Handelsblatt App
Jetzt 4 Wochen für 1 € Alle Inhalte in einer App
Anzeigen Öffnen
MenüZurück
Wird geladen.

01.03.2023

11:23

Medien

Pro Sieben Sat 1 verunsichert die Investoren – Aktie knickt ein

Von: Michael Scheppe, Joachim Hofer

Der Fernsehkonzern verschiebt die Bilanzvorlage. Welche Strategie der neue Chef Bert Habets verfolgt, bleibt deshalb bis auf Weiteres offen.

Eine Konzernsprecherin sagte, es sei noch unklar, wann Bilanzpressekonferenz und Aktionärstreffen stattfinden können. dpa

Pro Sieben Sat 1

Eine Konzernsprecherin sagte, es sei noch unklar, wann Bilanzpressekonferenz und Aktionärstreffen stattfinden können.

München Wie geht es nach dem Chefwechsel bei Pro Sieben Sat 1 weiter? Das fragen sich viele Anleger seit Wochen. Eine Antwort bleibt ihnen der neue Vorstandschef bis auf Weiteres schuldig.

Völlig überraschend hat Bert Habets die für Donnerstag geplante Veröffentlichung der Jahresbilanz abgesagt. Die Anleger reagierten am Mittwoch irritiert: Mit einem Minus von gut zwei Prozent waren die Aktien des Medienkonzerns am Morgen zeitweise die größten Verlierer im MDax.

Nur 36 Stunden bevor sich Habets erstmals öffentlich zu seinen Plänen äußern wollte, verschob der Niederländer am Dienstagabend den Termin. Ein neues Datum stehe noch nicht fest, teilte das Unternehmen mit. Der ehemalige Chef des Rivalen RTL steht seit November an der Spitze der größten privaten Sendergruppe Deutschlands.

Pro Sieben Sat 1: Chefs und Großaktionäre wechseln schnell

Grund seien regulatorische Fragestellungen rund um das zum Segment „Commerce & Ventures“ gehörende Geschäft von Jochen Schweizer Mydays. Denn die Töchter Jochen Schweizer und Mydays vertreiben im Wesentlichen Gutscheine und könnten daher in Teilen unter das sogenannte Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz fallen. Eine externe Prüfung habe auf diesen Umstand hingewiesen.

Sorgen um den gesamten Konzern brauchen sich die Investoren indes nicht machen, wenn die Firmenangaben zutreffen. Im Jahr 2021 standen Jochen Schweizer und Mydays für lediglich 1,6 Prozent vom Außenumsatz. Pro Sieben Sat 1 betonte zudem, das Unternehmen halte auf Basis der bisherigen Erkenntnisse an der jüngsten Prognose für 2022 fest.

Der Niederländer führt Pro Sieben Sat 1 seit Anfang November. Nun hat der 52-Jährige die Bilanzvorlage verschoben. dpa

Bert Habets

Der Niederländer führt Pro Sieben Sat 1 seit Anfang November. Nun hat der 52-Jährige die Bilanzvorlage verschoben.

Bei Pro Sieben Sat 1 geht es seit Jahren turbulent zu. Die Vorstandschefs kommen und gehen, genauso die Großaktionäre. Erst vergangene Woche war bekannt geworden, dass das tschechische Unternehmen PPF mit einem Anteil von gut neun Prozent eingestiegen ist. Die Firma gehört Renata Kellnerova, der 55-jährigen Witwe des tschechischen Geschäftsmanns Petr Kellner. Im März 2021 ist er beim Heli-Skiing in Alaska ums Leben gekommen.

PPF ist nach MFE-Mediaforeurope nun der zweitgrößte Anteilseigner. Die vom ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi beherrschte Firma besitzt einen Anteil von 29 Prozent. Die Italiener plädieren seit Längerem dafür, enger mit den Bayern zusammenzuarbeiten. Dagegen haben sich Habets’ Vorgänger auf dem Chefsessel stets gewehrt. Zudem setzt MFE sich dafür ein, dass sich Pro Sieben Sat 1 stärker auf das Kerngeschäft Fernsehen und Unterhaltung fokussiert.

Auf die Hauptversammlung müssen nun nicht nur die beiden großen Aktionäre länger als gedacht warten. Die für den 2. Mai geplante Veranstaltung werde womöglich verschoben, so Pro Sieben Sat 1.

Dabei gibt es durchaus Diskussionsbedarf: Binnen Jahresfrist ist der Aktienkurs um ein Fünftel gefallen. Zum Vergleich: Der MDax verbuchte im selben Zeitraum nur ein Minus von sieben Prozent.

Grafik

Die privaten TV-Sender in Deutschland stehen wegen schwacher Werbemärkte schon seit Monaten unter Druck. Pro Sieben Sat 1 und der Konkurrent RTL erzielen große Teile ihrer Erlöse durch Werbung. Wegen der wirtschaftlichen Unsicherheit und der allgemeinen Konsumzurückhaltung schalten Firmen momentan weniger Reklame. In schwierigen Zeiten sparen Unternehmen oft zuerst an ihrem Werbebudget.

Konkurrent RTL steht ebenfalls unter Druck

Zu den Werbeverlierern zählt insbesondere der TV-Markt. Die Branche ist Ende des abgelaufenen Jahres von einem Minus von rund sechs Prozent ausgegangen. Davon ist vor allem das Privatfernsehen betroffen, weil viele Zuschauer laut Marktforschern in Krisenzeiten den Inhalten des öffentlich-rechtlichen TVs stärker vertrauen. Ein solches als seriös beurteiltes Umfeld lockt mehr Werbekunden an.

Der größte Rivale, die RTL-Gruppe, legt in zwei Wochen seine Bilanz vor. Allerdings rechnete RTL-Chef Thomas Rabe zuletzt mit schwachen Ergebnissen. „Mit Blick auf das vierte Quartal gehen wir davon aus, dass sich das schwierige Umfeld auf den Werbemärkten, vor allem in Deutschland, fortsetzen wird.“ Der Umsatz im abgelaufenen Jahr soll bei 7,2 Milliarden Euro liegen, hatte die Bertelsmann-Tochter im Spätherbst prognostiziert. Ursprünglich waren einmal 7,3 bis 7,5 Milliarden Euro anvisiert. Schon im Sommer hatte die Gruppe wegen der Werbeflaute ihre Gewinnaussichten gesenkt.

Mit Agenturmaterial.

Direkt vom Startbildschirm zu Handelsblatt.com

Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.

Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.

×