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08.01.2020

07:00

Medien

Der „Spiegel“ startet neuen Vorstoß bei Bezahlangeboten

Von: Catrin Bialek, Christoph Kapalschinski

Mit Online-Abos wollen Print-Medien unabhängiger von Anzeigen werden. Auch der „Spiegel“ will Leser mit einem neu gestalteten Digitalangebot überzeugen.

Ab sofort soll das neu gestaltete Online-Angebot mehr Nutzer davon überzeugen, ein Digital-Abo für 20 Euro im Monat abzuschließen. dpa

„Spiegel“-Verlagsgebäude

Ab sofort soll das neu gestaltete Online-Angebot mehr Nutzer davon überzeugen, ein Digital-Abo für 20 Euro im Monat abzuschließen.

Düsseldorf, Hamburg Wie ungesund sind Kohlenhydrate und Fett? Die Redaktion des „Spiegels“ gibt Antworten auf solche populären Fragen eher im Onlineauftritt, der ab Mittwochmorgen auch unter „Der Spiegel“ firmiert, als im politiklastigen gedruckten Heft.

Ab sofort stehen Lifestyle-Themen noch prominenter auf der Website, allerdings oft hinter der Bezahlschranke. Denn ab sofort soll das neu gestaltete Online-Angebot mehr Nutzer davon überzeugen, ein Digital-Abo für 20 Euro im Monat abzuschließen – auch über ein neues Ressort „Leben“.

Hinter dem Relaunch steht eine Überlegung, die die gesamte Medienbranche trifft: Das Geschäft mit Werbung auf digitalen Nachrichtenseiten hat seinen Zenit überschritten. Wachstum sollen Bezahlinhalte bringen – zumal die Print-Auflagen schrumpfen.

„Reine Werbefinanzierung ist ein zusehends unsichereres Geschäft“, sagte „Spiegel“-Chefentwickler Stefan Ottlitz am Dienstag bei der Vorstellung der neuen Site. So beeinträchtige die Datenschutzgrundverordnung der EU die Möglichkeit, Nutzer im Web zu verfolgen.

Das stärke Anbieter wie Facebook und Google, die weiterhin gezielte Werbung ausspielen könnten, schwäche aber die klassischen Verlage. Dabei sei die Branche sowieso in einer Krise: Schon bei einer leichten Abkühlung der Konjunktur müssten etliche andere Verlage scharfe Sparprogramme auflegen, prognostizierte der Medienmanager.

Der „Spiegel“ habe anders als andere Medien Zeit, seine Nutzer an Bezahlinhalte heranzuführen, da die Website schon lange profitabel arbeite, meint Ottlitz. Daher will er die Seite nicht komplett kostenpflichtig machen, sondern wie bisher nur einzelne, aufwendig recherchierte Beiträge hinter die Bezahlschranke stellen. Diese sollen allerdings flexibler als bisher ausgespielt werden, auch dank eines neuen, einheitlichen Online-Redaktionssystems.

Ähnliche Modelle erproben auch die Tageszeitungen. So hat die „Frankfurter Allgemeine“ zum Jahreswechsel ihre App modernisiert und enger mit den E-Paper-Abos verbunden. Die „Süddeutsche Zeitung“ bietet neuerdings günstige digitale Einsteiger-Abonnements an. Auch beim Handelsblatt steigt die Zahl der Online-Abos dank neuer Angebote.

„Die Bereitschaft der Nutzer, für guten Content zu zahlen, ist vorhanden“

Markus Kreher, Medienexperte des Wirtschaftsprüfers KPMG, sieht weiteres Potenzial für journalistische Bezahlangebote im Internet. Das traditionelle Print-Abonnement sterbe aus, die Verkaufserlöse an Kiosken gingen zurück. Folglich müssten die Einnahmen verstärkt aus dem Digitalgeschäft kommen.

„Die Bereitschaft der Nutzer, für guten Content zu zahlen, ist vorhanden“, sagt er. Die Schwierigkeit für die Verlage bestehe darin, den geeigneten Preis zu finden sowie den Mehrwert für die Nutzer zu formulieren. „Medien müssen sich abgrenzen, damit sie ihre Inhalte monetarisieren können“, meint Kreher. Das können beispielsweise besonders gut recherchierte Berichte sein oder besonders schnelle Informationen.

Für solche publizistische Schlagkraft hat der Spiegel-Verlag im vergangenen Jahr die Redaktionen des 1947 gegründeten Hefts und des vor 25 Jahren gestarteten Webangebots zusammengelegt. Prinzipiell schreiben nun alle Redakteure für beide Kanäle. Die Umstellung lässt sich der Verlag zwei Millionen Euro jährlich für gestiegene Gehälter der Ex-Onliner kosten.

Trotz der Affäre um den Fälscher Claas Relotius ist die Zahl der bezahlten Digitalabos auf 125.000 gestiegen – davon sind mehr als die Hälfte in den vergangenen eineinhalb Jahren dazugekommen. Im Print hat der „Spiegel“ 300.000 Abonnenten. Der Verlag kam so 2019 auf etwa 262 Millionen Euro Umsatz – ein Viertel davon aus dem Digitalgeschäft.

Mit dieser Quote liegt das Medienhaus hinter großen Wettbewerbern zurück. So wies der Spiegel-Gesellschafter Gruner + Jahr („Stern“) zuletzt eine Digitalquote von 34 Prozent des Gesamtumsatzes aus, acht Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Doch es stehen nicht immer nur journalistische Angebote dahinter. Gruner + Jahr hat etwa die Marketingplattform AppLike entwickelt, die maßgeblich zum Wachstum beiträgt.

Besonders Axel Springer setzt seit Jahren auf Digitalgeschäfte. Sie tragen inzwischen zu 74 Prozent zum Umsatz und 87 Prozent zum Gewinn bei. Allerdings sind weniger journalistische Formate für diese Quote maßgeblich, sondern digitale Rubrikengeschäfte wie das Jobvermittlungsportal Stepstone und die Immobilienplattform Immonet. In einer Neuausrichtung stärkt das Unternehmen diese Geschäfte sowie digitale Medienmarken wie „Business Insider“ und die News-App „Upday“.

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