Nach unplanmäßigen Abgängen sucht der Konzern dringend Führung. Der Chefaufseher und sein Nachfolger arbeiten hart daran – und sprechen auch über Kosten.
Zentrale von Knorr-Bremse
Der Zuliefererkonzern ist auf der Suche nach Kontinuität an der Spitze.
Bild: dpa
Stuttgart, München Der Mittelständler Knorr-Bremse hat eine gewisse Routine entwickelt, wenn es um Abgänge hochrangiger Führungskräfte geht. Nach zuletzt zwei eher überraschenden Chefwechseln hat nun bei der Hauptversammlung der Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Mangold seinen geplanten Abschied begangen. Allerdings geht der ehemalige Daimler-Manager ein Jahr später als beabsichtigt: In den vergangenen Monaten bemühte sich Mangold, das Machtvakuum an der Spitze des Konzerns so gut es geht zu füllen.
Knorr-Bremse, Weltmarktführer im Segment der Bremssysteme für Lkw und Schienenfahrzeuge, ist weit von Beständigkeit in der operativen Führung entfernt. Aktuell leitet als Interims-CEO der Finanzvorstand Markus Weber das Geschäft. Denn nach einem kurzen Gastspiel des ehemaligen Linde-Managers Bernd Eulitz zog sich im März auch Nachfolger Jan Mrosik als Vorstandsvorsitzender des Zulieferkonzerns zurück. Mrosik war nur gut ein Jahr im Amt.
Beide, so hieß es anschließend, seien im Unternehmen nie angekommen. So versuchte Mrosik, mithilfe von McKinsey-Beratern das Unternehmen in die Digitalisierung zu führen, und geriet so mit seiner Führungsmannschaft aneinander. Auch die verpatzte Kommunikation rund um die versuchte Übernahme des Zulieferers Hella haftet ihm an.
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Die intensive Suche nach einem neuen CEO steht nun laut Mangold kurz vor dem Abschluss. Er habe die Suche mit seinem designierten Nachfolger Reinhard Ploss in enger Abstimmung betrieben, erklärte der scheidende Chefaufseher. Der ehemalige Infineon-Chef tritt nach der virtuellen Hauptversammlung sein Amt an. Mit Ploss und dem neuen Vorstandschef an der Spitze hoffen viele im Unternehmen auf einen Neuanfang.
Auch weiteres Führungspersonal muss dringend ersetzt werden. Ende 2021 verließ auch Peter Laier, Chef der Nutzfahrzeugsparte, das Unternehmen. Laiers Ausscheiden kostete das Unternehmen nach Mangolds Aussagen vor den Aktionären 2,5 Millionen Euro. Das Gastspiel Mrosiks war mit 4,3 Millionen Euro Abfindung noch teurer.
Was die Lehren aus dem Fehlgriff seien, wollten Kleinaktionärsvertreter wissen. „Wir haben ein klares Anforderungsprofil erstellt“, sagte Mangold. Der Bewerber müsse „Einfühlungsvermögen“ für die Spezifika von Knorr-Bremse mitbringen. Es gehe um Führungsstärke gepaart mit Verantwortlichkeit für die beiden Divisionen Schienen- und Nutzfahrzeuge.
Einen Seitenhieb konnte sich Mangold nicht verkneifen: „Der CEO ist bei Knorr-Bremse kein Vorgesetzter der anderen Vorstände.“ Der 78-Jährige galt als Vertrauter von Firmenpatriarch Heinz Hermann Thiele, der das Unternehmen über vier Jahrzehnte aufbaute und im Februar 2021 plötzlich verstarb.
Und parallel zum neuen Management soll es auch aufseiten der Eigentümer zu Veränderungen kommen. Mehrheitseigentümer Thiele hat es zu Lebzeiten nicht mehr geschafft, seine Anteile in eine Stiftung einzubringen. Hier sollen die Aktien seiner Ehefrau Nadia und seiner Tochter Julia verwaltet werden.
Weil viele Detailfragen noch nicht geklärt seien, ist frühestens im vierten Quartal mit der Stiftungsgründung zu rechnen, hieß es aus dem Umfeld der Familie. Favorit für den Stiftungsvorsitz ist Aufsichtsratsmitglied Theodor Weimer, der zugleich Chef der Deutschen Börse ist.
Trotz der ungeklärten Fragen beim Mehrheitseigentümer und an der operativen Spitze zeigt sich das Unternehmen in der aktuellen Krise für einen Zulieferer vergleichsweise robust: Im ersten Quartal 2022 schaffte Knorr-Bremse mit einem Umsatz von 1,67 (1,69) Milliarden Euro immerhin noch eine Ebit-Marge von 10,9 (14,9) Prozent. Finanzchef und gleichzeitig Interims-CEO Markus Weber steuert mit einem Kostenprogramm gegen. Für weitere Entlastung soll der Verkauf des Tochterunternehmens Kiepe Electric sorgen.
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