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10.03.2023

14:06

Medienkonzern

Ex-DFL-Chefin Donata Hopfen soll in den Aufsichtsrat von Pro Sieben Sat 1 einziehen

Von: Arno Schütze, Joachim Hofer

PremiumDie Großaktionäre des Medienkonzerns kämpfen um Sitze im Kontrollgremium. Eine Personalie steht nun fest. Doch der Bilanzabschluss lässt auf sich warten – und damit die Hauptversammlung.

Die ehemalige Bundesliga-Chefin soll in den Aufsichtsrat von Pro Sieben Sat. 1 einziehen. IMAGO/Nico Herbertz

Donata Hopfen

Die ehemalige Bundesliga-Chefin soll in den Aufsichtsrat von Pro Sieben Sat. 1 einziehen.

München, Frankfurt An der Männerdomäne Bundesliga-Geschäft ist Donata Hopfen gescheitert. Die ehemalige Medienmanagerin, im Dezember als Chefin der Deutschen Fußball-Liga (DFL) geschasst, bekommt nun die Chance, ihre Fähigkeiten in vertrauterer Umgebung zu beweisen: Die 46-Jährige soll in den Aufsichtsrat des Medienkonzerns Pro Sieben Sat 1 einziehen. Das bestätigten mit dem Vorgang vertraute Personen dem Handelsblatt.

Doch nicht nur für Hopfen ist die Berufung eine Chance, auch Pro Sieben Sat 1 kommt eine Aufseherin mit Branchenerfahrung und Beraterhintergrund im Kontrollgremium gelegen. In der Konzernzentrale in Unterföhring geht es seit Jahren turbulent zu.

Es gibt mehrere Baustellen: Der Konzern hat in Bert Habets innerhalb von fünf Jahren den dritten Vorstandsvorsitzenden. Es gibt wechselnde Großaktionäre mit wechselnden Interessen. Das drängendste Problem liegt derzeit in der Bilanzprüfung – die sogar die Index-Zugehörigkeit an der Börse gefährdet.

Der Niederländer Habets hatte die Bilanzpräsentation Ende Februar auf unbestimmte Zeit verschoben. Grund dafür seien regulatorische Fragen zum Geschäft der Tochterfirmen Jochen Schweizer und Mydays, teilte Pro Sieben mit. Der Bereich ist zwar für die TV-Gruppe vernachlässigbar klein. Durch die Probleme bei dem Gutscheinanbieter seien Habets und Aufsichtsratschef Andreas Wiele aber aufgeschreckt worden, berichten Unternehmensinsider.

Nun würden sie das gesamte Zahlenwerk genau unter die Lupe nehmen, heißt es. Ihre Befürchtung sei, dass der im Herbst abgelöste Vorstandschef Rainer Beaujean weitere „Leichen im Keller versteckt“ habe, so die Konzernkenner: „Die drehen nun jeden Stein um.“ Eine Konzernsprecherin wollte sich auf Anfrage des Handelsblatts nicht zu den Vorgängen äußern.

Die Börsenregeln setzen Pro Sieben unter Druck

Die Führungsriege steht unter Zeitdruck: Spätestens Ende April muss die Bilanz vorliegen, so verlangt es die Börse. Pro Sieben Sat 1 ist im MDax notiert und könnte aus dem Index fliegen, wenn die Frist zur Veröffentlichung der Zahlen gerissen wird.

An dem bestätigten Jahresabschluss hängt auch der Termin für die Hauptversammlung, die für den 2. Mai angesetzt ist – und auf der Donata Hopfen in den Aufsichtsrat berufen werden soll. Die Einladung zur Hauptversammlung muss mit 30 Tagen Vorlauf erfolgen. Um den Termin zu halten, bleiben also noch drei Wochen.

Der Niederländer führt Pro Sieben Sat. 1 seit vergangenem Herbst. dpa

Bert Habets

Der Niederländer führt Pro Sieben Sat. 1 seit vergangenem Herbst.

Doch es sind nicht nur bilanzielle Schwierigkeiten auszuräumen, sondern auch weitere Personalien zu klären. Die tschechische Finanzgruppe PPF, unlängst zum Großaktionär aufgestiegen, drängt auf einen Sitz im Aufsichtsrat. „PPF ist der Ansicht, dass Pro Sieben eine faire Vertretung aller wichtigen Aktionäre im Aufsichtsrat sicherstellen sollte“, teilte das Unternehmen mit.

Die Firma gehört Renata Kellnerova, der 55-jährigen Witwe des tschechischen Geschäftsmanns Petr Kellner. PPF hat vor wenigen Wochen auf einen Anteil von gut zehn Prozent aufgestockt und ist der zweitgrößte Anteilseigner. Als ihr möglicher Kandidat für das Kontrollgremium gilt Didier Stoessel, Chief Investment Officer bei PPF.

Die freien Plätze im Aufsichtsrat von Pro Sieben Sat 1 sind derzeit umkämpft. Drei Mandate laufen in diesem Jahr aus, darüber hinaus ist eine Position vakant, nachdem Habets im Herbst vom Aufsichtsrat auf den Chefsessel wechselte.

Hopfen gilt als Neuzugang als gesetzt. Mit PPF rivalisiert der größte Aktionär um die Sitze im Kontrollgremium: die vom ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi beherrschte Firma MFE-Mediaforeurope.

MFE hält 29 Prozent der Anteile und will Katharina Behrends in den Aufsichtsrat entsenden. Die frühere Managerin von NBC Universal führt seit einigen Monaten das Geschäft der Italiener im deutschsprachigen Raum. Doch mehr noch, MFE beansprucht Branchenkreisen zufolge zwei Plätze im Aufsichtsrat. Möglich, dass Donata Hopfens Branchenerfahrung sie hier als Vermittlerin qualifiziert. Dabei geht es auch um die künftige Ausrichtung Pro Siebens. MFE, PPF und Pro Sieben lehnten Stellungnahmen zu den einzelnen Personalien ab.

Investoren haben viele Fragen an Pro Sieben

Die Großaktionäre haben Finanzkreisen zufolge unterschiedliche Ansichten über die künftige Ausrichtung von Pro Sieben. MFE plädiert seit Längerem dafür, enger mit Pro Sieben zusammenzuarbeiten. Das lehnten die Bayern bislang ab. Zudem setzen sich die Italiener dafür ein, dass sich Pro Sieben stärker auf das Kerngeschäft Fernsehen und Unterhaltung fokussiert.

PPF hingegen unterstütze die bisherige Pro-Sieben-Strategie, wie eine mit der Angelegenheit vertraute Person sagte. Pro Sieben investiert seit Langem in neue Geschäftsfelder, zum Beispiel in die Online-Partnervermittlung oder den Internethandel. So soll der Konzern weniger abhängig von den konjunkturabhängigen Werbeeinnahmen werden.

Die Milliardärin aus Tschechien ist mit zehn Prozent der Aktien bei Pro Sieben Sat. 1 eingestiegen. Privat

Renata Kellnerova

Die Milliardärin aus Tschechien ist mit zehn Prozent der Aktien bei Pro Sieben Sat. 1 eingestiegen.

Dass Pro Sieben die Bilanzvorlage verschoben hat, irritiert derweil die Investoren. „So etwas passiert ganz selten“, sagt Andreas Thomae vom Fondsanbieter Deka. Zumal viele Fragen offen seien. „Von außen ist nicht nachzuvollziehen, warum das wegen eines so kleinen Geschäfts erfolgt ist.“ Im Jahr 2021 standen Jochen Schweizer und Mydays für lediglich 1,6 Prozent vom Außenumsatz. Pro Sieben zufolge wird untersucht, ob die Geschäftstätigkeit der Töchter in Teilen unter das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz falle. Deshalb prüfe man eine Anpassung des Geschäftsmodells.

Das ist aber noch nicht alles. Die Investoren wollen von Habets wissen, wie es strategisch weitergeht – Einfluss der Großaktionäre hin oder her. Der ehemalige Chef des Konkurrenten RTL steht seit Anfang November an der Spitze der größten privaten TV-Gruppe hierzulande.

Zu seinen Plänen hat sich der 52-Jährige noch nicht geäußert. „Es ist schon wichtig, dass Habets alsbald erläutert, was er mit Pro Sieben Sat 1 vorhat“, betont Deka-Manager Thomae. Die Börse sieht den Wirbel skeptisch: Binnen Jahresfrist ist der Aktienkurs um gut ein Fünftel gefallen. Zum Vergleich: Der MDax verbuchte im selben Zeitraum ein Minus von rund sechs Prozent.

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Zerrieben im Ränkespiel der Bundesliga

Donata Hopfen wird in diesem Tumult ihre Rolle definieren müssen. An der Spitze der DFL hielt sie sich nicht einmal ein Jahr. Die in Digitalfragen versierte Managerin, die bei Axel Springer als „Bild“-Verlagschefin und später im Beraterwesen von Boston Consulting arbeitete, blieb im Ballsportbetrieb immer ein Fremdkörper. Zwar verkündete sie, „wir wollen die digitalste Fußball-Liga der Welt sein“, aber was das konkret bedeutet, blieb vielen unklar.

Zudem kam sie offenbar nicht mit den Ränkespielen der Klubs zurecht. Sie soll bei der DFL zeitweise mehr mit Machtfragen als mit Businessproblemen beschäftigt gewesen sein, heißt es aus dem Bundesliga-Umfeld. Machtfragen, die sie aller Voraussicht nach auch bei Pro Sieben beschäftigen werden.

Dabei fehlt nach Ansicht von Fondsmanager Thomae vor allem eins: Kontinuität. „Ich hoffe, dass mit Herrn Habets jetzt Ruhe an der Spitze einkehrt. Der CEO-Verschleiß war schon hoch.“ Womöglich kann Hopfen dazu beitragen.

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