauft werden, auch die Margen leiden in der Übergangszeit oft.
Siemens-Chef Busch sagte dazu: „Die Umstellung des Geschäftsmodells läuft voll nach Plan und unsere Kunden greifen zu.“ Bislang hätten sich 3100 Kunden für das neue Geschäftsmodell entschieden, „darunter waren fast 60 Prozent Neukunden“. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen seien an Software auf SaaS-Basis interessiert. Diese hätten sich vorher die teuren Lizenzen oft nicht leisten können.
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Weiter belebt werden soll das Geschäft mit der neuen digitalen Plattform „Xcelerator“. Darüber sollen Hard- und Softwaremodule von Siemens, aber auch Produkte von anderen Unternehmen verkauft werden. Zahlen zum „Xcelerator“ nennt Siemens nicht, der Konzern hat aber zumindest schon eine Reihe von ersten Partnern gefunden.
Noch ist offen, ob die Pläne aufgehen. Harald Smolak von der Managementberatung Atreus sieht gute Chancen. „Busch geht konsequent seinen Weg, die Digitalisierung seines Unternehmensportfolios voranzutreiben.“
Um auf dem wichtigen US-Markt voranzukommen, auf dem insbesondere Rockwell Automation stark ist, müsse der Konzern aber starke Innovationen in Bereichen wie digitaler Zwilling, Automatisierung und Cybersicherheit entwickeln. Rockwell konnte die Umsätze im abgelaufenen Geschäftsjahr um elf Prozent auf 7,8 Milliarden Dollar steigern. Die operative Marge betrug, ähnlich wie bei Siemens in den „Digitalen Industrien“ im Gesamtjahr rund 20 Prozent.
Siemens-Chef Busch will das Geschäft mit den „Digitalen Industrien“ trotz aller globalen Spannungen aber insbesondere in China ausbauen. Nach Informationen des Handelsblatts sollen sich die Umsätze mithilfe des internen Projekts „Marco Polo“ dort bis 2025 sogar verdoppeln. Dies hatte auch intern bei manchen für Skepsis gesorgt.
Busch betonte nun, der Automatisierungsmarkt in China biete große Wachstumschancen, die man nicht liegen lassen könne. Auch in den USA würden aber gerade viele neue Fabriken gebaut zum Beispiel für Halbleiter oder Batterien. Hier wolle Siemens partizipieren. „Wir werden auch in den USA unsere Hausaufgaben machen.“
Auch wenn bei Siemens vieles auf die Digitalgeschäfte – und auf ihre Verknüpfung mit Hardware wie zum Beispiel Zügen – ausgerichtet ist: Der Umbau ist längst noch nicht abgeschlossen. Das zum Verkauf stehende Geschäft mit großen Getrieben und Motoren wird um drei Bereiche erweitert, teilte Siemens mit. Durch die Integration der Tochter Sykatec, der Niederspannungs- und Getriebemotoren aus der Sparte Digital Industries und der Weiss Spindeltechnologie entsteht eine eigenständige Einheit mit drei Milliarden Euro Umsatz und rund 14.000 Mitarbeitern. Wegen der notwendigen Integrationszeit könnte sich der Verkauf nun etwas verzögern.
Für die kommenden Monate ist Siemens trotz aller globalen Spannungen zuversichtlich. Busch erwartet im laufenden Geschäftsjahr ein Umsatzwachstum von vergleichbar sechs bis neun Prozent, zu dem alle Konzernsparten beitragen sollen. Auch der Gewinn soll spürbar weiter zulegen.
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