Der Medienkonzern steigert Gewinn und Umsatz deutlich. Gerüchte um neuen RTL-Deutschlandchef nicht dementiert.
Bertelsmann
Für das Gesamtjahr geht das Unternehmen von einem weiterhin positiven Geschäftsverlauf aus.
Bild: dpa
Düsseldorf Eigentlich wollte sich der Gütersloher Familienkonzern Bertelsmann am Dienstagmorgen auf die Präsentation seiner Halbjahreszahlen konzentrieren – doch gesprochen wurde vor allem über eine Top-Personalie: Gruner + Jahr-Chef Stephan Schäfer hat einem Medienbericht zufolge den Zweikampf mit RTL-Deutschlandchef Bernd Reichart gewonnen und wird das fusionierte Medienunternehmen künftig führen.
Bertelsmann hatte Anfang August angekündigt, die beiden Unternehmenssparten RTL Deutschland und Gruner + Jahr zu vereinen. Seither wurde darüber spekuliert, welcher der beiden CEOs den neuen Medienkonzern leiten würde.
Thomas Rabe, der in Personalunion Bertelsmann und auch die globale RTL Group führt, wollte am Dienstag die Marktgerüchte nicht kommentieren – aber auch nicht dementieren. In Unternehmenskreisen wird noch diese Woche eine entsprechende offizielle Ankündigung erwartet.
Die Strategie des neuen Medienunternehmens, das TV-Inhalte enger mit Magazingeschichten verknüpfen will, stünde nun. Derzeit würde an der Organisation und an Personalien gearbeitet, sagte Rabe im Gespräch mit dem Handelsblatt. Das neue Unternehmen geht am 1. Januar 2022 an den Start.
Die Fusion von RTL Deutschland und Gruner + Jahr ist von großer Bedeutung für das Familienunternehmen Bertelsmann, das 1835 in Gütersloh gegründet wurde. Denn sie tragen maßgeblich zur wirtschaftlichen Prosperität bei. Das wurde auch anhand der am Dienstag vorgestellten Halbjahreszahlen deutlich.
In den ersten sechs Monaten des Jahres hat der Konzern seinen Umsatz im Vergleich zum Vorjahr insgesamt um 10,7 Prozent auf 8,7 Milliarden Euro gesteigert. Das operative Ergebnis (Ebitda) erhöhte sich von knapp einer Milliarde auf 1,42 Milliarden Euro. Das Konzernergebnis lag im ersten Halbjahr bei 1,37 Milliarden Euro – laut Unternehmensangaben der höchste Wert seit dem Verkauf der AOL-Europe-Anteile im Jahr 2002.
„Das erste Halbjahr 2021 ist für Bertelsmann sehr erfolgreich verlaufen. Insbesondere unsere drei großen Ertragssäulen, die RTL Group, Penguin Random House und Arvato, haben deutlich zugelegt“, sagte Rabe, der den Konzern seit 2012 leitet.
Wie wichtig die TV-Tochter ist, zeigen die Zahlen im Detail: Die Umsätze des TV-Konzerns zogen in den ersten sechs Monaten um 13,7 Prozent auf gut drei Milliarden Euro an. Organisch betrachtet sind das rund 21,5 Prozent mehr als im ersten Corona-geprägten Halbjahr 2020. Insgesamt verzeichnete die TV-Gruppe inklusive Portfolioeffekten einen Rekordgewinn von 929 Millionen Euro.
Gründe für die gute Entwicklung seien eine Erholung im TV-Werbemarkt sowie das Wachstum in den Bereichen Content-Produktion und Streaming, hieß es. Vor allem die Pläne mit der TV-Produktionstochter Fremantle sind groß: Bis Ende 2025 soll der Umsatz bei jährlich drei Milliarden Euro liegen. Das Wachstum will Rabe vor allem mithilfe von Akquisitionen realisieren.
Die Zahl der Nutzer, die die Streamingdienste TV Now in Deutschland und Videoland in den Niederlanden kostenpflichtig abonniert haben, stieg nach Unternehmensangaben um 72 Prozent auf zusammen mehr als drei Millionen. Über Kooperationen mit der Deutschen Telekom und Vodafone versucht das Unternehmen, die Zahl weiter zu erhöhen.
Rabe verfolgt im globalen Mediengeschäft einen strikten Konsolidierungskurs. „Mit dem geplanten Zusammenschluss unserer französischen Fernsehtochter Groupe M6 mit Groupe TF1, von RTL Nederland mit Talpa sowie mit der geplanten Zusammenführung von RTL Deutschland und Gruner + Jahr haben wir große Schritte bei der Schaffung nationaler Media-Champions gemacht“, meinte er.
Bertelsmann muss sowohl in Frankreich als auch in den Niederlanden das Votum der Wettbewerbsbehörden abwarten. Die Entscheidungen werden für 2022 erwartet. Fallen die Voten positiv aus, so rückt nach dem Willen Rabes auch eine engere Kooperation mit dem Münchener TV-Konzern Pro Sieben Sat.1 in eine engere Betrachtung. Eine solche Kooperation könne „punktuell sein oder darüber hinausgehen“, sagte Rabe.
Rolf Hellermann, Finanzvorstand von Bertelsmann, zeigte sich mit Blick auf die zweite Hälfte des Geschäftsjahres 2021 optimistisch: „Wir rechnen weiterhin mit einem höheren Umsatz und heben unsere Ergebnisprognose an. Wir erwarten einen deutlichen bis starken Anstieg des Operating-Ebitda auf vergleichbarer Basis sowie ein Konzernergebnis von knapp zwei Milliarden Euro.“
Nach den Verhandlungen bei RTL rückt auch die Zukunft des Callcenter-Geschäfts wieder stärker in den Fokus. Bertelsmann hatte das umsatzstarke Geschäft vor drei Jahren unter dem Namen Majorel in ein Joint Venture mit der marokkanischen Saham Group integriert. Spekuliert wurde zuletzt über einen Börsengang des Gemeinschaftsunternehmens, an dem Bertelsmann mit 50 Prozent beteiligt ist.
„Ein IPO ist immer eine Option, vor allem in diesem Geschäft“, sagte Rabe am Dienstag auf Nachfrage. Eine Entscheidung sei allerdings noch nicht gefallen. Mit Blick auf einen möglichen Börsengang wollte Rabe keine konkreten Geschäftszahlen von Majorel nennen.
Nur so viel: Die Bertelsmann-Dienstleistungssparte Arvato, zu der Majorel gehört, hat mit einem Plus von 16,3 Prozent das stärkste Wachstum unter den acht Unternehmenssparten von Bertelsmann in den ersten sechs Monaten des Jahres 2021 hingelegt. Der Umsatz lag im ersten Halbjahr bei 2,4 Milliarden Euro.
Dabei stach nach Angaben von Rabe vor allem Majorel hervor. Das Unternehmen hat im ersten Halbjahr getrieben von dem Geschäft mit globalen Kunden deutlich zugelegt. Nach Handelsblatt-Informationen würde die Bewertung von Majorel bei bis zu drei Milliarden Euro liegen.
Zum Verbund des Konzerns, der rund 130.000 Mitarbeiter beschäftigt, gehören neben der RTL Group, Gruner + Jahr und Arvato auch die Buchverlagsgruppe Penguin Random House, das Musikunternehmen BMG, die Printing Group, die Education Group sowie das Fondsnetzwerk Bertelsmann Investments.
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