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11.03.2022

18:03

Zulieferer

Erneute Führungskrise bei Knorr-Bremse

Von: Markus Fasse

Mit Jan Mrosik geht der dritte Vorstandschef in drei Jahren. Der ehemalige Siemens-Manager ist nie bei Knorr-Bremse angekommen.

Der Manager wechselte von Siemens zu Knorr-Bremse. Siemens

Jan Mrosik

Der Manager wechselte von Siemens zu Knorr-Bremse.

Düsseldorf Der Zulieferer Knorr-Bremse und Vorstandschef Jan Mrosik gehen getrennte Wege. Knorr-Bremse teilte am Freitag mit, dass Mrosik das Unternehmen Ende April verlasse und mit sofortiger Wirkung aus dem Vorstand ausscheide. Das habe der Aufsichtsrat unter seinem scheidenden Chef Klaus Mangold einstimmig beschlossen. Die Trennung erfolge „im besten Einvernehmen“.

Mrosik war erst seit Anfang 2021 CEO bei Knorr-Bremse. Es ist der dritte Chefwechsel bei dem MDax-Unternehmen innerhalb von drei Jahren.

Finanzvorstand Frank Markus Weber werde Mrosiks Aufgaben übernehmen, bis ein neuer Vorstandschef gefunden sei. Der Aufsichtsrat habe die Suche nach einem Nachfolger eingeleitet. Bis ein Nachfolger gefunden werde, könne es Aufsichtsratskreisen zufolge aber mehrere Monate dauern.

„Dabei wird im Anforderungsprofil den schnellen globalen Veränderungsprozessen in der krisenhaften Entwicklung der Weltwirtschaft und der enormen Dynamik der Märkte eine besondere Bedeutung zukommen“, erklärte das Unternehmen. Mrosik wurde nicht zugetraut, Knorr-Bremse durch die schwere Krise zu führen, die dem Unternehmen durch den Ukrainekrieg jetzt möglicherweise bevorstehe.

Mrosik ist Anfang 2021 von Siemens zu dem Lkw- und Bahnzulieferer gewechselt, Expertise von Zügen oder Lastwagen hatte er nicht. Bei Siemens war er Chief Operating Officer der Sparte Digital Industries.

Die Digitalisierung der Knorr-Bremse sollte sein Projekt werden. Anders als sein glückloser Vorgänger Bernd Eulitz traute er sich zu, endlich Synergien aus dem Lkw- und Zuggeschäft bei Knorr zu ziehen. Beide Sparten arbeiten bislang weitgehend getrennt voneinander.

Die verpatzte Hella-Übernahme hängt nach

Doch im März 2021 verstirbt mit Heinz Hermann Thiele der Patriarch und Großaktionär des Zulieferkonzerns. Der hatte sich bis kurz vor seinem Tod sehr aktiv in das Unternehmensgeschehen eingebracht und sich sogar wieder in den Aufsichtsrat wählen lassen. Im Juli scheitert Mrosik mit dem Versuch, den Autozulieferer Hella zu kaufen und sich neben Bosch, ZF und Conti als vierter großer Konzern unter den Zulieferern zu etablieren.

Vor allem der verpatzte Hella-Deal hinterlässt bei Knorr einen Scherbenhaufen, der Aktienkurs bricht um mehr als 20 Prozent ein, Investoren und Teile der Führungsriege sind verstimmt. Ende Oktober erklärt schließlich Truck-Chef Peter Laier seinen vorzeitigen Abgang zum Jahresende, weitere wichtige Leistungsträger verlassen das Unternehmen.

Mrosik suchte die Flucht nach vorn. Auf einem Kapitalmarkttag im November versprach er, dass Knorr bis 2025 jedes Jahr mit 5,5 bis 6,5 Prozent wachsen werde, eine operative Marge von 14 bis 16 Prozent sei möglich, erklärte er. Das ist viel für eine Branche, in der immer mehr Zulieferer ums Überleben kämpfen.

„Wir unterliegen nicht den Skaleneffekten der großen Autozulieferer“, begründete Mrosik seinen Optimismus. „Im Truckgeschäft mit seinen im Vergleich kleinen Serien gelten andere Gesetze, und Züge sind geringe Stückzahlen“, sagte Mrosik dem Handelsblatt. Immerhin: 2021 schloss das Unternehmen mit einem Umsatzanstieg von neun Prozent und einer Rendite von 13,6 Prozent bei einem Umsatz von 6,7 Milliarden Euro ab.

Doch weder Investoren noch seine Vorstandskollegen wurden mit Mrosiks Kurs warm. Er sei nie im Unternehmen angekommen, sagt ein Insider. Und die Herausforderungen wachsen: In China, dem wichtigsten Markt der Zugsparte, verliert Knorr Boden an die einheimische Konkurrenz. Ausgerechnet vor der Haustür übernimmt der Finanzinvestor Carlyle den Bahnzulieferer Schaltbau, der gut ins Knorr-Portfolio gepasst hätte.

Und im Lkw-Geschäft greift ZF die Knorr-Domäne an. 2020 kauften die Friedrichshafener mit Wabco einen Bremsenspezialisten, der es ZF ermöglicht, Bremsen und Lenkungen aus einer Hand anzubieten. Damit ist der wesentlich größere Knorr-Rivale technologisch aufgerüstet, wenn es in das Zukunftsfeld autonomes Fahren geht und Bremse und Lenkung zu einem System werden.

Ein Krisenmanager ist jetzt gefragt

Den letzten Ausschlag für die Trennung lieferte nun der Ukrainekrieg. Das Unternehmen müsse jetzt Lieferketten und Rohstoffe sichern – und Mrosik sei kein Krisenmanager, hieß es im Umfeld des Aufsichtsrats.

Dafür muss jetzt Finanzchef Frank Markus Weber sorgen. Der Vertrag des ehemaligen Daimler-Managers sei um fünf Jahre verlängert worden, teilte Knorr-Bremse mit.

Auch ein Nachfolger für Lkw-Chef Peter Laier ist gefunden. Der seit acht Jahren für die Nutzfahrzeug-Sparte verantwortliche Bernd Spies steigt zudem mit sofortiger Wirkung in den Vorstand auf.

Die Suche nach einem Nachfolger für Jan Peter Mrosik ist nun die Sache von Reinhard Ploss. Der scheidende Vorstandschef des Chipherstellers Infineon soll auf der Hauptversammlung am 24. Mai den Posten von Klaus Mangold übernehmen.

Ploss tritt eine schwierige Aufgabe an. Denn noch ist das Erbe des verstorbenen Firmenpatriarchen Thiele nicht geregelt. Knorr ist zwar börsennotiert, 59 Prozent der Anteile werden aber von der familieneigenen KB Holding gehalten.

Thieles Plan, die Anteile in eine Stiftung zu überführen, konnte er zu Lebzeiten nicht mehr realisieren. „Die Stiftungsgründung läuft, dauert aber länger als gedacht“, hieß es am Freitag aus dem Umfeld des Unternehmens.

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