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26.06.2018

12:33

VW-Tochter

Motorenbauer MAN streicht Diesel aus dem Namen – und setzt auf neue Strategie

Von: Axel Höpner

Die traditionsreiche VW-Tochter will das Geschäft mit nachhaltigen Energien ausbauen. Auch ein Verkauf der Sparte bleibt ein Thema.

VW-Tochter: Motorenbauer MAN streicht Diesel aus dem Namen dpa

Dampfturbine von MAN in Hamburg

Mit der Umbenennung will die VW-Tochter stärker herausstellen, dass es längst nicht mehr nur reine Komponenten wie Motoren und Turbolader anbietet.

München Seit dem Abgasskandal ist das Image des Diesels nicht mehr das Beste. Nun tilgt der Motoren- und Anlagenbauer MAN Diesel & Turbo den Begriff aus seinem Namen. Das Traditionsunternehmen – Rudolf Diesel hatte 1897 den ersten Dieselmotor bei MAN in Augsburg fertiggestellt – firmiert künftig als MAN Energy Solutions.

Mit der Umbenennung will sich die VW-Tochter aber nach eigenen Angaben nicht von der ins Zwielicht geratenen Diesel-Technologie distanzieren. Der Dieselskandal habe keine Rolle bei der Entscheidung gespielt, beteuert Vorstandschef Uwe Lauber. „Das ist eher ein zufälliges Zusammentreffen.“

Vielmehr will das Unternehmen die eigene Energiewende manifestieren. Mit einer neuen Strategie will der Konzern bis zum Jahr 2030 das Geschäft mit nachhaltigen Technologien zur zentralen Umsatzsäule mit mehr als 50 Prozent Anteil am Gesamtgeschäft ausbauen. Heute sind es fünf bis zehn Prozent.

So liefert MAN Diesel & Turbo Turbinen für Biomassekraftwerke und Schiffsmotoren, die mit dem schadstoffärmeren LNG-Flüssiggas betrieben werden können. Womöglich macht sich die VW-Tochter mit der neuen Strategie aber auch fit für einen späteren Verkauf.

Von einem Abschied vom Diesel will Lauber nicht sprechen. „Wir sind immer noch sehr stolz auf unsere Vergangenheit, und der Diesel verschwindet ja nicht komplett.“ Die Diesel-Technologie mit dem Kolbenmotor bleibe wichtig, auch wenn in Zukunft kohlendioxidärmere Treibstoffe wie LNG, synthetische Gase und auch Wasserstoff verwende.

Mit der Umbenennung will das Unternehmen zudem stärker herausstellen, dass es längst nicht mehr nur reine Komponenten wie Motoren und Turbolader anbietet. In Zukunft sollen noch stärker integrierte Lösungen und kombinierte Systeme verkauft werden.

Sparte geht nicht mit Truckgeschäft an die Börse

Die Umbenennung und die neue Strategie könnten die Spekulationen über einen Verkauf durch VW anheizen. Lauber betont zwar: „Das hat nichts mit dem Thema Verkauf zu tun. Wir beschäftigen uns mit unserer Zukunft.“ Man habe aber ein „einmaliges Portfolio“, das erkenne man auch am Markt an. Der richtige Ansprechpartner für einen möglichen Verkauf sei Volkswagen. „Einen kurzfristigen Verkauf sehe ich aber nicht.“

VW stehe voll hinter der neuen Strategie und ermögliche auch die notwendigen Investitionen. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sollen in den nächsten zwei bis drei Jahren auf bis zu sieben Prozent angehoben werden.

Nach Angaben aus Branchenkreisen soll MAN Energy Solutions nicht Teil des geplanten Börsengangs der VW-Trucksparte unter dem Namen Traton werden, sondern bei VW bleiben. Der Sprung aufs Parkett soll eine der größten Neuemissionen in Deutschland überhaupt werden. VW-Truckvorstand Andreas Renschler hofft auf einen Erlös von mehr als sechs Milliarden Euro, der genaue Zeitplan steht noch nicht fest.

Laut Branchenkreisen sucht VW auf längere Sicht eine Lösung für MAN Energy Solutions, wie die Tochter nun heißt. Dies könne auch auf eine Trennung hinauslaufen; bestehe aber keine Eile.

Im Rahmen der neuen Strategie will das Unternehmen das Portfolio um Hybrid- und Speichertechnologien erweitern. Dabei präsentierte MAN Turbo & Diesel gemeinsam mit ABB die neue Speicherlösung ETES (Electro-thermal Energy Storage). Die Partner hoffen, damit ganze Stadtteile mit Strom, Wärme und Kälte versorgen zu können.

Bei dem Verfahren soll Erneuerbare Energie zur Erzeugung von Wärme und Kälte genutzt werden, die in isolierten Reservoirs gespeichert wird. Später sollen sie entweder in Strom rückverwandelt oder direkt genutzt werden. Wärme kann zum Beispiel in Fernwärmenetze eingespeist, Kälte zur Kühlung von Rechenzentren genutzt werden. Als Medium dient dabei Kohlendioxid. Dieses kann zum Beispiel erhitzt werden und in einem Wärmetauscher Wasser erhitzen.

„Da ist uns ein großer Wurf gelungen“, ist Lauber überzeugt. „Andere müssen nun nachziehen. Ich würde mir wünschen, dass es ein Milliardenmarkt wird.“ Doch gebe es beim Thema Speicher nicht die eine Lösung, sondern verschiedene Verfahren.

Ein Problem bei der Energiewende ist, dass zum Beispiel an sonnenreichen Tagen durch Photovoltaik viel Strom gewonnen wird. Es ist aber schwierig, diesen zu speichern für Spitzenzeiten zu speichern. MAN Diesel & Turbo setzt große Hoffnung in sogenannte Power-to-X-Technologien, mit denen sich Erneuerbare Energien in synthetische Kraftstoffe wie Erdgas umwandeln lassen.

Im Schifffahrtsgeschäft geht es wieder aufwärts

Bei Schiffsantrieben forciert das Augsburger Unternehmen schon seit einigen Jahren den Einsatz von LNG-Flüssigerdgas. Der massive Einsatz von Schweröl in der maritimen Wirtschaft ist eine der großen Luftverschmutzer. Inzwischen sind die ersten Fischtrawler und Kreuzfahrtschiffe auf den Weltmeeren mit Flüssiggas unterwegs. „Wir sind der Geburtshelfer der Energiewende in der maritimen Industrie“, meint Lauber. ´

Geschäftlich läuft es bei der neuen MAN Energy Solutions derzeit besser als im vergangenen Jahr. „Ich bin positiver gestimmt“, sagte Lauber. 2017 war der Umsatz von 3,3 auf 2,8 Milliarden Euro gesunken. Verantwortlich dafür waren unter anderem die Überkapazitäten in der Frachtschifffahrt und die Investitionszurückhaltung bei den Öl- und Gasförderern.

Beim Schifffahrtsgeschäft sehe er wieder „Licht am Ende des Tunnels“, so Lauber. Auch bei den Kraftwerken und den Turbomaschinen laufe es unter anderem wegen der Erholung der Ölpreise wieder besser. „Wir sind wieder auf Wachstumskurs.“

Durch die neue Strategie soll sich das Wachstum in den nächsten Jahren eher beschleunigen. Ziel sei es, wieder an frühere Umsatzrekorde von mehr als fünf Milliarden Euro heranzukommen, kündigte Lauber an.

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