Das Familienunternehmen will den Umsatz erstmals auf mehr als 20 Milliarden Euro steigern. Doch bei einem wichtigen Geschäft der RTL-Gruppe wachsen die Probleme.
Düsseldorf Europas zweitgrößter Medienkonzern hat trotz der geopolitischen Unsicherheiten und der drohenden Rezession ein Rekordergebnis erzielt. Der RTL-Mutterkonzern Bertelsmann steigerte im ersten Halbjahr den Umsatz aus eigener Kraft um 3,8 Prozent auf 9,3 Milliarden Euro.
Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) betrug 1,43 Milliarden Euro – und war damit so hoch wie noch nie. Das teilte der Medien-, Dienstleistungs- und Bildungskonzern am Mittwochmorgen mit.
„Wir verbuchten beim operativen Ergebnis trotz höherer Streaming-Investitionen erneut einen Rekordwert“, sagte Bertelsmann-Chef Thomas Rabe laut Konzernmitteilung.
Für das Gesamtjahr hat Bertelsmann sogar seine Prognose angehoben: Der Konzern will in diesem Jahr erstmals die 20-Milliarden-Euro-Schwelle beim Umsatz überschreiten, sagte Rabe dem Handelsblatt. Vergangenes Jahr erzielte das Unternehmen bereits mit 18,7 Milliarden Euro einen Rekorderlös.
Beim Gewinn rechnet der Konzern im Gesamtjahr mit 3,3 bis 3,4 Milliarden Euro. Damit läge er leicht über dem Vorjahresniveau von 3,2 Milliarden Euro.
Die größte Geschäftseinheit von Bertelsmann, die RTL-Gruppe, hatte zuletzt allerdings ihren Ausblick gekappt und erwartet weniger Gewinn und Umsatz. Grund dafür ist die Werbeflaute infolge der Konjunkturabkühlung, der hohen Inflation und des Ukrainekriegs. Die im MDax-notierte Privatsendergruppe ist von Reklame abhängig, doch Unternehmen schalten wegen der unsicheren Lage gerade nur zurückhaltend Werbung.
Die RTL-Gruppe befindet sich in einer Zeit des Umbruchs. Seit Jahresbeginn sind der Kölner TV-Sender und der Hamburger Verlag Gruner + Jahr unter der Marke RTL zusammengeschlossen. Bertelsmann verfolgt die Strategie, „nationale Medienchampions zu schaffen“, wie Rabe gern sagt, um im Wettbewerb gegen die globalen Tech-Plattformen bestehen zu können.
Deshalb spielt in der Strategie von Bertelsmann der Ausbau der Streamingplattform RTL plus (früher TV Now) eine zentrale Rolle. Das Unternehmen will internationalen Streamingriesen wie Disney oder Netflix auf lokaler Ebene Konkurrenz machen. RTL plus verzeichnete in den vergangenen zwölf Monaten zwar ein deutliches Nutzerwachstum um 69 Prozent auf 3,4 Millionen zahlende Abonnenten.
Allerdings ist die Streamingplattform für Bertelsmann noch ein Zuschussgeschäft, erst 2026 soll die Plattform profitabel sein. Allein in diesem Jahr rechnet Bertelsmann in diesem Bereich mit Anlaufverlusten von 250 Millionen Euro.
RTL will neben Filmen und Serien auch Inhalte wie Podcasts, Hörbücher, Musik, digitale Bücher sowie Onlinemagazine und digitale Zeitungsartikel, etwa von Stern oder Geo aus dem Hause Gruner + Jahr, in seiner App anbieten. Doch die Bereitstellung verzögert sich. Das gesamte Produkt sollte schon im Sommer 2022 abrufbar sein, bislang findet sich aber lediglich ein Musik-Portfolio in der App.
Mit diesen Problemen könnten die jüngsten Veränderungen in der RTL-Geschäftsführung zusammenhängen. Mitte August musste Co-Chef Stephan Schäfer nach nur einem Jahr an der Spitze gehen. Er war auch für die Inhalte von RTL plus zuständig. Schäfer war vor der Fusion Chef von Gruner + Jahr und bildete gemeinsam mit Matthias Dang, der von RTL kommt, eine gleichberechtigte Doppelspitze.
>> Lesen Sie mehr: RTL-Chef Schäfer muss gehen – Bertelsmann-CEO Rabe bekommt nun eine Dreifachrolle
Bertelsmann-Chef Rabe begründete die Freistellung Schäfers mit „einigen großen Herausforderungen“, vor denen RTL stehe. Er selbst hat interimsweise die Aufgaben von Schäfer übernommen und damit eine Dreifachrolle inne: Rabe ist derzeit Chef von RTL Deutschland, der RTL-Gruppe und der Mutter Bertelsmann.
Dass ein einzelner Manager sowohl operativ verantwortlich ist als auch gleich zweimal sein eigener Kontrolleur, ist weltweit ein Sonderfall. Raabe verweist darauf, dass er in den elf Jahren an der Spitze von Bertelsmann immer wieder „Arbeitsschwerpunkte in einzelnen Geschäften“ gesetzt habe. „Es gehört zu meiner Art zu arbeiten.“
Zu Bertelsmann gehören auch der IT-Servicedienstleister Arvato, die Buchverlagsgruppe Penguin Random House, das Musikunternehmen BMG, die Printing Group, die Education Group sowie das Fondsnetzwerk Bertelsmann Investments. Der zweitgrößte Bereich Arvato konnte seinen Umsatz auf 2,64 Milliarden Euro (plus 8,3 Prozent) steigern, der drittgrößte Bereich Penguin Random House erwirtschaftete einen Umsatz von 1,9 Milliarden Euro (plus 6,2 Prozent).
Bertelsmann will im Rahmen seiner „Boost“ genannten Zukunftsstrategie bis 2025 fünf bis sieben Milliarden Euro investieren. Allein im ersten Halbjahr nahm der Konzern dafür rund 750 Millionen Euro in die Hand und stockte unter anderem mit 161 Millionen Euro seine Anteile am brasilianischen Bildungsunternehmen Afya auf, um das internationale Bildungsgeschäft zu stärken.
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