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02.09.2022

12:41

Übernahme

Nikon will deutschen 3D-Drucker-Hersteller SLM Solutions kaufen – Aktienkurs springt um 75 Prozent nach oben

Der Deal steht: Nikon will für gut 620 Millionen Euro SLM kaufen. Die Großaktionäre haben bereits zugestimmt. Der 3D-Druck-Spezialist könnte schon bald von der Börse verschwinden.

Mit ihren 3D-Druckern vereinfacht die Lübecker Firma die Herstellung spezialisierte Bauteile. SLM Solutions

3D-Drucker von SLM

Mit ihren 3D-Druckern vereinfacht die Lübecker Firma die Herstellung spezialisierte Bauteile.

Tokio Der japanische Kamerahersteller Nikon will für 622 Millionen Euro den deutschen 3D-Drucker-Hersteller SLM Solutions übernehmen. Der Konzern aus Tokio bietet 20 Euro je Aktie und damit 75 Prozent mehr als den Schlusskurs vom Donnerstag, wie beide Unternehmen am Freitag mitteilten. Hinzu kommt eine Offerte für die von SLM ausgegebenen Wandelanleihen.

Nikon hat sich nach eigenen Angaben bereits rund 61 Prozent der Aktien gesichert. Die Großaktionäre unterstützen das Angebot, darunter der Firmengründer Hans-Joachim Ihde und der US-amerikanische Hedgefonds Elliott Management. Auch Vorstand und Aufsichtsrat von SLM stünden hinter der Transaktion, erklärten die Unternehmen.

SLM zählt zu den führenden Herstellern von 3D-Druckern für Metalle. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete der Maschinenbauer aus Lübeck 75 Millionen Euro Umsatz. Der Aktienkurs des Unternehmens stieg am Freitag in Reaktion auf die Ankündigung um bis zu 74 Prozent.

Nikon bietet bereits Produkte für die additive Fertigung an, erweitert nun aber Portfolio und Kundenstamm. Der Zusammenschluss sei wesentlich für das Wachstum im digitalen Fertigungsgeschäft, sagte Nikon-Chef Toshikazu Umatate. „3D-Druck, der auf Metall basiert, wird die industrielle Massenproduktion revolutionieren.“

SLM wiederum dürfte es als Teil eines globalen Konzerns leichter haben, große Kunden zu bedienen – zumal Nikon Erfahrungen mit der Lieferung komplexer Produktionstechnologie habe, wie es in Branchenkreisen heißt.

3D-Druck ermöglicht hochindividuelle Produktion

Mit 3D-Druckern lassen sich dreidimensionale Bauteile in beliebigen Formen herstellen, die sonst gefräst oder gegossen werden – von Zahnkronen bis zu Einspritzdüsen für Flugzeug-Triebwerke. SLM setzt dabei auf die sogenannte Lasersinter-Technologie, bei der ein Laserstrahl durch ein Pulverbett aus Metallpartikeln geführt wird, die daraufhin schmelzen, sich verbinden und verfestigen.

Die additive Fertigung ist wegen der im Vergleich zur klassischen Fertigung langen Produktionszeiten vor allem für Bauteile interessant, die hochindividualisiert sind und in kleinen Stückzahlen gefertigt werden.

Zudem ermöglicht der 3D-Druck die Produktion von Formen, die sich mit klassischen Verfahren nicht herstellen lassen – beispielsweise gekrümmte Bohrlöcher oder Hohlstrukturen, die Material einsparen.

„Diese Technologie ermöglicht unseren Kunden, hochkomplexe Teile zu fertigen, Produktionszyklen zu verkürzen und CO2-Emissionen, Energiekosten und Ausschussraten zu reduzieren“, betonte Nikon-Chef Toshikazu Umatate. „Mit der Übernahme von SLM macht Nikon einen wichtigen Schritt in Richtung unserer Vision 2030.“

Nikon, im Ausland primär für seine Kameras bekannt, produziert optische Produkte aller Art – die wichtigsten Gewinnbringer sind lithografische Anlagen für die Chipindustrie und optoelektronische Produkte. Künftig will sich der Konzern jedoch verstärkt als Lösungsanbieter positionieren. Die Geschäftsbereiche neben der additiven Fertigung sind Energietechnik, Gesundheit/Pharma und Unterhaltung.

Keine Zerschlagung von SLM

Es ist bereits der zweite Übernahmeversuch binnen weniger Jahre. 2016 bot General Electric 683 Millionen Euro für SLM, scheiterte aber an der Mindestannahmequote, nachdem Elliot Management seine Anteile nicht angeboten hatte. Der aktivistische Investor mit seinem Gründer Paul Singer hat nach Informationen aus Finanzkreisen 80 bis 90 Millionen Euro investiert. Nun verkaufe er seinen Anteil mit Gewinn, heißt es.

Wenn der Deal dieses Mal gelingt, könnte SLM von der Börse verschwinden. Nikon werde als neuer Eigentümer beim Maschinenbauer eine Kapitalerhöhung in Höhe von zehn Prozent zeichnen und ein Übernahmeangebot an die restlichen Anteilseigner abgeben, das an keine Mindestannahmeschwelle gekoppelt sei, hieß es in der Mitteilung. Sollte sich der Konzern genügend Anteile sichern, wird er den 3D-Druck-Spezalisten von der Börse nehmen.

Eine Zerschlagung von SLM müssen die Mitarbeiter zunächst nicht befürchten. Nikon hat in der Investitionsvereinbarung versprochen, dass das derzeitige Managementteam den 3D-Druck-Spezialisten weiterhin führt und dessen Strategie umsetzt. Der Konzern teilte zudem mit, die Zukunft des SLM-Mitarbeiterstamms, die betrieblichen Strukturen wie die Betriebsräte sowie den SLM-Hauptsitz in Lübeck zu sichern.

Für Nikons Engagement in Deutschland gibt es in Japan bereits mehrere Vorbilder. TDK übernahm beispielsweise die Epcos AG, und der Maschinenbauer Mori Seiki fusionierte mit Gildemeister zu DMG Mori. Nikon übernimmt dabei ein Merkmal, das viele japanisch-deutsche Kooperationen auszeichnet: den relativ sanften Umgang mit dem neuen Partner.

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