PremiumEigentlich sollte der Verkauf des Werks im russischen Kaluga in den kommenden Tagen abgeschlossen werden. Eine Klage des Autobauers Gaz dürfte das nun verzögern.
Düsseldorf Ein Gericht im russischen Nischni Nowgorod hat am Montag alle Vermögenswerte des Volkswagen-Konzerns in Russland eingefroren. Wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht, hatte der russische Autobauer Gaz gegen VW geklagt, nachdem der Dax-Konzern die Zusammenarbeit im August beendet hatte.
Gaz – in Sowjetzeiten bekannt für die Produktion der Wolga-Limousinen – war bis zum vergangenen Jahr Fertigungspartner von Volkswagen und baute in Nischni Nowgorod VW- und Skoda-Modelle zusammen. Einer der Miteigentümer von Gaz ist der Oligarch Oleg Deripaska. Der 55-Jährige steht wegen seiner Bedeutung für die russische Rüstungsindustrie und seiner Nähe zu Präsident Wladimir Putin auf westlichen Sanktionslisten. So fertigt und repariert Gaz neben Autos auch Schützenpanzer und gepanzerte Fahrzeuge.
Das Unternehmen hat laut einem Bericht der russischen Tageszeitung „Kommersant“ vor Gericht beantragt, die Kündigung des Montagevertrags für nichtig zu erklären und VW zu einer Vertragsstrafe von 15,6 Milliarden Rubel, umgerechnet 190 Millionen Euro, zu verurteilen. Demnach wurde die Klage am 14. März eingereicht und am 17. März zugunsten von Gaz entschieden. Zunächst hatten die Nachrichtenagenturen Reuters und Interfax berichtet.
Volkswagen hatte nach dem russischen Angriff auf die Ukraine seine Geschäftstätigkeit in Russland auf Eis gelegt und versucht derzeit, sein Werk in Kaluga südlich von Moskau zu verkaufen. Dieses hat eine Kapazität von 225.000 Autos pro Jahr, seit März 2022 steht die Fertigung still.
Nach Informationen des Handelsblatts waren bis vor Kurzem drei mögliche Käufer in der engeren Auswahl, darunter die russische Investorenfirma AFK Sistema und der russische Autohändler Avilon. VW war zuletzt in fortgeschrittenen Gesprächen zum Verkauf des Werks und wollte in den kommenden Tagen Vollzug melden. Der Gerichtsentscheid jetzt dürfte den Verkauf verzögern.
Bei Volkswagen zeigte man sich überrascht, „die Forderungen von Gaz genau zu diesem Zeitpunkt zu erhalten, wenn man bedenkt, dass wir über Jahre hinweg gute Geschäftsbeziehungen hatten und unsere Partnerschaft Mitte 2022 zu einvernehmlichen Bedingungen beendet haben“, erklärte ein Konzernsprecher. Man sei sich der Forderung von Gaz bewusst und prüfe derzeit die Materialien zu diesem Fall.
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Ferner bestätigte Volkswagen, dass der Konzern derzeit dabei sei, die Genehmigung der russischen Behörden für den Verkauf seiner Russlandaktivitäten und damit auch des Werks Kaluga an einen namhaften russischen Investor zu beantragen. „Wir hoffen, dass die Klage nicht zu einer Verzögerung der Transaktion führt, die auch darauf abzielt, Beschäftigung und Arbeit für die betroffenen Mitarbeiter zu sichern“, teilte VW mit.
Der Konzern zahlt den mehr als 4000 Mitarbeitern in Kaluga trotz des Produktionsstopps weiterhin ein Gehalt.
Vergangene Woche hatte der Konzern seine Jahreszahlen für 2022 vorgelegt. Daraus geht hervor, dass der Konzern im Zusammenhang mit seinem Russlandgeschäft zwei Milliarden Euro abschreiben musste. VW verkaufte 2022 in Russland noch knapp 42.000 Pkw und 1500 Nutzfahrzeuge, rund 80 Prozent weniger als im Vorjahr.
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